Opernball
Aufnahmen durften nur kleine Ausschnitte gesendet werden, da sich die britische Regierung den Zensurbestimmungen der US-Streitkräfte angeschlossen hatte.
Während aus aller Welt die Reporter nach Jugoslawien strömten, bereitete ich meinen großen Coup vor. Ich erhielt eine Drehgenehmigung für den offiziell von der UNO, in Wirklichkeit aber von den Amerikanern kontrollierten Südirak. Das Pentagon hatte zunächst abgelehnt. Nach einer Intervention bei der UNO in New York wurde der Bescheid revidiert. Mittlerweile gab es detailreiche Berichte über den Kriegsverlauf. Es stellte sich heraus, daß die uns Frontjournalisten immer wieder eingetrichterte und mit Filmaufnahmen der Militärs untermauerte Geschichte vom »sauberen Krieg« keineswegs stimmte. Ein amerikanischer Journalist deckte auf, daß irakischen Kompanien, die sich im Wüstensand eingebunkert hatten, keine Chance gelassen wurde, sich zu ergeben. Sie wurden von gepanzerten Großbulldozern einfach zugeschüttet.
»Was wollt ihr denn«, wetterte ein erboster General auf CNN. »Krieg ist Krieg – und das war eine saubere Strategie. Wäre es euch lieber, wenn wir sie einzeln abgeknallt hätten?«
Wochenlang sammelte ich Unterlagen über die Vormarschrouten der Golfkrieger. Dann brach ich mit einem ungewöhnlich großen Team auf, darunter ein Geometer und vier Bauarbeiter, die ich auf ihre Aufgabe gut vorbereitet hatte. Mein größtes Problem bestand darin, zu verhindern, daß wir von einer amerikanischen Schutztruppe begleitet wurden. Wir unterschrieben einen Revers, auf dem wir versicherten, daß wir uns auf eigenes Risiko bewegten und jede Form von nachdrücklich angebotenem Begleitschutz abgelehnt hatten. Daß wir dadurch Mißtrauen erregten, hätte ich mir eigentlich denken können. Wir verpflichteten uns, die von der UNO kontrollierte Zone nicht zu verlassen.
Mit drei Geländefahrzeugen überquerten wir die Grenze zum Irak. Wir folgten in einem von unserem Geometer ausgetüftelten Zick-Zackkurs jener Route, auf der die amerikanischen Panzerverbände zehn Monate zuvor in den Irak vorgerückt waren. Schon am ersten Tag stießen wir auf einen Panzer, der aber keine besonderen Beschädigungen aufwies. Offenbar war er hängengeblieben und nur noch nicht abgeholt worden. Am dritten Tag kamen wir zu einer Stelle, an der in einem überschaubaren Umkreis zwei Kampfpanzer und ein Schützenpanzer standen. Sie waren bis zum Turm mit Sand zugeweht. Unsere Bauarbeiter buddelten sie aus. Die Platten waren erheblich beschädigt, die Ketten zerschossen. Ganz offensichtlich waren die Treffer aus dem Nordosten gekommen. Wir wandten uns in diese Richtung und bohrten zusammenschraubbare Sonden in den Sand. Nach etwa einem Kilometer stießen wir auf Widerstand. Zwei Tage lang untersuchten wir das Gelände mit Sonden. So gewannen wir einen Überblick über die Größe des Bunkers. Er war mehrere hundert Meter lang und an einigen Stellen fünf, an anderen bis zu zwanzig Meter breit. Es schien ein System von größeren Räumen zu sein, die durch Gänge miteinander verbunden waren. Wir stießen an einigen Stellen auf Abzweigungen, die wir jedoch nicht weiterverfolgten. Der Geometer zeichnete Lagepläne. Nun kam die schwierigste Aufgabe. Wir mußten einen Zugang finden. Es war anzunehmen, daß der Eingang, wenn er wirklich zugeschüttet wurde, eher eine Erhebung als eine Senkung sein müßte. Zwei Tage lang suchten wir vergeblich. Abends, als wir ermüdet zusammensaßen und aus unseren Blechnäpfen aßen, sagte einer der Bauarbeiter: »Wenn das nicht ein einzelner Bunker, sondern ein ganzes System von Bunkern ist, dann kann der Eingang ganz woanders sein. Am besten wir untersuchen alle Hügel der Umgebung.«
So wurden wir am nächsten Tag fündig. Über dem Eingang lagen mindestens fünf Meter Sand. Wir bildeten eine Arbeitskette, die Bauarbeiter vorne, der Geometer und wir Fernsehleute hinten. Da wir kein Verschalungsmaterial hatten, mußten wir den Stollen sehr breit anlegen. Aber es war aussichtslos. Wenn wir durchschwitzt und erschöpft eine Pause einlegten und einander mit dem Kanister Trinkwasser über den Kopf gossen, konnten wir zusehen, wie von allen Seiten der Sand nachrieselte. Am Abend kam Wind auf. Über Nacht war das ohnedies schmale Ergebnis unserer Arbeit zur Gänze beseitigt. Wir unternahmen noch einen Versuch. Wir montierten die Türen und Motorhauben unserer Geländefahrzeuge ab und verwendeten sie als Verschalungsplatten. Diesmal legten wir den Gang
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