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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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Futter. Ein Großteil der Truppen schien die Stadt schon verlassen zu haben. Nirgendwo war ein Soldat zu sehen. Obwohl die Sperrstunde schon längst begonnen hatte, sah Sorg keine Straßensperre und keinen Kontrollpunkt. Nur unzählige Bauernfamilien mit besorgten, verhärmten Gesichtern, die Handkarren mit ihren wenigen Besitztümern zum Hauptbahnhof der Stadt schoben. In der Ferne hörte er das dumpfe Grollen des Artilleriefeuers.
    Sorg strich über den Umschlag in seiner Tasche, den Jakow ihm gegeben hatte. Die Versuchung, ihn aufzureißen und hineinzuschauen, war groß. Die Ereignisse der letzten Stunden gaben ihm Rätsel auf.
    Immer wieder warf er Blicke über die Schulter. Doch er sah niemanden, der ihn beobachtete.
    Und wenn Jakow doch die Wahrheit gesagt hatte und es gar keine Falle war? Sorgs Verstand weigerte sich, über diese Möglichkeit nachzudenken. Es ergab alles keinen Sinn.
    Er ging weiter, kam an mit Brettern vernagelten Krämerläden vorbei und drang in ein Labyrinth von stinkenden Gassen ein, in denen überall Unrat lag. Allmählich entspannte er sich. Zum ersten Mal zog Sorg die Möglichkeit in Betracht, dass er gar nicht verfolgt wurde.
    Doch die Angst kehrte sofort zurück, als er plötzlich Schritte hinter sich hörte. Er drehte sich um. Da war niemand.
    Das ist nur die Angst, sagte er sich.
    Sorg zerbrach sich dennoch den Kopf.
    Bitte, lieber Gott, lass nicht zu, dass ihr etwas zustößt! Seine Gedanken überschlugen sich. Die Panik trieb ihn immer tiefer in das Labyrinth der Gassen von Jekaterinburg hinein. Er war fest entschlossen, sein Ziel zu erreichen. Ich muss Anastasia retten.
    Als Sorg um die nächste Ecke bog, sprang jemand aus der Dunkelheit, stürzte sich auf ihn und stülpte ihm einen Sack über den Kopf. Dann wurde ringsherum alles schwarz.

108. KAPITEL
    Jekaterinburg
    Der Raum hinter der Leichenhalle hatte keine Fenster, nur das Licht einer nackten Glühbirne fiel auf die getünchten Wände.
    Als Sorg der Sack vom Kopf gezogen wurde, blinzelte er verwirrt. Er entdeckte einen Tisch aus Kiefernholz und ein paar Stühle. Der Geruch der Balsamierflüssigkeit stieg ihm in die Nase.
    Er erkannte Markow, doch die beiden anderen Männer und die Frau kamen ihm nicht bekannt vor. Ein stattlicher Mann, von der Statur her eher ein Soldat als ein Zivilist, trat vor. Er zog seinen Ring vom Finger, zeigte Sorg das auf die Innenseite gravierte Symbol und sagte: »Erkennen Sie das?«
    Sorg atmete erleichtert auf.
    »Mein Name ist Boyle. Verzeihen Sie uns die dramatische Entführung, aber wir waren nicht sicher, ob Sie verfolgt werden oder ob Sie geredet haben.«
    »Ich habe nichts gesagt. Kein einziges Wort.«
    Boyle steckte sich den Ring wieder an den Finger. »Da ich die Verhörmethoden der Roten kenne, fällt es mir schwer, das zu glauben.«
    »Ich schwöre. Ich war fest entschlossen, nichts zu sagen, und dann ließ mich Jakow plötzlich laufen.«
    Boyle nickte. »Vermutlich mit der Absicht, Ihnen zu folgen. Wenn man bedenkt, dass wir Sie zuerst erwischt haben, muss er bei der Verfolgung ziemlich stümperhaft vorgegangen sein. Setzen Sie sich.«
    Sorg nahm auf einem der Stühle Platz.
    »Sie sind also Sorg«, fuhr Boyle fort. Er klang verärgert. »Wenn Sie nicht in einem so erbarmungswürdigen Zustand wären, würde ich Sie jetzt auspeitschen lassen. Warum in Gottes Namen haben Sie sich schnappen lassen?«
    »Ich habe einen dummen Fehler begangen«, erwiderte Sorg zerknirscht und erklärte Boyle, was geschehen war.
    »Und nun bewachen die Roten jeden Tunneleingang«, knurrte Boyle. »Warum mussten Sie unbedingt Kasans Gespräch belauschen?«
    »Hätten Sie es nicht auch gewollt?«
    Boyle presste die Lippen aufeinander, und als er urplötzlich aufsprang, schrappte der Stuhl über den Boden. »Ich hätte Markows Warnung nicht in den Wind geschlagen! Die Mauer sollte erst aufgebrochen werden, wenn wir alles für die Rettung vorbereitet haben. Jetzt sind unsere Pläne durchkreuzt!«
    »Jakow hat behauptet, dass die Familie heute kurz nach Mitternacht hingerichtet wird«, sagte Sorg verzweifelt.
    »Also ist es beschlossene Sache«, warf Markow ein. »Darum wurde auch der Lastwagen angefordert.«
    Boyle klappte seine Taschenuhr auf. »Es ist kurz nach zehn.«
    Sorg ergriff seinen Arm. »Wir müssen irgendetwas tun!«
    Es war Boyle anzusehen, dass er unter enormem Druck stand. Er lief wie ein wildes Tier hin und her. »Funktioniert Ihr Telefon?«, fragte er Markow.
    »Wenn die Telefonisten

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