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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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dem Lagerhaus. Auf der Ladefläche saßen mindestens zehn Soldaten der Roten Armee. Es waren auch ein paar Frauen darunter, junge Bauernmädchen mit derben Gesichtszügen. Die Roten rekrutierten jeden, der ein Gewehr tragen konnte.
    Die Wirkung des Laudanums hatte nachgelassen, und jetzt strömte das Adrenalin durch Sorgs Adern. Er erstarrte und sah auf seine Taschenuhr: 10.50 Uhr. Er war eingeschlafen.
    Als er bemerkte, dass sich im Garten des Ipatjew-Hauses etwas bewegte, drückte er das rechte Auge auf das Fernrohr. Sein Herzschlag setzte aus. Die Romanows hatten den Garten betreten. Sorg erkannte Anastasia. Sie spazierte neben ihren Schwestern Maria und Tatjana, die Alexej im Rollstuhl schob, durch den Garten.
    Die üblichen sechs Wachposten eskortierten die Zarenfamilie, während zwei weitere einen Lastwagen bewachten, der in der Nähe des Zaunes parkte.
    Sorg fluchte. Aus irgendeinem Grunde hatten die Wachen der Familie heute erlaubt, früher in den Garten zu gehen. Das konnte seinen Plan ruinieren.
    Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Gasse unter ihm zu. Der Lastwagen fuhr langsam bis ans Ende, bog um die Kurve und verschwand.
    Sorg verschwendete keine Zeit. Er versteckte das Fernrohr und das Stativ in dem Holzstapel und stieg die Treppe hinunter.
    Kurz darauf zog er den Handkarren durch eine Straße, die an der Ostseite des Ipatjew-Hauses entlangführte. Unterwegs band sich Sorg ein rotes Armband um und versteckte den Revolver unter dem Holz auf der Ladefläche.
    Ein paar Fußgänger gingen an ihm vorbei und spähten zu dem Haus hinüber. Das Gefängnis der Romanows war das am schlechtesten gehütete Geheimnis der Stadt.
    Da die Fensterscheiben im ersten Stock übertüncht worden waren, konnte er nicht ins Haus hineinsehen, und er konnte auch keinen Blick hinter den doppelten Palisadenzaun werfen. Im Glockenturm der Wosnessenski-Kathedrale sah er nicht einmal den Scharfschützen der Roten Armee mit dem Maschinengewehr. Vermutlich schlief er.
    Es war ein heißer Tag, aber es wehte eine leichte Brise. Sorg blieb stehen. Zwei Wachposten, die ein Stück von ihm entfernt an der Palisade standen und plauderten, achteten nicht auf ihn. Er nahm eine mit Wasser gefüllte Glasflasche vom Wagen und trank einen Schluck.
    Durch seine Beobachtungen wusste er, dass sich Anastasia und ihre Schwestern während ihrer Spaziergänge oft in diesem sonnigen Teil des Gartens aufhielten. Als Sorg dort stand und aus der Flasche trank, glaubte er, leise Mädchenstimmen hinter dem Zaun zu hören.
    Sein Herz klopfte laut. Die Wachen plauderten noch immer miteinander. Jetzt musste er handeln.
    Er zog einen glatten, runden Stein aus der Tasche. Die Botschaft, die er geschrieben hatte, war mit einer Schnur um den Stein gewickelt. Sorg warf den Stein über den Zaun. Mit einem dumpfen Geräusch landete er auf der anderen Seite auf der Erde.
    »Eh, Sie da!«
    Sorg erstarrte. Ein kleiner, aggressiv wirkender Wachposten mit einem dicken Schnurrbart lief auf ihn zu. »Was haben Sie hier zu suchen? Was machen Sie da?«
    Alle Farbe wich aus Sorgs Gesicht. Er betete, dass der Mann sich nicht gerade zu ihm umgedreht hatte, als der Stein über den Zaun geflogen war.
    »Ich hab Sie was gefragt!«, brüllte der Mann ihn an. Er ging um Sorg herum, brachte sein Gewehr in Hüftanschlag und musterte ihn misstrauisch. »Was lungern Sie hier herum?«
    Sorg zeigte auf das rote Armband und die Flasche in seiner Hand. »Darf ein hart arbeitender Genosse nicht einen Schluck Wasser trinken, um seinen Durst zu löschen?«
    Der Wachmann entspannte sich ein wenig und richtete die Spitze seines Gewehrs auf die Erde. »Dann beeilen Sie sich, Bürger, und treiben Sie sich hier in Zukunft nicht mehr herum, verstanden? Sonst müssen Sie damit rechnen, erschossen zu werden.«
    Sorg zog seinen Handkarren in eine kleine Seitenstraße und machte sich so schnell wie möglich aus dem Staub. Er war heilfroh, dass der Wachposten nichts mitbekommen hatte. Sonst hätte das Risiko bestanden, dass er verhaftet oder erschossen worden wäre. Es wurde immer schwieriger, sich dem Ipatjew-Haus zu nähern. Das machte ihm große Sorgen. Dadurch wurde es fast unmöglich, seine Pläne zu realisieren.
    Als Sorg seinen Handkarren durch die belebten Gassen zog, warf er einen Blick über die Schulter. Niemand folgte ihm. Hatte Anastasia oder jemand aus der Familie den Stein bemerkt? Und wenn einer der Wachposten ihn gefunden hatte? Tausend Fragen stürmten auf ihn ein, und die

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