Opfer der Lust
erzählt, dass er Geschäftsführer ist?“
Überrascht ließ Blanche die Tüte fallen, worauf alle Zwiebeln herausrollten und sich auf dem Weg und dem angrenzenden Beet verstreuten. „Auch ihn darfst du unter keinen Umständen auf Maternity Help ansprechen. Er hat mit Mantis ein Abkommen.“
Schuldete ihr Vater ihm etwas? Wenn ja, dann erklärte das immer noch nicht, weshalb Daryl von Mantis abhängig war.
Bethany konnte sich noch immer keinen Reim auf das Streitgespräch zwischen den beiden Männern machen. Nun ärgerte sie sich, dass sie Daryl erwähnt hatte, anstatt den Mund zu halten und ihn ohne das Wissen ihrer Eltern auszuhorchen.
Blanche legte die Plastiktüte auf den Boden und nahm Beths Hände in die ihren. „Ich kann nicht glauben, dass du Daryl nicht mehr liebst. Ihr gehört doch zusammen. In meinen Augen seid ihr das perfekte Paar. Und wir, dein Vater und ich, können ihn auch gut leiden. Alles war so wundervoll. Denk noch einmal über deine Entscheidung nach.“
„Das brauche ich nicht“, entgegnete Bethany und seufzte. „Ich liebe ihn nicht mehr. Es ist, wie es ist.“
„Aber ihr habt so viel zusammen erlebt, so viele Gemeinsamkeiten und wolltet euer Leben miteinander verbringen.“ Eindringlich sah Blanche sie an. „So etwas wirft man nicht einfach weg.“
Angesäuert, weil ihre Mutter sich einmischte, riss Bethany ihre Hände los. Sie griff nach der Plastiktüte und hielt sie auf. „Das habe ich nicht. Ich habe lange darüber nachgedacht und meine Entscheidung ist endgültig.“
„Dieser Mann ist schuld an der Tragödie.“ Blanche warf die Zwiebeln in die Tüte, als würde sie auf jemanden zielen. „Er ist es nicht wert. Eine Affäre verblasst sehr schnell.“
Vielleicht war Kade es tatsächlich nicht wert, aber ihre Beziehung zu Daryl wäre ohnehin in die Brüche gegangen.
„Er hat nichts damit zu tun“, log Beth. „Daryl und ich, wir haben nicht die gleichen Zukunftsvisionen. Auch wenn es für dich erscheint, als wären wir ein Traumpaar, glaube mir, wir passen nicht zusammen.“
„Nicht nur wir sehen das anders als du, sondern auch Daryl. Er ist am Boden zerstört. Rede wenigstens noch einmal mit ihm.“
„Wozu?“, fragte Bethany und wusste, dass Blanche darauf spekulierte, wenn Beth Daryl wiedersah, würde sie erweichen, aber das würde nicht der Fall sein. Nicht, nachdem sie wusste, dass er ein Heimchen am Herd aus ihr machen wollte. Nicht nach dem tollen Sex mit Kade.
Blanche nahm ihr die Tüte ab und machte einen Knoten ins obere Drittel. Ächzend erhob sie sich. „Tu deiner alten Mutter den Gefallen. Sprich mit ihm und bau ihn auf, damit er nicht auf irgendwelche verrückten Gedanken kommt.“
„Was willst du denn damit andeuten?“
„Man weiß nie. Männer sind zu dummen Taten fähig.“
Bethany stand auf und streckte sich, während ihre Mutter zur Mülltonne, die am Haus links neben dem Küchenfenster stand, ging und die Tüte hineinwarf.
War Daryl derart fertig, dass er suizidgefährdet war? Selbstmord passte so gar nicht zu ihm. Sie könnte sich eher vorstellen, dass er sich Kade gerne vorknöpfen würde. Manchmal war er ebenso ein Heißsporn wie ihr Dad.
Aber sie fürchtete sich nicht vor ihm. Er hatte sie immer höflich und rücksichtsvoll behandelt und empfand den gleichen Respekt vor ihr wie vor ihrem Vater.
Plötzlich trat Kade auf den Balkon. Bethany traute ihren Augen kaum. Er machte ein grimmiges Gesicht und verschränkte die Arme vor dem Körper.
Was machte er in ihrer Wohnung? Hatte er das Gespräch zwischen ihr und ihrer Mutter belauscht? Immerhin war ihr Schlafzimmerfenster gekippt.
Blanche stand nun genau unter dem Balkon. Noch hatte sie Kade nicht bemerkt und Beth hoffte, dass es auch dabei bleiben würde.
„Ich bitte dich nur darum, mit ihm zu sprechen, mehr nicht“, bat Blanche. „Ihr müsst ja kein Paar mehr werden, aber im Streit dürft ihr nicht auseinandergehen. Du magst ihn doch noch, oder?“
Beth schluckte den Kloß hinunter, der in ihrem Hals entstand, weil Kades Miene immer finsterer wurde, und drängte ihre Mutter, ins Haus zurückzugehen.
„Ich tu es“, flüsterte sie im Schlafzimmer ihrer Eltern, als könnte Kade sie eine Etage höher hören. „Aber nur wenn du mir versprichst, weniger Wein zu trinken.“
Zögerlich nickte Blanche. Dieses Zugeständnis war ein wirkliches Opfer für sie.
„Ich muss jetzt gehen.“ Bethany verabschiedete sich von ihrer Mutter und atmete tief durch.
Es war Zeit, nach oben zu
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