Operation Sahara
zurückzukehren?«
Kazim zuckte die Achseln, und die dünnen blutleeren Lippen unter seinem Schnurrbart verzogen sich zu einem häßlichen Grinsen. »Egal, wie sie sterben. Ihre Knochen werden die Wüste niemals verlassen.«
9
Vor 10000 Jahren waren die Wadis der Republik Mali bis zum Rand mit Wasser gefüllt, und das öde Flachland war von Wäldern bedeckt, in denen man Hunderte von Pflanzenarten fand. Die fruchtbaren Ebenen und Berge waren die Heimat der frühen Menschheit, lange vor der Steinzeit und bevor der Mensch zum Viehzüchter wurde. Während der folgenden 7000 Jahre jagten große Stämme Antilopen, Elefanten und Büffel und trieben ihr Vieh von einem Weideplatz zum nächsten.
Im Laufe der Zeit führte übermäßiges Weiden in Verbindung mit ausbleibenden Regenfällen dazu, daß die Sahara immer mehr verödete und zu der Steinwüste wurde, die sie heute ist.
Nach und nach verließen die großen Stämme ihre angestammten Gebiete und überließen eine zerstörte, beinahe wasserlose Gegend den wenigen Nomadenstämmen, die dort weiterhin ihr Leben fristeten.
Die Römer waren, als sie die enorme Ausdauer von Kamelen erkannten, die ersten, die die Wüstenstriche eroberten. Sie benutzten die Tiere, um Sklaven, Gold, Ebenholz und sogar wilde Tiere zu transportieren, die in den blutigen Arenen Roms endeten. Acht Jahrhunderte zogen ihre Karawanen durch die Einöde, vom Mittelmeer bis zu den Ufern des Niger. Und als der Ruhm Roms verblaßte, waren es wieder die Kamele, die den hellhäutigen Berbern den Zugang zur Sahara öffneten. Danach folgten die Araber und die Mauren.
Mali markiert das Endstadium einer Reihe mächtiger und vor langer Zeit untergegangener Reiche Afrikas. Im frühen Mittelalter beherrschte das Königreich Ghana die bedeutenden Karawanenwege zwischen dem Niger, Algerien und Marokko.
Im Jahre 1240 wurde Ghana von den Mandingos, die im Süden lebten, vernichtet. Diese errichteten ein noch mächtigeres Reich, Malinke, dessen Bezeichnung auf dem Namen Mali basierte.
Der große Reichtum des Landes ließ die Städte Gao und Timbuktu zu weithin anerkannten Zentren islamischer Gelehrsamkeit und Kultur werden.
Der Ruhm des Reiches verbreitete sich im gesamten Vorderen Orient. Doch 200 Jahre später, als die Nomaden der Tuareg und Fulani die Grenzen im Norden bedrängten, kam die Phase des langsamen Niedergangs. Das Volk der Songhai im Osten gewann allmählich die Oberhand und regierte, bis die marokkanischen Sultane ihre Armeen an den Niger vorrücken ließen und das Land im Jahre 1591 verwüsteten. Als schließlich im 19. Jahrhundert die Franzosen ihr Kolonialreich in Richtung Süden vorantrieben, waren die alten Reiche von Mali längst vergessen.
Nach der Jahrhundertwende faßten die Franzosen ihre westafrikanischen Gebiete unter der Bezeichnung Französischer Sudan zusammen. 1960 erklärte Mali seine Unabhängigkeit, gab sich eine Verfassung und bildete eine Regierung. Der erste Präsident des Landes wurde von einer Gruppe Offiziere gestürzt, die von Leutnant Moussa Traore angeführt wurden. Im Jahre 1992, nach einer Reihe fehlgeschlagener Putschversuche, wurde Präsident (heute General) Traore von Zateb Kazim (damals Major) gestürzt.
Als Kazim erkannte, daß er als Militärdiktator auf keine ausländische Hilfe oder Kredite zählen durfte, trat er zurück und bildete die Marionettenregierung unter Führung von Präsident Tahir. Dann brachte Kazim, als geschickter Drahtzieher, seine Gefolgsleute im Parlament unter, hielt sorgsam Abstand sowohl zur Sowjetunion als auch zu den Vereinigten Staaten und pflegte weiterhin die engen Beziehungen zu Frankreich.
Bald danach beherrschte er den Innen- und Außenhandel und war in der Lage, seine geheimen Bankkonten, die er in aller Welt unterhielt, aufzufüllen. Er beteiligte sich an Entwicklungsprojekten und profitierte trotz strikter Zollkontrollen nebenbei ordentlich am Schmuggel. Die Zahlungen französischer Unternehmen, die ihm seine Kooperation vergüteten, wie beispielsweise auch Yves Massarde, machten ihn zum Multimillionär. Wegen seiner totalen Korrumpierbarkeit und der Gier seiner Beamten war es kaum ein Wunder, daß Mali zu den ärmsten Staaten der Welt gehörte.
Die Boeing 737 der UN flog so dicht über dem Boden eine Kurve, daß Eva befürchtete, die Flügelspitze zöge eine Furche durch das lehmige Land. Dann ging der Pilot beim Anflug auf den primitiven Flughafen von Timbuktu in den Horizontalflug über und setzte mit einem spürbaren
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