Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
Laden war verschlossen und der Eigentümer nirgends zu finden. Die Männer waren kurzerhand in die Schänke eingebrochen und hatten alles durchsucht, aber nichts Interessantes gefunden. Im Gästebuch befand sich nur noch ein weiterer Name, der eines gewissen Hauptmann Bukarin. Lukin würde abwarten müssen, ob entweder der Hauptmann oder der Kneipenbesitzer wieder auftauchten.
Nach seiner Schätzung mußte der Emka irgendwo direkt vor ihnen sein. Selbst wenn er mit achtzig Stundenkilometern fuhr, konnte er höchstens zweihundert Kilometer weit gekommen sein. Bei dem Verkehr waren hundertfünfzig Kilometer wahrscheinlicher.
Das hieß, sie hatten noch fünf Minuten Vorsprung.
Lukin hatte überlegt, ob der Oberst, der den Wagen fuhr, vielleicht auf eine Nebenstraße ausgewichen war, aber das war unwahrscheinlich. Es gab keine Baustellen auf der Hauptverkehrsstraße, und die kleineren Straßen waren vom Militärverkehr verstopft. Aus welchem Grund also hätte der Oberst eine Nebenstraße befahren sollen? Der Pilot hatte bereits mehrere Emkas eingeholt und war in der Dunkelheit dicht neben ihnen hinuntergegangen. Die Insassen hatten ungläubig dreingeschaut, als der Hubschrauber fast auf gleicher Höhe neben ihnen geflogen war, so daß Lukin die Insassen besser mustern konnte. Aber bis jetzt hatten sie den Emka des Oberst noch nicht gefunden. Lukin wußte nicht genau, ob er den KGB-Mann als unschuldiges Opfer einer Täuschung betrachten sollte oder ob der Offizier in der Sache mit drinsteckte.
Er blickte wieder auf die Hauptstraße hinunter. Sie war leer. Die letzte Panzerkolonne hatten sie vor einigen Minuten hinter sich gelassen. »Haben Sie ein Suchlicht unter dem Rumpf?« rief er dem Piloten zu.
Der nickte.
»Wenn wir in den nächsten zehn Minuten niemanden sehen, kehren Sie um und suchen die kleineren Straßen ab!« befahl Lukin. »Der Wagen könnte irgendwo angehalten haben.«
Der Befehl schien dem Piloten ganz und gar nicht zu gefallen. Er deutete besorgt auf den düsteren Himmel und schüttelte den Kopf. »Es wird bald schneien«, rief er. »Außerdem gibt es abseits der Hauptstraße Hochspannungsleitungen. Bei diesen Lichtverhältnissen könnten wir gegen so ein Ding fliegen. Es ist zu gefährlich.«
»Tun Sie, was ich sage!« brüllte Lukin.
Der Pilot schüttelte störrisch den Kopf. »Nein, Major. Ich bin für diese Maschine verantwortlich. Es bleibt dabei. Es ist zu gefährlich. Und wenn es noch dazu schneit, ist es glatter Selbstmord. Wir kehren um …«
Der Pilot zog am Steuerknüppel. Der MIL flog eine Kurve nach rechts, in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Lukin zog die Pistole aus dem Halfter, spannte sie und drückte sie dem Mann an den Kopf.
Der Pilot starrte ihn fassungslos an.
»Verdammt! Sind Sie übergeschnappt?«
»Vielleicht. Auf jeden Fall werden Sie sterben, wenn Sie nicht tun, was ich Ihnen befehle. Schalten Sie den Suchscheinwerfer an, Leutnant, oder ich puste Ihnen das Hirn aus dem Schädel!«
»Oberst, Sie machen einen Fehler!«
Sinow hielt immer noch seine Waffe auf Slanski gerichtet. »Reden Sie, bevor ich Lust bekomme, Sie zu erschießen.«
»Ich habe nichts zu sagen. Nur, daß ich diesen Vorfall melden werde.«
Sinow zeigte einen Augenblick Zeichen von Unsicherheit; dann aber sagte er: »Sie strapazieren meine Geduld.«
»Darf ich einen Vorschlag machen? Wir fahren zur nächsten Kaserne, und Sie rufen meinen Vorgesetzten an. Er wird Ihnen meine Identität bestätigen.«
Sinow lächelte. »Und auf dem Weg dorthin gehen Sie beide stiften. Ich bin kein Idiot! Und ich werde auch den Verdienst einstreichen, Sie zur Strecke gebracht zu haben, nicht dieser aufgeblasene Major in Tallinn. Also sagen Sie mir, wer Sie sind.«
»Hauptmann Oleg Petrowski, vierzehnte Panzerdivision.«
Sinow trat dichter an Slanski heran und zielte mit der Waffe direkt auf seinen Kopf. »Hören Sie auf, mich zu verscheißern, oder ich puste Ihnen die Birne weg …«
»Oberst, ich glaube, Sie sollten die Wahrheit erfahren«, meldete Anna sich zu Wort.
Slanski wollte etwas sagen, doch sie fiel ihm ins Wort. »Nein. Ich werde es ihm sagen.« Sie blickte Sinow offen in die Augen. »Wir sind nicht verheiratet. Mein Ehemann ist ein hoher Armeeoffizier in Leningrad. Dieser Mann hier ist der, für den er sich ausgibt. Wir sind nach Tallinn gekommen, um ungestört zusammensein zu können.«
Sinow grinste. »Ein Liebespärchen? Netter Versuch, aber Sie müssen sich schon was Besseres einfallen
Weitere Kostenlose Bücher