Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opernball

Opernball

Titel: Opernball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Haslinger
Vom Netzwerk:
Kameraleute und Techniker. Die kannten sich in den technischen Problemen einer solchen Großveranstaltung besser aus als alle anderen. An die Mikrophone ließ ich sie nicht ran. Die Abteilung EC-Politik sollte sich vor allem um die Interviews mit Politikern kümmern. Ich bezog sie schon in die Planung mit ein, weil ich den endlosen Kampf mit den Pressesprechern der beiden Regierungsköpfe allein nicht mehr durchgestanden hätte. Auch wenn diese sich schließlich auf ein gemeinsames Protokoll geeinigt hatten, hieß das noch lange nicht, daß ich sie los war. Jetzt begann ein Gerangel darüber, welches der protokollierten Ereignisse ins Bild kommen sollte. Der Smalltalk des Bundeskanzlers mit dem französischen Außenminister, oder der des Bundespräsidenten mit dem Prinzen von Kuwait? Beide waren exakt zur selben Zeit angesetzt. Hinzu kamen die Pressesprecher der Minister, die sich, wenn auch in erträglicherem Maße, darum bemühten, die Gesichter ihrer Auftraggeber ins Bild zu bringen. Eine Ausnahme bildete die Familienministerin. Sie hatte keinen bescheideneren Wunsch, als die Frau des amerikanischen Präsidenten in ihrer Loge zu Gast zu haben. Da sie dazu nicht in der Lage war, sollten wir das für sie arrangieren.
    Dagegen waren die Showstars scheu wie Iltisse. Keiner von ihnen zeigte von sich aus Interesse an Interviews. Wenn wir allerdings den einen oder anderen für ein Live-Gespräch zu gewinnen suchten, konnten wir sicher sein, daß am nächsten Tag ein Agent anrief und fragte, wieviel wir zu bezahlen gedächten. Die Opernsängerin Catherine Petit interviewte ich persönlich. Ich hatte zu dieser Zeit genug von den endlosen Besprechungen und Telefonaten, ich brauchte frische Luft. Mit doppelter Besetzung, also mit zwei Kameras, flog ich nach Basel. Fred war mit von der Partie. Es war unsere erste berufliche Zusammenarbeit. Meine Sorge, es könnte zu einem Krach kommen, war unbegründet. Fred tat nicht nur alles, was ich von ihm verlangte, er bot darüber hinaus andere, ungewöhnliche Perspektiven an.
    Am Nachmittag waren wir mit dem Schriftsteller Rolf Hochhuth verabredet. Er hatte sich nicht entscheiden können, ob er zum Opernball kommen wolle. Und er wußte es auch jetzt noch nicht. Während Rolf Hochhuth noch in seinem Arbeitszimmer war, bot uns seine Frau Kaffee an. Sie fragte Fred, welche Art von Literatur er lese. Dann kam der Schriftsteller. Er erzählte, daß ihm in Deutschland ein übler Streich gespielt werde. Ausgerechnet jenem Theater, das seine Stücke am häufigsten aufführe, seien die Subventionen gekürzt worden. Dann erkundigte er sich nach den Einschaltquoten von ETV. Als wir endlich vom Opernball sprachen, fragte er: »Wer wird sonst noch kommen?«
    Ich zählte bekannte Namen auf, soweit sie schon feststanden.
    »Ah, der französische Außenminister«, sagte er, um gleich danach fortzufahren: »Naja, an De Gaulle reicht keiner von denen heran.«
    Er konnte sich noch immer nicht entscheiden. Einerseits wollte er durchaus interviewt werden und beim Opernball seinen Auftritt haben, andererseits zweifelte er, ob das die richtige Gesellschaft für ihn sei. Ihm fehlten die Intellektuellen. Dann fragte er mich zu meiner Überraschung: »Wird mich wenigstens der Bundeskanzler empfangen?«
    Davon war natürlich nicht die Rede.
    »Kreisky hätte mich empfangen. Er war der letzte Bundeskanzler mit Weitblick. Heute wollen sie alle nur noch ins Fernsehen.«
    Mir war klar, daß es keinen Sinn hatte, ihn zu überreden. Er gab mir aber auch keine klare Absage. Wir drehten dennoch ein kurzes Interview über seine Beziehung zu Wien und über das neue Stück, an dem er eben schrieb. Fred legte sich mit der Kamera auf den Boden, was dem Dichter eine imposante Gestalt verlieh. Als wir gingen, sagte ich: »Sollten Sie nicht zum Opernball kommen, Herr Hochhuth, werden wir das Interview in einer anderen Sendung benutzen.«
    Er schien darüber erleichtert zu sein.
    Anders lag der Fall mit Catherine Petit. Während der Abendvorstellung filmten wir Ausschnitte aus La Traviata, danach interviewten wir die Sängerin in der Garderobe. Ich hätte sie gerne beim Abschminken gefilmt, aber sie weigerte sich. Sie schwärmte vom Wiener Opernpublikum. Es stellte sich heraus, daß sie vom Geschäftsmann Richard Schmidleitner zum Opernball eingeladen worden war. Ich war der Meinung gewesen, ETV Paris würde ihr den Flug zahlen.
    Catherine Petit sollte mir bei der Live-Übertragung insofern Ärger bereiten, als sie die einzige

Weitere Kostenlose Bücher