Operation Overkill
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Piers Taylor ganz gut – wir verkehren sowohl privat als auch beruflich miteinander. Er ist stellvertretender Leiter der Sektion neun beim SIS.«
»Was heißt das?«, fragte Westwood.
»Dass er für Russland zuständig ist«, antwortete Abrahams. »Mal sehen, ob ich ein Treffen arrangieren kann.«
Cambridgeshire und London
Der Fahrer des Jaguar versuchte nach links auszuwei-chen, doch in die Richtung wurde er ohnehin ge-drängt. Dann wurde ihm klar, was Richter vorhatte, deshalb kurbelte er das Lenkrad nach rechts. Es war zu spät, viel zu spät. Der Jaguar geriet auf den Rand-streifen, kreischend schabte Metall auf Metall, dann riss Richter das Steuer jäh nach rechts. Der XJ6 schlingerte auf die Fahrbahn zurück, aber das Heck des Granada erwischte ihn am vorderen Kotflügel und schleuderte ihn wieder nach links.
Fünfzig Meter weiter bremste Richter, drehte sich um und schaute zu dem Jaguar. Dann setzte er langsam zurück, bereit, bei der ersten feindseligen Bewegung das Weite zu suchen. Aus eigener Kraft würde sich der Jaguar in absehbarer Zeit nicht mehr von der Stelle bewegen. Richter sah den Dampf, der unter der eingedrückten Motorhaube hervorquoll, und stellte fest, dass der Wagen gegen einen Kanalschacht aus Beton geprallt und der Kühler aufgerissen worden war.
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Der Fahrer war bewusstlos, hing vornübergesackt in den Sicherheitsgurten und blutete aus einer schweren Kopfwunde. Richter vermutete, dass er gegen die Türsäule geprallt war. Auf dem Rücksitz rührte sich niemand, deshalb stieg Richter leise aus dem Granada, ließ aber den Motor laufen und die Tür offen, und ging vorsichtig auf den Jaguar zu. Auf halber Strecke hob er einen großen Stein auf, der gut zweieinhalb bis drei Kilo wog, und hielt ihn in der rechten Hand.
Dann ging er zum Jaguar und spähte durch die Überreste des hinteren Seitenfensters.
Der Beifahrer lag am Boden, stöhnte leise und schüttelte den Kopf. Seine Pistole – ein 45er Colt Automatik – lag neben ihm, sodass er sie mühelos mit der rechten Hand erreichen konnte. Richter wusste, dass er schnell handeln musste, bevor sich der Mann aufrappelte und auf ihn schoss. Er holte tief Luft und riss mit der linken Hand die hintere Tür auf.
Der Mann blickte auf und griff nach dem Colt.
Schneller als Richter erwartet hatte, fuhr er herum, brachte die Waffe in Anschlag und drückte ab. Doch Richter war darauf gefasst gewesen, und der Schütze hatte nicht mit dem Stein gerechnet.
Richter schlug ihm den Arm hoch, sodass sich die Kugel durch das Dach des Jaguar bohrte, hieb dann zu und traf den Schützen an der Schläfe. Er sank zusammen und ließ die Waffe fallen. Vorsichtshalber verpasste Richter auch dem Fahrer noch einen Schlag auf den Kopf.
Halb betäubt vom Krachen des Schusses, zog sich 239
Richter aus dem Auto zurück, schüttelte den Kopf und ging mit dem Stein zum Granada, wo er ihn in eine Straßenkarte einwickelte und auf die Fußmatte vor dem Beifahrersitz legte. Dann griff er ins Handschuhfach, holte ein Paar dünne Lederhandschuhe heraus und zog sie an. Anschließend nahm er das An-ti-Beschlag-Tuch, kehrte zum Jaguar zurück und wischte den Türgriff ab.
Richter hob den Colt auf, sicherte die Pistole und steckte sie in den Hosenbund. Der Mann auf dem Rücksitz hatte etwa dreißig Patronen und zwei Reservemagazine in der Jackentasche, beide voll geladen.
Seinem Zustand nach zu schließen, brauchte er sie nicht mehr, deshalb nahm Richter sie ebenfalls mit. Er durchsuchte seine Taschen, fand aber keinerlei Hinweis darauf, wer er war. Keine Brieftasche, keine Kreditkarten, gar nichts. Nur etwa fünfzig Pfund in bar.
Ein Profi, aber das hatte Richter bereits vermutet. Der Colt war eine Profi-Waffe.
Der Fahrer trug ein Schulterholster mit einer Mauser HSc, die Richter ihm nur mit einiger Mühe abnehmen konnte. Außerdem hatte er ein geladenes Reservemagazin in einer kleinen Tasche am Holsterrie-men und eine Hand voll einzelne Patronen in der Jackentasche, die Richter samt und sonders einsteckte.
Auch der Fahrer hatte keinen Ausweis bei sich. Sie waren russische Agenten, dessen war sich Richter sicher, nicht zuletzt deshalb, weil sie keine Stechkin, Makarow oder eine andere im Osten hergestellte Waffe mit sich führten. Die Russen verwenden bei Aus-240
landseinsätzen so gut wie nie Waffen aus heimischer Produktion, weil sie nicht zuverlässig genug sind, von der Kalaschnikow und ihren diversen Varianten einmal abgesehen.
Richter durchsuchte
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