Operation Sahara
dieses Wasser im Lauf der Jahrhunderte den Durst zahlloser Lebewesen, ob Mensch, ob Tier, gelöscht. Fairweather kümmerte es nicht, ob das Wasser den verwöhnten Mägen seiner Schutzbefohlenen bekam. Das Wasser sollte ihnen nur dazu dienen, Schweiß und Staub abzuwaschen. Trinken sollten sie es auf keinen Fall. Er gab seinen Fahrern den Befehl, Wache zu halten und zeigte den Touristen dann, wie man mit einer uralten Handwinde einen Wassereimer aus Schweinsleder hochziehen konnte, der an einem aus gefransten Seil hing. Das exotische Bild von Wüstenmusik und Tänzen vor flackernden Lagerfeuern verblaßte schnell, als die Gruppe wie eine Horde Kinder im Sommer beim Rasensprengen ausgelassen lachte und herumspritzte.
Die Männer zogen die Hemden aus und gossen sich das Wasser über Brust und Rücken. Die Frauen wuschen sich lieber die Haare.
Die komische Szene spielte sich im Scheinwerferlicht der Landrover ab, das wie ein Filmprojektor die tanzenden Schatten an die schweigenden Wände des Dorfes warf. Während Fairweathers Fahrer aufpaßten und sich über die Touristen amüsierten, spazierte er ein ganzes Stück die Straße lang und betrat ein Haus unmittelbar neben einer Moschee. Die Wände wirkten alt und baufällig. Den Eingang bildete ein kurzer, gewölbter Gang, der in einen Hof führte und derart voller Müll war, daß es schwerfiel, darüber hinwegzuklettern.
Mit der Taschenlampe erkundete er den Hauptraum des Gebäudes. Die Wände waren schmutzigweiß, das Zimmer selbst hoch, mit freiliegenden Balken, die ein Dach aus übereinandergeschichteten Zweigen trugen. Die Dachkonstruktion erinnerte an die Latilla Viga, wie man sie von der Bauweise in der Gegend von Santa Fe, im amerikanischen Südwesten, her kennt. In die Wände waren zahlreiche Nischen eingelassen, in denen Haus haltsgegenstände aufbewahrt wurden, doch sie waren alle leer.
Alles lag zerstört und zerbrochen auf dem Boden herum.
Offenbar fehlte nichts, und aus diesem Grund kam Fairweather die Szene vor, als ob die Vandalen hier gehaust hatten, nachdem die Einwohner geflohen waren und all ihren Besitz zurückgelassen hatten.
Plötzlich erblickte er in einer Ecke des Raums einen Haufen Knochen. Er sah sofort, daß es sich um Menschenknochen handelte, und ein ungutes Gefühl beschlich ihn.
Im Schein der Taschenlampe tanzten die Schatten und spielten der Phantasie Streiche. Er hätte schwören können, ein großes Tier an einem Fenster zum Hof vorbeihuschen zu sehen. Er legte den Sicherungshebel der Patschett um – weniger aus Angst, sondern eher, weil ihn ein sechster Sinn vor der Bedrohung warnte, die sich in den dunklen Gassen zusammenbraute. Hinter der Tür, die auf eine kleine Terrasse führte, hörte er ein schabendes Geräusch. Fairweather schlich leise darauf zu und vermied dabei sorgsam, auf den Müll zu treten. Er hielt sich die Taschenlampe vor den Körper und brachte mit der anderen Hand die Maschinenpistole in Anschlag. Dann trat er gegen die Tür. Die Türangeln brachen ab, und sie krachte zu Boden, wo sie eine Staubwolke aufwirbelte.
Dort verbarg sich tatsächlich jemand, oder war es ein Etwas?
Dunkelhäutig und gereizt, wie ein aus der Hölle entsprungener Dämon, wirkte es wie ein menschliches Wesen. Es kauerte da und starrte mit feuerroten Augen in den Lichtstrahl der Taschenlampe.
Instinktiv trat Fairweather einen Schritt zurück. Das Wesen fuhr hoch und griff ihn an. Den Kolben seiner Waffe gegen die angespannte Bauchmuskulatur gedrückt, betätigte Fairweather kaltblütig den Abzug. Der Feuerstoß von 9-Millimeter-Weichmantelgeschossen klang wie das gedämpfte Platzen von Popcorn.
Das scheußliche Ungeheuer stieß ein geisterhaftes Keuchen aus und brach mit halb weggeschossenem Brustkorb zusammen.
Fairweather trat näher an die zusammengekrümmte Gestalt heran und richtete die Taschenlampe darauf. Der Körper war dreckig und vollkommen nackt. Die Augen mit dem wilden Blick waren gebrochen, das Weiße hellrot verfärbt. Das Gesicht gehörte einem Jungen, nicht älter als fünfzehn.
Die Angst traf ihn mit einer solchen Wucht, daß Fairweather einige Augenblicke wie vor den Kopf geschlagen war. Plötzlich wußte er, was die eigenartigen Spuren im Sand verursacht hatte.
Von diesen Geschöpfen, die durchs Dorf krochen, mußte es eine ganze Gruppe geben. Unvermittelt drehte er sich um und rannte in Richtung Marktplatz zurück. Doch es war zu spät, viel zu spät.
Eine Woge kreischender Teufel brach aus dem Abenddunkel und
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