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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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fragte Andrew.
    Kasan musterte ihn verächtlich. Eines seiner Augen war milchig-trüb. »Was geht Sie das an?«
    »Wir haben alle mal einen schlechten Tag.« Andrew hob sein Glas. »Auf Ihr Wohl! Nastrovje!«
    Kasan kippte seinen Whiskey herunter, knallte das Glas auf die Theke und trat bedrohlich nahe an Boyle und Andrew heran. »Mein Wohl geht Sie überhaupt nichts an. Das ist das Problem in diesem Land. Zu viele Menschen stecken ihre Nase in Dinge, die sie nichts angehen«, wetterte er und verzog das Gesicht zu einem gequälten Grinsen. »Doch das wird sich alles bald ändern …«
    »Entschuldigen Sie, Genosse. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
    »Dann halten Sie den Mund, bevor ich Ihnen das Maul stopfe!« Kasan warf Andrew noch einen finsteren Blick zu, nahm die Flasche von der Theke und lief hinaus.
    Andrew schob dem Kellner ein paar Münzen hin. »Hat der immer so gute Laune?«
    »Das ist Kasan, ein Inspektor von der Moskauer Tscheka. Kennen Sie ihn nicht?«
    »Wir sind nur auf der Durchreise. Sollten wir?«
    »Kasan hat den Ruf, sehr grausam zu sein. Vielleicht sollte ich es nicht sagen, aber …«
    Andrew zwinkerte dem Kellner freundlich zu und legte ihm ein großzügiges Trinkgeld auf den Tresen. »Es geht doch nichts über ein bisschen Klatsch und Tratsch. Es bleibt natürlich alles unter uns.«
    »Es hat sich wie ein Lauffeuer im ganzen Hotel verbreitet. Ein Kommissar aus Moskau, ein gewisser Jakow, hat einen Spion freigelassen, den Kasan geschnappt hatte. Als er es herausfand, drehte er vollkommen durch. Zwischen ihm und dem Kommissar kam es in der Lobby gerade zu einem fürchterlichen Streit. Sie hätten sich beinahe geprügelt!«
    »Ach ja? Warum denn?«
    »Kasan hat getobt und behauptet, Jakow hätte den Gefangenen freigelassen, damit er ihm zu seinen Kameraden folgen und den Triumph für sich beanspruchen kann. Der Inspektor ist vor Wut fast geplatzt. Ich sage Ihnen, das gibt Ärger. So etwas lässt der sich nicht bieten!«
    »Und wo ist der Kommissar jetzt?«
    »Er hat das Hotel vor fünf Minuten verlassen.«

107. KAPITEL
    Jekaterinburg
    Sorg lief durch die Seitenstraßen. Sein Körper war schweißüberströmt. Er überprüfte den Verband. Die Wunde in seinem Oberkörper blutete nicht, aber er war müde, und sein Kinn pochte. Sorg betastete mit dem Finger das getrocknete Blut auf seiner Lippe. Nachdem er zehn Minuten gelaufen war, kam er zum Ufer der Isset.
    Ein paar einsame Boote fuhren vorbei. Ein Stück weiter entdeckte er eine Wasserpumpe. Sorg hielt den Mund gierig unter den Hahn und pumpte.
    Als er seinen Durst gestillt hatte, tupfte er sich die Lippen ab und warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass er nicht verfolgt wurde.
    Ich verspreche Ihnen, dass Ihnen niemand folgen wird. Sie haben mein Ehrenwort .
    Er traute Jakow nicht, aber er sah niemanden hinter sich. Sorg setzte sich auf eine Bank auf der Promenade. Nachdem er das Hotel verlassen hatte, hatte er einen Fremden um eine Zigarette gebeten. Der Mann war so bestürzt gewesen, als er Sorgs geschwollenes Gesicht gesehen hatte, dass er ihm zwei Zigaretten und ein paar Streichhölzer schenkte, ehe er hastig davongeeilt war.
    Sorg rauchte die beiden Zigaretten schnell hintereinander. Er wünschte sich, er hätte noch mehr gehabt, oder wenigstens Kaffee. Kaffee wäre gut gewesen. Die Laudanumflasche in seiner Tasche war schwer wie Blei. Sorg kämpfte gegen den verzweifelten Drang an, ein paar Tropfen zu nehmen. Er zwang sich, die Hand nicht mehr in die Jackentasche zu stecken und mit den Fingern über das braune Fläschchen zu streichen, um nicht in Versuchung geführt zu werden. Er brauchte einen klaren Kopf und keinen opiumvernebelten Verstand.
    Seine Hände zitterten. Am vernünftigsten wäre es wohl gewesen, die Flasche in den Fluss zu werfen, aber das brachte er nicht übers Herz.
    Das Abendlicht verblasste, doch der Himmel war noch immer hell. Sorg versuchte, die Uhrzeit einzuschätzen. Er nahm an, dass es fast zehn war.
    Er erinnerte sich an Jakows Worte. Das Schicksal der Familie ist besiegelt. Nach Mitternacht sind sie alle tot. Sie können sie nicht retten.
    Hatte Jakow die Wahrheit gesagt? Sorg zweifelte nicht daran.
    Sein Herz begann laut zu klopfen, und Angst stieg in ihm auf. Er hatte nicht viel Zeit und musste vorsichtig sein, damit er nicht in eine Falle tappte.
    Und er war ganz sicher, dass es eine Falle war.
    Ein paar zerrupft aussehende Tauben landeten in seiner Nähe und suchten nach

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