Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
weiße Fahne, aber sie mußte reichen. Wenn er genau über seinen Plan nachdachte, kam er ihm selbst lächerlich vor. Er wollte an die Haustür klopfen, Slanskis Namen rufen und darauf hoffen, daß er eine kooperative Antwort bekam. Es war riskant und bedeutete vielleicht den Tod, doch eine andere Idee hatte er nicht.
Entschlossen klappte Lukin den Kofferraumdeckel zu.
Im gleichen Moment hörte er Gewehrfeuer und das Quietschen von Bremsen am anderen Ende der Straße.
Die Geräusche zerrissen die Stille, und eine Sekunde später hörte er eine zweite Salve. Dann schien die Nacht in einem Hagel von Schüssen zu explodieren.
Pascha hatte das Feuer auf Romulkas kleinen Konvoi eröffnet, und wie es sich anhörte, schossen Romulka und seine Leute zurück.
Lukin lief der Schweiß aus allen Poren, als er fluchend zu der Datscha rannte.
55. KAPITEL
Die Sache stank.
Und das gefiel dem Ukrainer gar nicht. Kein bißchen.
Es war eine halbe Stunde verstrichen, seit der Amerikaner gegangen war, und es gab immer noch kein Lebenszeichen von ihm.
Was war da los? War er tot? Oder schlich er sich immer noch an seine Beute im Haus an?
Der Ukrainer hatte unendliche Geduld und hätte auch die ganze Nacht in dem eiskalten Garten ausgeharrt, aber diesmal hörte er auf seinen Instinkt.
Und der sagte ihm, daß etwas schiefgelaufen war.
Vor ein paar Sekunden war ein Wagen vorgefahren. Kowal hatte gespannt gelauscht. Jeder Muskel seines Körpers war angespannt. Er spähte durch die Büsche und sah, wie der BMW langsam vorbeifuhr. Die Schneeketten knirschten auf der verschneiten Straße.
Dieser Wagen war merkwürdig. Seine dunkle Lackierung glänzte im blassen Mondlicht. Es war ein schönes Fahrzeug, doch der Ukrainer konnte das Gesicht des Fahrers nicht erkennen. Er sah nur, daß er zur Datscha blickte, und er bemerkte auch die zweite Gestalt auf dem Rücksitz.
Was ging hier vor?
Er bereitete sich darauf vor, zu feuern, doch der Wagen fuhr vorbei. Dann sah er, wie der BMW in die Auffahrt der nächsten Datscha einbog und hörte, wie der Motor abgestellt wurde. Eine Tür wurde geöffnet, dann noch eine. Das Geräusch war deutlich zu hören. Dann wurde es wieder still.
Die Datschas waren verlassen. Kowal vermutete, daß sie nur an Wochenenden benutzt wurden. Vielleicht hatte sich einer der Besitzer kurzfristig entschieden, hier die Nacht zu verbringen. Möglicherweise war die Person auf dem Rücksitz ja eine Frau gewesen? Der Ukrainer hatte nicht genug gesehen, um es mit Sicherheit sagen zu können.
Mist!
Er lauschte angestrengt auf jedes weitere Geräusch, hörte aber nichts. Leise stand er auf.
Ob er nachschauen sollte? Ganz gleich, was er tat: Länger warten sollte er jedenfalls nicht mehr. Er hob die Kalaschnikow und wollte gerade auf die Straße treten.
Im gleichen Moment peitschten Schüsse durch die Nacht.
Kowal erstarrte.
Slanski warf einen Blick aus der Küchentür über den mondlichtüberfluteten Garten.
Hinter ihm warteten Anna und Irina. Massey war schon draußen. Seine Hände waren immer noch gefesselt, und Slanski preßte ihm den Lauf der Waffe in den Nacken:
»Sie zuerst, Massey«, flüsterte er und drehte sich zu den beiden Frauen um. »Wir müssen schnell zum Wagen kommen. Seid leise und vergeßt nicht, was ich euch eingeschärft habe!«
Er schob Massey auf den gepflasterten Hof hinaus und ging in die Hocke, weil er mit Gewehrfeuer rechnete. Als sich nichts rührte, liefen sie rasch zum Schuppen und dem Skoda.
Slanski öffnete die hintere Tür und schob Massey hinein. Anna setzte sich neben ihn.
Irina saß schon auf dem Beifahrersitz, als Slanski neben ihr hinter das Steuer glitt. »So weit – so gut.«
Leise kurbelte er das Fenster an der Fahrerseite herunter und tastete nach dem Zündschlüssel. Seine Muskeln spanntensich an, als er den ersten Gang einlegte, jedoch die Kupplung niedergetreten hielt. Er zögerte und schaute auf die verschneite Einfahrt und die Straße.
Sie sah leer aus, und nirgends waren Autos zu sehen.
Es waren ungefähr dreißig Meter bis dorthin. Sie konnten die Strecke in wenigen Sekunden schaffen, wenn er schnell beschleunigte.
Er drehte den Zündschlüssel.
Der Motor stotterte und erstarb. Slanski war verzweifelt.
Im selben Augenblick brach die Hölle los.
In der Dunkelheit prasselte eine Gewehrsalve wie Feuerwerk, gefolgt vom Geräusch quietschender Reifen. Alle im Skoda erstarrten. Auch Slanski rührte sich nicht.
»Was soll denn das …?«
Wieder fielen Schüsse.
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