Operation Zombie
nicht überlegen waren. Aber seine Knochen waren spröde; ich hörte sie brechen, als ich den Arm ergriff, mit dem er mich festhielt. Ich versetzte ihm einen Tritt gegen die Brust und hielt mit der Hand des gebrochenen Arms ein Haarbüschel von mir umklammert. Er prallte gegen die Wand, Fotos fielen herunter und überschütteten ihn mit Glas. Er fauchte und näherte sich mir erneut. Ich wich nervös zurück, verkrampfte mich und packte ihn an dem unversehrten Arm. Diesen Arm drehte ich ihm auf den Rücken, gab ein Brüllen von mir, dessen ich mich nie für fähig gehalten hätte, schubste ihn und rannte mit ihm hinaus auf den Balkon, wo ich ihn über das Geländer stieß. Er landete mit dem Gesicht nach oben auf dem Bürgersteig, wo er mit dem Kopf auf dem ansonsten völlig zerschmetterten Körper zu mir herauffauchte. Plötzlich wurde gegen die Tür gehämmert; weitere Siafu, die den Lärm des Kampfes gehört hatten. Inzwischen handelte ich nur noch rein instinktiv. Ich rannte ins Schafzimmer des alten Mannes und riss die Laken von seinem Bett. Ich dachte mir, dass ich nicht mehr so viele brauchen würde, nur noch drei Stockwerke, und dann - dann erstarrte ich und stand so reglos da wie eine Fotografie. So eine hatte nämlich meine Aufmerksamkeit erweckt, eine letzte Fotografie an den sonst schmucklosen Wänden seines Schlafzimmers. Sie war schwarzweiß, körnig und zeigte eine traditionelle Familie. Mutter, Vater, ein kleiner Junge und, wie ich vermutete, der alte Mann selbst als Teenager in einer Uniform. Er hielt etwas in der Hand, und mir blieb fast das Herz stehen, als ich es sah. Ich verbeugte mich vor dem Mann auf der Fotografie und sagte fast unter Tränen: »Arigato.«
Was hielt er denn in der Hand?
Ich fand es in einer Truhe im Schlafzimmer, ganz unten, unter einer Sammlung gebündelter Zeitungen und den zerfetzten Überresten der Uniform auf dem Foto.
Die Scheide war grün, rissig, aus armeeüblichem Aluminium, und der ursprüngliche Griff aus Haifischhaut war durch einen provisorischen aus Leder ersetzt worden, aber der Stahl - glänzend wie Silber, nicht gestanzt, ohne den Stempel einer Maschine, leicht gekrümmt, mit einer langen, geraden Spitze. Flache, breite Rillen, mit der kikusui verziert, der kaiserlichen Chrysantheme, und einem authentischen, nicht mit Säure geätzten Wellenmuster um den Griffansatz herum. Ausgezeichnete Handwerkskunst, und eindeutig für den Kampf geschmiedet.
[ich zeige auf das Schwert, das er an seiner Seite trägt. Tatsumi lächelt.]
Kyoto, Japan
[Sensei Tomonaga Ijiro weiß, schon Sekunden bevor ich den Raum betrete, ganz genau, wer ich bin. Offenbar gehe, rieche und atme ich sogar wie ein Amerikaner. Der Gründer der japanischen Tatenokai oder »Schild-Gesellschaft« begrüßt mich mit einer Verbeugung und einem Handschlag und fordert mich dann auf, dass ich mich wie ein Student vor ihn setze. Kondo Tatsumi, Tomonagas zweiter Offizier, serviert uns Tee und nimmt dann neben seinem alten Meister Platz. Tomonaga beginnt das Interview, indem er sich für das Unbehagen entschuldigt, mit dem mich seine Erscheinung möglicherweise erfüllt. Die leblosen Augen des Sensei funktionieren schon seit seiner Pubertät nicht mehr.]
Ich bin ein »Hibakusha«. Ich verlor mein Augenlicht am 9. August 1945 um 11:02 Uhr nach Ihrem Kalender. Ich stand auf dem Mount Kompira und bemannte mit mehreren anderen Jungs meiner Klasse den Fliegeralarm. Es war ein bewölkter Tag, daher hörte ich die B-29, die dicht über uns dahinflog, mehr, als ich sie sah.
Es war nur eine einzige B-san, vermutlich ein Aufklärungsflug und nicht einmal einer Meldung wert. Ich lachte fast, als meine Klassenkameraden in unseren engen Schützengraben sprangen. Ich ließ den Blick weiter über das Urakamital schweifen und hoffte, dass ich vielleicht einen Blick auf den amerikanischen Bomber werfen könnte. Stattdessen sah ich nur einen Blitz, das Letzte, das ich in meinem Leben überhaupt je sehen sollte. In Japan nahmen Hibakusha, »Überlebende der Bombe«, einen einmaligen Rang auf der gesellschaftlichen Leiter ein. Man behandelte uns voll Mitgefühl und Trauer: Opfer und Helden und Symbole für jede politische Agenda. Und doch waren wir als menschliche Wesen wenig mehr als gesellschaftlich Geächtete. Keine Familie ließ zu, dass ihr Kind uns heiratete. Hibakusha waren unrein, Blut im ansonsten makellosen genetischen Onsen Japans. Ich empfand diese Schande auf einer zutiefst persönlichen Ebene. Ich
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