Opfer der Lust
Eltern gegenüber behauptete sie, Migräne zu haben.
Beth lag den ganzen Tag in ihrem verdunkelten Schlafzimmer, ernährte sich von Fitness Flakes mit Milch, denn mehr hatte sie nicht im Haus, und grübelte, bis sie am Abend tatsächlich Kopfschmerzen bekam.
Erst am Samstagmorgen zog sie sich an und ging einkaufen. Geistesabwesend füllte sie ihren Einkaufswagen und staunte an der Kasse, was sie alles gekauft hatte.
Mittags aß sie einen Mikrowellen-Burrito, aber die vielen Fragen, die ungeklärt im Raum standen, raubten ihr noch immer den Appetit, sodass sie die Hälfte des Burritos im Mülleimer entsorgte.
Als sie am frühen Nachmittag ihren Vater wegfahren hörte und sah, dass ihre Mutter die Beete mit einer Harke bearbeitete, fasste sie sich ein Herz und ging in den Garten. Lazy war weit und breit nicht zu sehen. Nur sein gelbes Spielzeughuhn, das quietschte, wenn der Neufundländer darauf herumbiss, lag auf der Terrasse. Mantis musste den Hund mitgenommen haben.
Schwere graue Wolken hingen über den Dächern von Roxbury und die Luft war frisch, aber durch die Sonnenstrahlen der vergangenen Wochen waren die Pflänzchen durch den Erdboden gestoßen. Mittlerweile war es Ende April.
Bethany trug eine graue Trainingshose und eine Kapuzenjacke. Im Haus hatte ein roséfarbenes T-Shirt genügt, aber nun wünschte sie sich, stattdessen einen Pullover angezogen zu haben.
Sie zog die Jacke enger um ihren Körper und schritt zu ihrer Mom. „Was machst du gerade?“
Blanche Hart schaute überrascht auf, offenbar hatte sie ihre Tochter nicht kommen hören. „Ich habe die Tulpenzwiebeln ausgegraben. Sie sind nichts geworden.“
Sie trug eine dunkelgrüne Gartenschürze, auf die eine hölzerne Schubkarre mit blühenden Margariten gestickt war, darunter ausgewaschene Jeans und einen violetten Strickpulli. Ihre Haare hatte sie zu einem Dutt hochgesteckt, doch einige Strähnen hatten sich gelöst. Blanche wischte sie mit dem Handrücken aus der Stirn, aber sie fielen ihr immer wieder ins Gesicht.
„Vielleicht hättest du ihnen nur etwas mehr Zeit geben sollen.“
„Sie sind vertrocknet.“ Blanche zeigte auf einen Haufen Blumenzwiebeln, der mitten auf dem Weg lag. „Kannst du dir das vorstellen?“
Bethany lächelte glücklich, weil sie merkte, dass ihre Mutter nüchtern war.
„Normalerweise ist der April launisch“, fuhr Blanche fort. „Aber dieses Jahr hatten wir zwar Sonnenschein, jedoch der Regen fehlte. Die Natur braucht Wasser. Meine Buschwindröschen und Amaryllis haben sich trotzdem durchgekämpft und gedeihen gut, nur die Tulpen …“ Sie seufzte.
Beth fragte nicht nach, weshalb ihre Mutter nicht einfach den Gartenschlauch genommen und ihre Beete gegossen hatte, sondern blickte zu den Wolken. „Es wird bestimmt heute noch regnen.“
„Hoffentlich“, murmelte Blanche und zog ihre Harke immer wieder über die Rabatte, obwohl man die Löcher, in denen die Zwiebeln gesteckt hatten, längst nicht mehr sah und die Oberfläche glatt war.
Bethany wusste nicht, wie sie das Gespräch auf ihre Kindheit und Maternity Help lenken sollte, daher stand sie eine Weile unsicher herum und schaute ihrer Mutter bei der Gartenarbeit zu.
„Mom?“, begann sie schließlich zaghaft. „Wie war ich als Baby?“
„Bist du schwanger?“ Blanche riss ihre Augen auf und starrte sie an. „Von einem anderen Kerl, vielleicht diesem Kade? Ist das der Grund, weshalb du Daryl verlassen hast?“
Rasch schüttelte Beth den Kopf und strich über ihren Bauch, um zu prüfen, ob sie dicker geworden war. Ein Kind von Kade, das hätte ihr gerade noch gefehlt.
„Eine Studienfreundin bekommt ein Kind“, log sie verlegen.
Nun lächelte Blanche. „Du bist ein wundervoller Säugling gewesen, hast sehr früh nachts durchgeschlafen und kaum geschrien. Du warst alles, was ich mir gewünscht habe.“
Bethany fühlte eine gewisse Erleichterung, weil ihre Mom gerade bestätigte, dass es keine Notwendigkeit gegeben hatte, ständig den Kinderarzt aufzusuchen. „Hatte ich Drei-Monats-Koliken?“
Auf einmal verschwand Blanches Lächeln. Als hätte man einen Schalter umgedreht, wirkte sie plötzlich in sich gekehrt. Sie ließ die Harke einfach fallen und ging zum Apfelbaum, um dessen Knospen kritisch zu betrachten. „Hoffentlich werden wenigstens die Äpfel dieses Jahr etwas, wenn schon nicht die Tulpen.“
„Ganz bestimmt“, sagte Beth sanft, ging zu ihr und legte die Hand auf den Arm ihrer Mutter. „Komm, lass uns ins Haus gehen und
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