Operation Overkill
werden.«
»Warum nicht?«, fragte Hicks.
»Weil wir erst mehr über diese Offensive in Erfahrung bringen müssen. Und solange das nicht der Fall ist, wissen wir nicht, welche Reaktion wir von ihnen zu erwarten haben.«
»Das sind angeblich unsere Verbündeten, bedenken Sie das.«
»Genau darum geht es doch«, erwiderte Westwood.
»Wir wissen momentan herzlich wenig, wie diese Offensive vonstatten gehen soll. Deshalb sollten wir warten, bis wir uns einen Gesamteindruck verschaffen können, bevor wir unseren Verbündeten Bescheid sagen. Wir wollen doch nicht, dass sich die Briten zu irgendwelchen überstürzten Maßnahmen hinreißen lassen und wir ihnen dann beistehen und sie heraushau-en müssen.«
Hicks nickte. »Okay, das sollten wir bedenken. Allerdings müssen wir uns damit abfinden, dass sie unsere Filme und die Maschine haben und wir – beziehungsweise die USAFE – ihnen etwas anbieten müs-176
sen, damit wir an die Sachen rankommen, die wir brauchen.« Er wandte sich wieder an Richard Muldoon. »Überlegen wir uns doch mal, was wir für Möglichkeiten haben. Können wir ihnen gefälschte Bilder unterschieben – irgendwas aus dem Archiv?«
Muldoon schüttelte den Kopf. »Kommt nicht in Frage. Erstens legen sie bestimmt Wert darauf, dass die Filme unter ihrer Regie entnommen und entwickelt werden, sodass es sehr schwer, wenn nicht un-möglich sein dürfte, sie zu vertauschen. Zweitens dürfen Sie nicht vergessen, dass die Briten JARIC haben.«
»Helfen Sie mir auf die Sprünge«, sagte Hicks, der ihn verständnislos anschaute.
»JARIC«, fuhr Muldoon fort. »Das Joint Air Reconnaissance Intelligence Centre, ihre Luftaufklärungs-einheit. Jeder Film, den wir ihnen geben, wird sofort zur Auswertung dorthin geschickt. Selbst wenn wir die Filme austauschen könnten, wüssten sie innerhalb einer Stunde Bescheid und würden sich erst recht anstrengen, um herauszufinden, was wir dort wollten.
Aber wenn wir ihnen die richtigen Filme geben, glauben sie vielleicht, unserer Air Force wäre ein Irrtum unterlaufen oder sie wollte die Reaktion der Russen auf die Probe stellen.«
»Okay, aber Johns Einwand steht nach wie vor im Raum. Wenn sie die Filme auswerten, werden sie sehen –«
»Genau«, warf Muldoon ein. »Was werden sie denn sehen? Sie werden Bilder von der russischen Tundra sehen, sechshundert Meilen Wildnis. Sie wissen aber 177
nicht, wonach wir Ausschau gehalten haben, folglich werden sie auf das Offensichtliche achten – neue Ge-bäude, Militärstützpunkte und so weiter. Auf ein Loch im Boden achten sie bestimmt nicht.«
»Sie werden die Aufnahmen mit älteren Satellitenfotos vergleichen«, sagte Westwood.
»Mit Sicherheit«, erwiderte Muldoon. »Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass wir ihnen seit der letzten Nachricht von RAVEN kein Bildmaterial aus diesem Gebiet zur Verfügung gestellt haben.« Er wandte sich an Hicks. »Das war eine reine Vorsichtsmaßnahme, Walter, aber im Nachhinein glaube ich, wir waren damit gut beraten. Die Fahrzeugansammlung, die wir vor dem Waffentest aufgenommen haben, konnten sie nicht sehen. Und selbst wenn sie das Loch entdecken und ältere Bilder zum Vergleich heranziehen, werden sie allenfalls Tundralandschaft und vielleicht ein paar vereinzelte Fahrzeuge erkennen können. Und ein Hü-
gel in der Tundra ist nichts Ungewöhnliches.«
»Wie begründen wir den Flug?«, fragte Hicks.
»Gar nicht. Wenn wir ihnen einen Bären aufbinden, kommen sie früher oder später dahinter. Dann wissen sie, dass wir hinter irgendetwas her sind. Wenn wir gar nichts erklären und ihnen nur die Bilder überlassen, besteht durchaus die Möglichkeit, dass sie die Filme auswerten, nichts Interessantes entdecken und die Sache nach ein paar Wochen auf sich beruhen lassen.«
»Hat jemand einen besseren Vorschlag?«, fragte Hicks. Niemand meldete sich. »Okay«, sagte er. »Dann machen wir’s so.«
178
Turabah, Saudi-Arabien
Sadoun Khamil starrte auf den Bildschirm seines Laptops und las zum dritten Mal den entschlüsselten Text der E-Mail, die ihm Hassan Abbas geschickt hatte.
Dann lehnte er sich zurück und dachte nach. Wie sein Bündnispartner, der von ihm verachtete Ungläubige Dimitri Truschenko, hatte auch er damit gerechnet, dass einer der westlichen Nachrichtendienste früher oder später auf das Unternehmen aufmerksam werden wür-de, da die Zahl der Beteiligten immer größer wurde.
Bislang, das musste er zugeben, hatten sie Glück gehabt. Aber offensichtlich
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