Operation Sahara
jeher unbekannt gewesen war.
Die Gruppe stieg wieder ein. Dann ging es über einen Holperpfad hinunter ins Flußbett und weiter zu einer Straße, die durch das Dorf führte. Je näher man kam, desto schwerer fiel es, sich die stolze Vergangenheit vorzustellen. Die Straßen waren eng und kaum befestigt. Das Dorf wirkte ausgestorben und heruntergekommen. In der Dämmerung war kein Licht zu sehen, kein Hund bellte zu ihrer Begrüßung. Keinerlei Lebenszeichen drang aus den Lehmhütten. Es wirkte so, als hätten die Einwohner ihre Habseligkeiten zusammengepackt und seien in die Wüste verschwunden.
Fairweather beschlich ein ungutes Gefühl. Irgend etwas stimmte nicht, das war klar. Kein Zeichen von dem Fahrer, den er vorgeschickt hatte. Einen Moment lang glaubte er, ein großes, vierbeiniges Wesen in einem Hauseingang verschwinden gesehen zu haben. Doch dieser Eindruck war so flüchtig, daß er schließlich annahm, es sei ein Schatten gewesen, den einer der Landrover geworfen hatte.
Heute abend würden seine Kunden nicht allerbester Laune sein, dachte er. Diese verdammten Werbefritzen, die das mit dem Reiz der Wüste immer übertreiben mußten. »Die einmalige Gelegenheit, an einer Expedition quer durch das Sandmeer der Sahara teilzunehmen«, zitierte er leise.
Er hätte ein Jahresgehalt darauf verwettet, daß der Texter nie über die Küste von Dover hinausgekommen war.
Im Augenblick befanden sie sich fast 80 Kilometer von der Trans-Sahara-Piste und gut 240 Kilometer von der am Niger gelegenen Stadt Gao entfernt. Die Gruppe hatte für den Rest der Reise mehr als genug Vorräte, Wasser und Benzin dabei, so daß man, sollten sich unvorhergesehene Schwierigkeiten ergeben, Asselar ohne weiteres links liegen lassen konnte. Die Sicherheit der Kunden von »Backworld Explorations« stand an erster Stelle. In 28 Jahren hatte man keinen Kunden verloren – wenn man von dem pensionierten Amerikaner absah, der unbedingt ein Kamel ärgern mußte und für seine Dummheit mit einem Tritt gegen den Kopf belohnt worden war.
Fairweather begann sich allmählich zu wundern, daß er keine Ziegen oder Kamele sah. Er vermochte auch keine Fußabdrücke im Sand der Straße zu entdecken, nur diese seltsamen Markierungen von Klauen und runden Einkerbungen, die ins Dorf führten. Es sah aus, als habe jemand zwei Holzscheite hinter sich hergezogen. Die kleinen Häuser der Stammesfamilien, die aus Stein bestanden und ein rotes Lehmdach hatten, wirkten verlotteter als vor zwei Monaten, als Fairweather durch Asselar gekommen war.
Irgend etwas stimmte ganz und gar nicht. Selbst wenn die Dorfbewohner aus unbekanntem Grund die Gegend verlassen hätten, hätten sie doch auf Ibn Hajib treffen müssen. In all den Jahren, in denen sie beide die Sahara durchquert hatten, hatte sein Fahrer ihn nie im Stich gelassen. Fairweather beschloß, seinen Kunden eine kurze Pause am Dorfbrunnen zu gönnen, bevor sie weiterfahren und in gehöriger Entfernung in der Wüste kampieren würden. Besser, man ist auf der Hut, dachte er, nahm die alte Patchett-Maschinenpistole, die noch aus seiner Zeit bei den Royal Marines stammte, aus ihrem Versteck zwischen den Sitzen und klemmte sich die Waffe zwischen die Knie. Er schraubte einen Invicta-Schalldämpfer auf die Mündung. Die Waffe sah jetzt aus wie ein verlängertes Rohr, aus dem, lang und gekrümmt, das Magazin hervorstach.
»Stimmt etwas nicht?« fragte Mrs. Lansing, die zusammen mit ihrem Mann in Fairweathers Landrover fuhr.
»Nur eine Vorsichtsmaßnahme, um die Bettler abzuschrecken«, log Fairweather.
Er hielt an und ging zu den anderen Wagen, um seine Fahrer anzuweisen, scharf auf alles Verdächtige zu achten. Dann kam er zurück und fuhr an der Spitze der Kolonne weiter. Die Fahrt in Richtung Ortsmitte führte durch die engen, sandigen Straßen, die keinerlei Ordnung zu folgen schienen. Er hielt unter einer einzelnen Dattelpalme, die in der Mitte des weitläufigen Marktplatzes emporragte, direkt neben einem runden Brunnen mit einem Durchmesser von etwas mehr als vier Metern.
Im Licht der Dämmerung musterte Fairweather den Sandboden rund um den Brunnen. Er war von den gleichen ungewöhnlichen Spuren umgeben, die er schon in den Straßen bemerkt hatte. Er warf einen Blick in den Brunnen. Die schwache Reflexion tief unten im Sandstein war kaum auszumachen. Ihm fiel ein, daß das Wasser einen hohen Mineralgehalt aufwies, der ihm einen metallischen Geschmack und eine milchig grüne Farbe verlieh. Dennoch hatte
Weitere Kostenlose Bücher