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Operation Zombie

Operation Zombie

Titel: Operation Zombie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Brooks
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andere Geräusche aus den anderen Wohnungen. Das waren meine Nachbarn, die Leute, denen ich stets aus dem Weg gegangen war, an deren Namen und Gesichter ich mich kaum noch erinnern konnte. Sie schrien, flehten, zappelten und schluchzten. Ich hörte eine Stimme über mir, entweder eine junge Frau oder ein Kind, einen Namen rufen und betteln, dass sie aufhören sollten. Aber die Stimme ging in einem Chor von Stöhnen unter. Das Pochen an meiner Tür wurde lauter. Noch mehr Siafu waren aufgetaucht. Ich versuchte, das Mobiliar des Wohnzimmers vor die Tür zu schieben. Das war eine vergebliche Anstrengung. Unser Apartment war nach unseren Maßstäben recht spärlich möbliert. Die Tür ächzte. Ich konnte sehen, wie sich die Scharniere durchbogen.  Mir war klar, dass mir nur wenige Minuten für eine Flucht blieben.
    Flucht? Aber wenn die Tür versperrt war...
     Zum Fenster raus und auf den Balkon der Wohnung unter uns. Ich dachte mir, ich könnte Bettlaken zu einem Seil zusammenbinden ... [lächelt verlegen] Das hatte ich von einem Otaku gehört, der amerikanische Gefängnisausbrüche studiert hatte.
 Es wäre das erste Mal gewesen, dass ich wirklich einen praktischen Nutzen für mein gespeichertes Wissen gehabt hätte.  Zum Glück hielt der Stoff. Ich kletterte aus der Wohnung und ließ mich zu der Wohnung darunter hinab. Meine Muskeln verkrampften sich fast augenblicklich.  Ich hatte mich nie besonders um sie gekümmert, und jetzt rächten sie sich. Ich versuchte, meine Bewegungen zu koordinieren und nicht an die Tatsache zu denken, dass ich neunzehn Stockwerke hoch war. Der Wind war schrecklich und ganz heiß und trocken von den Bränden. Eine Windbö erfasste mich und schlug mich gegen die Hausfassade. Ich prallte vom Beton ab und verlor fast den Halt. Ich spürte, wie ich mit den Füßen gegen das Balkongeländer stieß, musste aber allen Mut aufbringen, damit ich noch die paar Zentimeter hinunterkletterte. Ich landete auf dem Hintern, keuchte und hustete wegen des Rauchs. Ich hörte Geräusche aus meiner Wohnung, die Toten, die die Tür aufgebrochen hatten. Ich blickte zu meinem Balkon hinauf und sah einen Kopf, den einäugigen Siafu, der versuchte, sich durch den Spalt zwischen Boden und Balkongeländer zu zwängen. Da hing er einen Moment, halb draußen, halb drinnen, dann gab er sich noch einen Ruck und rutschte über den Rand. Ich werde nie vergessen, wie er noch im Fallen nach mir greifen wollte, diese alptraumhafte Impression, wie er mit ausgestreckten Armen in der Luft zu hängen schien und das eine Auge im Sturz nach oben gegen die Stirn klatschte.  Ich hörte die anderen Siafu über mir auf dem Balkon stöhnen und sah nach, ob sich welche hier bei mir in dieser Wohnung befanden. Zum Glück, sah ich, war die Eingangstür verbarrikadiert worden, wie meine. Aber anders als bei meiner konnte man keinen Lärm von Angreifern draußen hören. Außerdem beruhigte mich die Staubschicht auf dem Boden. Sie war tief und gleichmäßig, was bedeutete, dass seit einigen Tagen nichts und niemand mehr über diesen Boden gegangen war.  Einen Moment glaubte ich, ich wäre allein, aber dann fiel mir der Geruch auf.  Ich stieß die Badezimmertür auf und wurde förmlich von einer unsichtbaren, übel riechenden Wolke zurückgeschleudert. Die Frau lag in der Badewanne. Sie hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, lange, vertikale Schnitte an den Adern entlang, damit auch wirklich nichts schiefgehen konnte. Ihr Name war Reiko. Sie war die einzige Nachbarin, bei der ich mich je um einen näheren Kontakt bemüht hatte. Sie war eine teure Hostess in einem Club für ausländische Geschäftsleute. Ich hatte mir immer vorzustellen versucht, wie sie nackt aussehen würde. Jetzt wusste ich es.  Seltsamerweise betrübte mich am meisten, dass ich keine Gebete für die Toten kannte. Ich hatte vergessen, was meine Großeltern mir als kleines Kind beibringen wollten, hatte es als überflüssige Daten abgelehnt. Es war eine Schande, wie wenig ich von meinem Erbe wusste. Ich konnte nur wie ein Idiot dastehen und eine linkische Entschuldigung stammeln, weil ich einige ihrer Laken nehmen musste.
    Ihrer Laken?
    Um weitere Seile zu machen. Ich wusste, ich konnte nicht lange dort bleiben.
 Abgesehen von dem Gesundheitsrisiko, das von einer Leiche ausging, konnte ich nicht sagen, wann die Siafu auf diesem Stockwerk meine Anwesenheit spüren und die Barrikade angreifen würden. Ich musste raus aus diesem Gebäude, raus aus der Stadt, und mit

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