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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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sein«, rief er frustriert und überprüfte die Kesseldruckanzeige. »Der Druck sinkt. Wer weiß, wie lange sie schon weg sind. Wenn wir nichts unternehmen, bleibt die Lokomotive gleich stehen.«
    Der dicke Lederhandschuh des Lokführers lag auf dem Boden. Andrew zog ihn an und riss die Feuertür auf. Die Hitze schlug ihm entgegen. Auf dem Feuerrost lag ein Haufen weißgelb und blutrot glühender Kohlen.
    »Ich fürchte, da kommt eine Mordsarbeit auf uns zu.«
    Andrew nahm zwei Schaufeln von einem Gestell hinter sich, drückte Lydia eine in die Hand und begann, Kohlen aus dem Becken in das Feuerloch zu schaufeln. »Beeilung! Wir müssen unbedingt den Kessel aufheizen.«
    Als Andrew die Ventile reguliert hatte und die Lokomotive wieder Fahrt aufgenommen hatte, lief ihm der Schweiß übers Gesicht. Er wischte sich mit dem Unterarm über die Stirn. Nachdem sie ganze dreißig Minuten lang Kohlen in das Feuerloch geschaufelt hatten, war der Kesseldruck wieder konstant.
    »Hast du eine Ahnung, wo wir sind?«, keuchte Lydia.
    »Nicht die geringste.« Andrew betrachtete die schneebedeckten Berge des Urals, ehe er den Streckenplan aus der Tasche zog und einen Blick hineinwarf. »Ich schätze mal, dass wir mindestens noch drei oder vier Stunden von Jekaterinburg entfernt sind.«
    Eine Stunde später fuhren sie an einer kleinen Stadt vorbei. Auf dem Bahnsteig standen ein paar Bauern mit ausgemergelten Gesichtern. Dürre Kinder winkten ihnen von einer verlassenen Bahnhofsbaracke zu. Andrew suchte den Namen des Bahnhofs auf dem Streckenplan.
    »Wir kommen schneller voran, als ich dachte. Wenn es so bleibt, müssten wir in ein paar Stunden in Jekaterinburg ankommen.«
    »Und dann? Wir können unmöglich in den Bahnhof einfahren! Dort wimmelt es garantiert von Rotarmisten.«
    »Dem Plan nach müsste es circa acht Kilometer von Jekaterinburg entfernt ein Nebengleis geben. Wir rangieren den Zug auf dieses Gleis und gehen zu Fuß weiter.« Andrew legte den Plan aus der Hand. »Wir sollten uns sauber machen. Du zuerst. Ich sorge inzwischen dafür, dass das Feuer brennt. Und sieh mal nach, ob du in dem Wagen etwas zu essen und saubere Kleidung findest. Wir können beides gut gebrauchen.«
    Zwei Stunden später fuhr der Zug durch ein breites Tal. In der Ferne sahen sie eine beeindruckende Ansammlung von Kuppeln und Kirchtürmen, dazwischen die hohen Schornsteine der Fabriken und Hüttenwerke. Das war die unverwechselbare Silhouette von Jekaterinburg, der Stadt, die im Schatten der schneebedeckten Gipfel des Urals lag.
    Andrew drosselte die Geschwindigkeit. Als sie sich dem Nebengleis näherten, fuhren sie nur noch im Schneckentempo, bevor die Lokomotive schließlich ganz stehen blieb. Andrew sprang auf den harten Boden und nahm die Eisenstange mit. Nachdem sie die Lokomotive auf das Nebengleis rangiert hatten, lief er zurück und stellte die Weichen wieder um. Dann kletterte er zu Lydia in den Zug.
    Sie fuhren auf dem Nebengleis etwa fünfhundert Meter weit, bis sie inmitten einer rußigen Dampfwolke anhielten. Andrew schaufelte noch immer Kohlen in das Feuerloch.
    »Wir haben doch angehalten. Warum hörst du nicht auf, Juri?«
    »Falls Jakow in Jekaterinburg mit einem Begrüßungskomitee auf uns wartet und wir überstürzt verschwinden müssen, möchte ich vorbereitet sein!«
    Als er genug Kohle nachgefüllt hatte, nahmen sie ihre Sachen und stiegen aus.
    Andrew spähte mit düsterem Blick auf die riesigen Wälder des Urals, die hinter ihnen lagen.
    »Du siehst nicht glücklich aus.« Lydia strich ihm über den Arm.
    »Dieser Albtraum von vorhin … Ich habe das furchtbare Gefühl, dass Nina und Sergej etwas Schreckliches zugestoßen ist.«
    »Du weißt doch, wie ihr Russen seid. Ihr macht schnell aus einer Kleinigkeit ein Drama!«
    »Ich hoffe, das ist alles.«

101. KAPITEL
    Zwischen Moskau und Jekaterinburg
    »Wir sind fertig, Leonid. Wir haben ein Dutzend Bäume gefällt und die Gleise blockiert.«
    Jakow sah auf seine Taschenuhr und klappte dann wieder den vergoldeten Deckel zu. Es war zwei Uhr in der Nacht. »Und die Wachposten?«
    »Sie haben sich auf dem Hauptgleis in fünfhundert Metern Entfernung aufgestellt. Wenn ein Zug kommt, halten sie ihn mit Laternen an. Die Gleise sind blockiert, darum kann kein Zug weiterfahren.«
    »Hoffentlich, sonst landen wir beide vor einem Erschießungskommando«, entgegnete Jakow mürrisch und warf einen Blick aus dem offenen Fenster. Es war eine milde sibirische Nacht, und es duftete nach

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