Opfer der Lust
nicht.“
Nervös nestelte Blanche an ihrem Dutt herum. „Dein Vater regelt alles.“
„In welcher Abteilung arbeitet Dad eigentlich bei Maternity Help?“ Beth bemühte sich, ihre Frage beiläufig klingen zu lassen.
Ihre Mutter drehte sich herum und blickte sie konsterniert an. Sie brauchte einen Moment, um zu antworten, als würde sie nach den richtigen Worten – oder einer Ausrede – suchen. „Das erklärt er dir besser selbst. Ich war nur als Schreibkraft angestellt und kenne mich mit den anderen Tätigkeitsfeldern nicht aus.“
„Ach, Mom, du stellst dein Licht immer unter den Scheffel.“
Beth fragte sich, was mit ihrer Mutter geschehen war, dass sie sich in den letzten Jahren derart verändert hatte. Ihr Selbstbewusstsein war gleich null, weshalb sie kaum noch aus dem Haus ging und alles Wichtige, wie beispielsweise Behördengänge, ihren Mann erledigen ließ.
Blanche hatte sich schleichend verändert. Es hatte kein einschlagendes Ereignis gegeben, das die Veränderung über Nacht ausgelöst hatte – oder diese Begebenheit lag so lange zurück, dass Beth sich nicht daran erinnern konnte.
Dass ihr Vater nicht gerade eine Hilfe war, ahnte Beth. Er besaß wenig Geduld und nörgelte oft, was Blanche nur noch mehr verunsicherte und zur Folge hatte, dass sie sich immer mehr einigelte.
Bethany fühlte sich hilflos. Sie wusste nicht, wie sie ihre Mutter unterstützen konnte. Dennoch bohrte sie weiter. „Dad hat einen verantwortungsvollen Posten, habe ich recht?“
Stumm nickte Blanche.
„Kann es sein, dass er rein zufällig der Gründer und Eigentümer ist?“, fragte sie geradeheraus und etwas zu laut.
Blanche wurde kreidebleich. „Woher weißt du das?“
„Ich weiß es eben.“ Es tat Beth leid, dass ihre Mutter zusammengezuckt war, weil sie ihre Stimme erhoben hatte. „Wieso habt ihr mich angelogen und behauptet, ihr wärt beide nur Angestellte? Warum habt ihr mir erzählt, ihr hättet einen Bankkredit aufgenommen, um unser Haus kaufen zu können, obwohl es bereits abbezahlt ist?“
„Wir wollten dich lehren, dass man hart arbeiten muss, um sich etwas im Leben leisten zu können.“
Das hörte sich auswendig gelernt an, fand Beth. „Hat Dad dir eingetrichtert, mir das zu sagen, sollte ich jemals hinter euer Geheimnis kommen?“
„Geheimnis?“ Blanche wich einen Schritt zurück. „Du übertreibst.“
„In Ordnung, du willst nicht mit der Wahrheit herausrücken“, blaffte Beth. „Dann werde ich eben Dad fragen, sobald er zurück ist.“
Entsetzt riss ihre Mutter die Augen auf. Sie krallte sich so fest in Beths Arme, dass sie Beths Jacke von den Schultern zerrte. „Das darfst du nicht.“
„Aus welchem Grund nicht? Was ist so schlimm daran, eine Firma zu besitzen?“
„Lass Mantis sein kleines Geheimnis“, flehte ihre Mom sie an.
Beth hob die Augenbrauen. „Nun ist es auf einmal doch eins?“
„Er möchte auf keinen Fall, dass es jemand erfährt, damit niemand Fragen stellt.“ Blanche beschwor sie: „Du weißt doch, wie dein Vater ist. Er mag keine Fragen und reagiert überaus empfindlich, wenn jemand nachbohrt. Bitte, Liebes, sprich ihn nicht auf Maternity Help an. Das musst du mir versprechen.“
„Ich verstehe das alles nicht …“ Beth bedauerte es, ihre Mutter derart aufgelöst zu sehen und Schuld an ihrem Zustand zu haben. Der Gedanke, sie könnte heute zum Rotwein greifen, weil Beth sie unter Druck gesetzt hatte, versetzte ihr einen Stich im Herzen.
„Schwöre mir, dass du deinen Vater mit alldem in Ruhe lässt.“ Unnachgiebig bestand Blanche darauf.
Bethany konnte nicht anders, als ihr zu versprechen, ihren Dad nicht mit diesem Thema zu behelligen, damit sich ihre Mutter nicht noch mehr aufregte. Mittlerweile war Blanches Teint nicht mehr schneeweiß, sondern sie hatte gerötete Wangen.
„Du siehst fiebrig aus“, meinte Beth besorgt und zog ihre Jacke wieder ordentlich an.
„Jetzt, wo ich weiß, dass du ebenso schweigen wirst wie ich, geht es mir sicher gleich wieder besser.“ Blanche richtete ihre Haare. Sie zog die Gartenschürze aus und hängte sie an einen Haken. „Du wirst doch schweigen, oder?“
„Wie oft soll ich es noch schwören, Mom?“
Blanche lächelte gezwungen und ging aus dem Geräteschuppen. Sie holte eine Plastiktüte aus ihrer Hosentasche, entfaltete sie und hockte sich auf den Weg, um die vertrockneten Tulpenzwiebeln aufzusammeln.
Bethany ging neben ihrer Mutter in die Hocke und half ihr. „Und warum hat Daryl mir nie
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