Operation Sahara
Schreibtisch im NUMA-Gebäude zu finden. Viel lieber erforschte er die unbekannten Tiefen des Meeres.
»Im Grunde genommen geht es darum, daß die Korallenriffe in Gefahr sind und in einem ungeheuren Maße absterben«, erklärte Gunn. »Im Augenblick ist dies das heißeste Thema der Meeresforscher.«
»In welchen Teilen der Meere ist dieser Trend denn sichtbar?«
Gunn starrte auf seinen Kaffee. »Überall. In der Karibik von Florida Keys bis Trinidad, im Pazifik von Hawaii bis Indonesien, im Roten Meer, an den Küsten Afrikas.«
»Überall gleich schnell?« fragte Pitt.
Gunn schüttelte den Kopf. »Nein, das ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Am schlimmsten sieht es an der Westküste Afrikas aus.«
»Ich war immer der Ansicht, daß bei Korallenriffen ein gewisser Zyklus etwas ganz Normales sei, daß sie aufhören, sich neu zu bilden, und absterben, bevor sie wieder gesunden.«
»Das stimmt«, nickte Gunn. »Wenn sich die Verhältnisse normalisieren, erholt sich das Korallenriff. Doch nie zuvor haben wir eine derart weitläufige Schädigung gesehen, die sich in einer solchen Geschwindigkeit ausbreitet.«
»Gibt es eine Vermutung, was die Ursache sein könnte?«
»Zwei Faktoren. Einmal das normale Übel, warmes Wasser.
Periodische Erwärmungen der Wassertemperatur bewirken, daß die winzigen Korallenpolypen die Algen, von denen sie sich ernähren, abstoßen oder, anders formuliert, ausspucken.«
»Bei den Polypen handelt es sich um die kleinen, röhrenförmigen Gebilde, deren Skelette die Riffe bilden.«
»Stimmt genau.«
»Das ist auch schon so ziemlich alles, was ich über Korallen weiß«, gab Pitt zu. »Der Lebenskampf der Korallenpolypen ist schließlich kein Thema für die Abendnachrichten.«
»Bedauerlich«, erwiderte Gunn kurz angebunden, »besonders wenn man bedenkt, daß die Veränderungen bei den Korallen als Barometer für zukünftige Entwicklungen im Meer und bei Klimaveränderungen gelten.«
»In Ordnung. Die Polypen spucken also die Algen aus«, hakte Pitt nach. »Und was bedeutet das?«
»Die Algen dienen den Polypen als Nährstoff und verleihen ihnen ihre lebhafte Farbe«, fuhr Gunn fort. »Wenn sie fehlen, verhungert die Koralle, verfärbt sich weiß und stirbt ab. Wir bezeichnen das als Bleichen.«
»Was selten vorkommt, wenn das Wasser kalt ist.«
Gunn warf Pitt einen Blick zu. »Wieso erzähle ich dir das eigentlich, wenn du es schon weißt?«
»Ich warte, daß du zum Kern der Sache kommst.«
»Laß mich erst mal meinen Kaffee trinken, bevor er kalt wird.«
Sie schwiegen. Gunn nippte an seiner Tasse.
»Gut«, knurrte Pitt, »die Korallenriffe sterben also rund um die Welt ab. Worin besteht nun der zweite Grund für das?«
Gunn rührte mit einem Plastiklöffel gedankenverloren seinen Kaffee um. »Eine neue Bedrohung, eine sehr kritische, ist die plötzlich aufgetretene Fülle von dichten, grünen Algen und Seetang, die sich vollkommen unkontrolliert wie ein Netz über den Korallen ausbreiten.«
»Jetzt warte mal. Du behauptest, die Korallen bekommen nicht genug Nährstoffe, weil sie die Algen ausspucken, obwohl sie in dem Zeug ersticken?«
»Das wärmere Wasser gibt und nimmt. Durch das übermächtige Algenwachstum zerstört es die Riffe, denn es verhindert, daß Nährstoffe und Sonnenlicht bis zu den Korallen gelangen. Die Korallen werden derart von der Umwelt abgeschottet, daß sie absterben.«
Pitt fuhr sich mit der Hand durch sein schwarzes Haar. »Die Situation wird sich doch sicherlich entspannen, wenn das Wasser wieder abkühlt?«
»Kein Gedanke dran«, erwiderte Gunn. »Jedenfalls nicht in der südlichen Hemisphäre. Auch im nächsten Jahrzehnt wird sich die Wassertemperatur aller Voraussicht nach nicht senken.«
»Glaubst du, daß es sich dabei um ein Naturphänomen handelt, oder ist das Ganze auf den Treibhauseffekt zurückzuführen?«
»Beides wäre möglich. Dazu kommt noch die normale Umweltverschmutzung.«
»Aber du hast keine gesicherten Anhaltspunkte?« hakte Pitt nach.
»Weder ich noch die Meeresbiologen der NUMA kennen sämtliche Antworten.«
»Ich habe noch keinen Weißkittel kennengelernt, der nicht eine Theorie gehabt hätte«, grinste Pitt.
Gunn erwiderte das Grinsen. »In dem Licht habe ich mich nie gesehen.«
»Als Weißkittel wohl auch nicht, oder?«
»Du läßt deinem Gegenüber keine Chance.«
»Nur überzeugenden Akademikern.«
»Gut«, begann Gunn, »ich bin zwar nicht König Salomon, doch wenn du es wissen willst: Meine Theorie in
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