Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
China‹.
Er richtete den Blick wieder auf das Mädchen. »Tun Sie mir einen Gefallen. Sagen Sie Vince, daß Kurt Braun da ist.«
»Klar.«
Das Mädchen ging davon, und Braun warf einen Blick auf ihre schwingenden Pobacken unter dem engen Rock, bevor er sich weiter in der Bar umschaute. Es waren etwa zwei Dutzend Männer da, und eine Handvoll Mädchen versuchte, sämtliche Tische zu bedienen. Sie sahen wie Nutten aus, und genau das waren sie auch. Viel Lippenstift, zuviel Make-up, billige, auffällige Kleider, die ihre Schlafzimmervorzüge zur Geltung brachten.
Fünf Minuten später trat Vince an Brauns Tisch. Er war Lombardis Leibwächter, breitschultrig und gut gebaut. Doch seine Nase sah aus, als hätte man sie ihm mit einem Schmiedehammer ins Gesicht gerammt. Der Mann bewegte sich wie ein Monolith, und unter seiner linken Achsel beulte sich der Anzug. Braun wußte, daß Vince dort seine Waffe trug.
Trotz des bulligen Äußeren des Leibwächters war Braun überzeugt, daß er ihn ohne Mühe töten konnte. Die beiden Männer maßen sich einen Moment mit Blicken – wie Boxer, die sich vor dem Kampf abschätzen. Schließlich sagte Vince:
»Carlo wartet oben. Er sagt, Sie sollen raufkommen.«
Braun trank seinen Scotch aus und erhob sich.
Das Schild an der Tür im zweiten Stock des Clubs verkündete mit zerkratzten Goldbuchstaben: ›Hafenarbeitergewerkschaft. C. Lombardi, Bezirkschef‹.
Carlo Lombardi war ein kleiner, fetter Sizilianer Mitte Vierzig. Ein bleistiftdünnes Bärtchen zierte seine Oberlippe. Er kontrollierte die Hafengegend von Manhattans Lower East Side, als wäre es sein Königreich. Außer dem Club besaß er zahlreiche andere Geschäfte, einschließlich eines Anteils am Gewinn von drei örtlichen Bordellen, die von den Seeleuten der Handelsschiffe besucht wurden.
Trotz seines harmlosen Äußeren stand Lombardi in dem Ruf, gewalttätig zu sein. Vor allem konnte er gut mit demMesser umgehen. Die letzten Strähnen seines schütteren schwarzen Haars hatte er über seinen fast kahlen Schädel gekämmt. Lombardi hätte sich leicht eine vernünftige Perücke leisten können, war aber nicht der Typ, der sich mit solchen Nebensächlichkeiten aufhielt. Statt dessen kämmte er sich das Haar zur Seite über seinen rosafarbenen Schädel, so daß die kahlen Stellen wie Ausschlag durch die Strähnen leuchteten.
Ein besonders schlauer Hinterwäldler hatte in der Bar einmal den Witz gerissen, daß Lombardi sich mit einem nassen Schwamm kämmte. Lombardi hatte sich daraufhin den Spaß erlaubt, in einer dunklen Gasse einen Block vom Club entfernt auf den Kerl zu warten, ihm ein Messer in den Augapfel zu stechen und es dann zu drehen, bis das hilflos zappelnde Landei wie ein aufgespießtes Schwein quiekte. Niemand kränkte Carlo Lombardi und kam ungeschoren davon.
Es klopfte, und Vince öffnete Braun die Tür.
Der Besucher wirkte winzig neben Lombardis Schläger, doch die leuchtendrote Narbe auf seiner Wange und die bedrohliche Aura, die ihn umgab, ließen erahnen, daß er genauso gefährlich war.
»Mr. Braun, Mr. Lombardi.«
»Laß uns allein, Vince.«
Die Tür fiel ins Schloß, und Lombardi trat langsam hinter seinem beladenen Schreibtisch hervor, um seinen Besucher zu begrüßen. Die Jalousien vor den Fenstern waren heruntergelassen und versperrten den Blick auf den East River und die Hafenanlagen. Lombardi hatte die Deckenlampe eingeschaltet. Nachdem er dem Mann die Hand geschüttelt hatte, fragte er mürrisch: »Wollen Sie was trinken?«
»Scotch.«
Lombardi füllte zwei Gläser aus einer Flasche, die er aus einem Schrank neben dem Fenster nahm, und warf Eiswürfel in die Gläser. Er reichte Braun den Drink, bevor er sich setzte.
»Wollen Sie die Geschichte ausführlich hören?«
»Deshalb bin ich hier.«
»Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen? Ist die Scheiße endlich vorbei? Ich beobachte sie jetzt seit Monaten. Die Braut unternimmt gar nichts.«
Braun nippte an seinem Scotch, lehnte sich in dem Sessel zurück und sagte scharf: »Spucken Sie einfach die Geschichte aus, Lombardi. Dafür werden Sie bezahlt.«
Lombardi seufzte, zog eine Schublade auf und nahm einen großen, braunen Umschlag heraus. An seinen Wurstfingern prangte jede Menge goldene Ringe. Als er aufblickte, lächelte er. »Das neue Mädchen an der Bar … Haben Sie’s gesehen?«
»Hab’ ich.«
Lombardi grinste schmierig und griff sich in den Schritt. »Sie ist so grün wie ein Kuhfladen, aber sie ist eine ziemlich
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