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Operation Romanow

Operation Romanow

Titel: Operation Romanow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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enthielt Laudanum«, setzte Kasan seine Ausführungen fort. »Es wird eingesetzt, um Schmerzen und Angst zu betäuben. Eine ähnliche Flasche habe ich in Zarskoje Selo gefunden. Der Mann, den ich heute Morgen verhaftet habe, behauptete, sie gehöre einem Kerl namens Felix Zentow, aber das ist wahrscheinlich ein Deckname. Als ich den Deserteur abführte, tauchte dieser Zentow auf.«
    Jakow reichte ihm die Flasche zurück. »Und?«
    »Er wurde von einer unserer Soldatinnen angegriffen. Es kam zu einem Kampf, und er erstach die Frau. Dann schoss er auf mich und floh. In seinem Handkarren fanden wir einen Revolver.«
    »Der Typ hat Nerven, das muss man ihm lassen! Können Sie ihn beschreiben?«
    »Nein, es ging alles viel zu schnell. Mir liegt aber eine detaillierte Beschreibung der Zimmerwirtin und des Deserteurs vor. Sie stimmt grob mit der Beschreibung des Phantoms überein: zwischen fünfundzwanzig und dreißig, mittelgroß mit einem sonderbaren Gang, der von einer alten Verletzung herrühren könnte. Vielleicht nimmt er deshalb auch das Laudanum.«
    Jakow warf noch einmal einen Blick auf den handgeschriebenen Zettel. »Sonst noch etwas?«
    »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich Anastasia Romanowa gerne etwas härter vernehmen, um herauszubekommen, ob sie mehr weiß, als sie sagt.«
    »Sie meinen, Sie wollen sie foltern? Nein, darum kümmere ich mich persönlich.« Jakow steckte das Blatt in die Tasche. »Das behalte ich vorerst.«
    Kasan kniff missmutig die Lippen zusammen. »Sie müssen wissen, dass sie sehr eigenwillig ist und sich nicht leicht einschüchtern lässt.«
    »Wie sieht es mit der Bewachung der Familie aus?«
    »Insgesamt sind es vierzig Wachleute, die alle sorgfältig ausgewählt wurden und Lenin treu ergeben sind. Über ein Dutzend haben sich im Ipatjew-Haus einquartiert, andere im sogenannten Popow-Haus gegenüber, das wir als Wachlokal beschlagnahmt haben.«
    Sie folgten einer Flussbiegung und fuhren auf ein großes, beeindruckendes weiß gestrichenes Haus zu, dessen Dach mit roten Ziegeln gedeckt war. Mindestens drei Meter hohe Holzpalisaden aus Birkenholz zäunten den Garten ein. Das auf diese Weise befestigte Anwesen war komplett von der Außenwelt abgeriegelt. Jakow sah aufmerksame Wachposten, die mit Gewehren auf dem Grundstück patrouillierten. »Kann man sich auf diese Leute verlassen?«
    »Sie lechzen nach dem Blut der Romanows, jeder Einzelne von ihnen. Sie würden die gesamte Familie sofort töten, wenn man sie nur lassen würde.«
    Das Tor schwang auf, und der Konvoi fuhr auf das Grundstück.

36. KAPITEL
    Ipatjew-Haus, Jekaterinburg
    Der dreizehnjährige Junge, dessen Gesicht Millionen von Russen bekannt war, starrte fasziniert auf zwei schwarze Käfer, die über den Holztisch im Garten krabbelten. »Ich wette, meiner ist schneller als deiner und gewinnt das Rennen.«
    »Um was wettest du?«, fragte Anastasia ihren Bruder.
    Alexej runzelte die Stirn. Er wühlte in seiner Tasche und zog einen glatten Kieselstein heraus. »Wie wäre es damit? Das ist mein bester Stein.«
    »Ein Stein? Streng deinen Grips doch mal ein bisschen an, Alexej! Mein Gott, was soll ich denn mit einem Stein?«
    Mit einem unschuldigen, übermütigen Funkeln in den Augen neigte er den Kopf zur Seite und grinste verschmitzt. »Du weißt nie, wann du ihn mal gebrauchen kannst. Um damit zu werfen zum Beispiel. David hat Goliath mit einem Stein getötet. Steine können sehr nützlich sein!«
    »Das ist ein Kiesel und kein Stein.«
    »Willst du ihn oder nicht? Ich biete ihn dir kein zweites Mal an.«
    »Natürlich tust du das. Du wettest immer um irgendwelches nutzloses Zeug.« Anastasia schüttelte lächelnd den Kopf und zerzauste Alexejs Haar. »Mama hat recht, wenn sie dich ihr Rebjonochek nennt. Du bist ein richtiges Baby, Alexej!«
    »Ich bin dreizehn! Und der Stein ist nicht nutzlos. Du bist nutzlos!« Alexej schlug seiner Schwester verspielt auf den Arm.
    Anastasia wollte den Schlag schon erwidern, doch dann überlegte sie es sich anders. Alexej trug nicht wie sonst seinen kakifarbenen Waffenrock, sondern ein geflicktes graues Hemd und eine Matrosenhose, die an vielen Stellen gestopft und dreckig war. Mit den feinen Gesichtszügen und den großen, traurigen blauen Augen, die tief in den Augenhöhlen lagen, sah er noch ausgemergelter aus als sonst. Der Junge ähnelte immer mehr einem Skelett. Er tat ihr so leid. Ihre Mutter, die am anderen Ende des Gartens in ihrem Rollstuhl saß und sich angeregt mit ihrem Mann

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