Operation Sahara
keine Ahnung, wo sie gelandet war. Sie nahm an, daß sie sich in einem trockenen Flußbett befand, das nur von Zeit zu Zeit Wasser führte. In Australien bezeichnete man ein solches Wadi als Billabong. Nur, daß dieses Wadi bestimmt seit 100 Jahren kein Wasser mehr geführt hatte. Der Sandsturm hatte nachgelassen, doch die Abhänge des Wadis waren an der Stelle, an der sie sich befand, gut sechs Meter hoch, so daß sie keinen Blick auf die Umgebung werfen konnte. Das war auch besser so.
Die Gegend war eintönig, menschenleer und in ihrer Häßlichkeit unbeschreiblich.
Sie verspürte plötzlich Durst, und bei dem Gedanken an Wasser fiel ihr wieder ihre Flasche ein. Sie hüpfte auf einem Bein zurück zur Kabinentür und zog die Flasche unter dem Sitz hervor. Von den zwei Litern Faßvermögen fehlte bereits ein Drittel. Kitty hatte das Gefühl, sie würde sich glücklich schätzen können, wenn sie damit länger als zwei, drei Tage auskam, und nahm kaum mehr als ein paar kleine Schlucke zu sich.
Sie mußte versuchen, ein Dorf oder die Piste zu erreichen, entschied sie. Wenn sie in der Nähe des Flugzeugs blieb, bedeutete das den sicheren Tod. Die Fairchild war unmöglich auszumachen, es sei denn, eine Maschine flog direkt über sie hinweg. Immer noch wackelig auf den Beinen, richtete sie sich im Schatten des Flugzeugs auf und akzeptierte ihre mißliche Lage.
Schon bald sollte Kitty die unglaublichen Temperaturunterschiede in der Sahara am eigenen Leib verspüren. Tagsüber kletterte die Temperatur auf 49 Grad Celsius und fiel nachts auf 4 Grad Celsius ab. Die Kälte während der Nacht war genauso mörderisch wie die Hitze am Tage. Nachdem sie zwölf Stunden die sengende Sonne ertragen hatte, hob sie eine tiefe Grube im Sand aus und kroch hinein. Sie rollte sich zusammen und schlief zitternd und unruhig bis zur Morgendämmerung.
Am frühen Morgen des zweiten Tages, bevor die Sonne anfing zu brennen, fühlte sie sich stark genug, um die Vorbereitungen zu treffen, das Flugzeug zu verlassen. Sie baute sich aus einer Tragflächenstrebe eine Krücke und aus der Bespannung einen provisorischen Sonnenschirm. Dann benutzte sie den kleinen Werkzeugsatz, um den Kompaß vom Armaturenbrett des Cockpits abzubauen. Trotz ihrer Verletzungen war Kitty fest entschlossen, die Piste zu erreichen. Sie wußte, es gab keine Alternative.
Nun, da sie einen Plan hatte, fühlte sie sich besser, nahm ihr Logbuch zur Hand, und begann auf der ersten Seite mit einem zusammenfassenden Bericht über ihre sichere Landung und das heroische Vorhaben, unter den denkbar widrigsten Umständen zu überleben. Der Eintrag begann mit einer genauen Beschreibung der Bruchlandung und skizzierte dann ihre geplante Route nach Süden, entlang des Wadis, bis sie zu einer Stelle gelangen würde, an der es ihr möglich war, die Böschung hochzuklettern. War sie erst einmal aus dem Wadi heraus, wollte sie in östlicher Richtung weiterziehen, bis sie auf die Piste oder einen Stamm herumziehender Nomaden traf. Sie riß die Seite heraus und klemmte sie an das Armaturenbrett, damit eine Rettungsmannschaft ihrer Spur folgen konnte – auch wenn es unwahrscheinlich war, daß man das Flugzeug zuerst entdeckte.
Die Hitze wurde schnell unerträglich. Kittys Lage verschlimmerte sich noch dadurch, daß die Hänge des Wadis die Wärme und die Strahlen der Sonne reflektierten und es zu einem Brutkasten machten.
Das Atmen fiel ihr schwer, und sie mußte sich zusammenreißen, um ihr wertvolles Wasser nicht in langen durstigen Schlucken zu trinken.
Bevor sie sich aufmachte, löste sie die Schnürsenkel des Stiefels und zog ihn vorsichtig aus. Vor Schmerz stöhnte sie leicht auf und wartete, bis er nachließ, ehe sie den Knöchel mit ihrem langen Seidenschal bandagierte. Dann, Kompaß und Wasserflasche am Gürtel befestigt, den Sonnenschirm in der Hand, die Krücke unter dem Arm, machte Kitty sich humpelnd unter der sengenden Sonne auf ihren Weg durch den Sand des Wadis.
Die Suche nach Kitty Mannock wurde im Laufe der Jahre immer mal wieder aufgenommen, doch weder sie noch ihr Flugzeug wurden jemals wieder gesehen. Es gab keinerlei Hinweis, keine Kamelkarawane stieß je auf ein Skelett in der Wüste, das mit einer altmodischen Fliegerkombination aus den 30er Jahren bekleidet war, kein Nomade stolperte jemals über das Flugzeugwrack. Das spurlose Verschwinden Kittys wurde zu einem der größten Geheimnisse der Fliegerei.
Die Gerüchte über ihr Schicksal wurden im Laufe der
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