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Opfer der Lust

Opfer der Lust

Titel: Opfer der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henka Sandra
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Babyfotos ansehen. Ich kann mich gar nicht mehr an die Fotos erinnern, die von mir gemacht wurden, als ich ein Säugling war.“
    Blanche ließ den Zweig, den sie zu sich gezogen hatte, los und er schnellte zurück. „Keine Zeit.“
    „Aber es gibt im Garten nichts mehr zu tun. Ich könnte uns einen Kaffee machen –“
    „Ich habe nach dem Mittagessen erst eine Tasse getrunken.“
    „Dann einen Tee“, schlug Beth vor und wurde langsam ärgerlich, weil ihre Mutter sich sträubte. Wollte sie die Fotos nicht mit ihr anschauen oder gab es womöglich gar keine, weil Beth adoptiert worden war?
    Blanche schüttelte den Kopf, dann erhellte sich ihr Blick. „Vielleicht ein Gläschen Wein.“
    „Nein, ganz bestimmt nicht“, antwortete Beth nachdrücklich. Doch sie war gleichzeitig froh, weil ihre Mutter anscheinend doch Säuglingsfotos von ihr besaß. Ihre Mom brauchte nur den richtigen Anreiz, um sie herauszuholen. „Dafür ist es noch viel zu früh. Außerdem solltest du weniger Alkohol trinken.“
    „Rotwein ist doch kein Alkohol“, wandte Blanche vorwurfsvoll ein.
    Bethany hielt ihre Mutter, die sich gerade umdrehen wollte, um dem Gespräch aus dem Weg zu gehen, an den Schultern fest und sah sie eindringlich an. „Rotwein hat durchschnittlich dreizehn Prozent Alkohol.“
    „Ein Gläschen täglich soll das Herzinfarktrisiko senken, habe ich gelesen.“
    „Aber du trinkst mehr als ein Glas am Tag und das ist schädlich, unter Umständen kann es sogar tödlich sein, wenn man beispielsweise gleichzeitig Beruhigungstabletten zu sich nimmt.“
    Betreten blickte Blanche ihre Tochter an.
    Bethany wurde es schwer ums Herz. Sie riss ihre Mutter in ihre Arme und drückte sie ganz fest an sich. Selbstverständlich wollte sie wissen, ob sie adoptiert worden war oder nicht. Aber egal, ob Blanche Hart ihre leibliche oder ihre Adoptivmutter war, sie liebte diese Frau und sie war und blieb ihre Mom.
    „Mach so etwas Dummes nie wieder“, sprach sie inbrünstig. „Versprich mir das. Keine Tabletten, wenn du Wein getrunken hast.“
    „Ich versuche es“, wisperte Blanche. Sie umarmte Beth nicht, sondern ließ ihre Arme kraftlos an ihren Seiten herabhängen.
    Beth spürte, dass sich ihre Mutter wieder Stück für Stück in sich selbst zurückzog, weil ihr die Konfrontation unangenehm war, aber da musste sie dieses Mal einfach durch.
    Beth löste sich von ihr. „Du trinkst zu viel Rotwein. Tu mir den Gefallen und reduziere deinen Alkoholkonsum. Bitte.“
    Als Blanche zum Beet ging und ihre Harke aufhob, wirkte es, als wäre jeder Schritt eine Qual für sie. Sie schleppte sich zum Geräteschuppen, den Mantis selbst zusammengebaut hatte, und ging hinein, um die Harke wegzuräumen.
    Bethany wartete, aber ihre Mutter kehrte nicht zurück. Daher betrat sie den Bretterverschlag ebenfalls und beobachtete, wie ihre Mom die Gartengeräte von einer Seite auf die andere legte, als würde sie etwas suchen.
    „Kann ich dir helfen?“, wollte Beth wissen.
    Blanche winkte ab. „Ich ordne die Geräte nur ein wenig. Im Herbst habe ich sie einfach in den Schuppen geworfen und finde kaum etwas wieder. Mantis schimpft deshalb ständig mit mir. Daher habe ich mir vorgenommen, im Frühjahr Ordnung in die Hütte zu bringen. Aber jetzt ist es schon fast Mai und ich habe es immer noch nicht geschafft.“
    Beth nahm eine Handschaufel, um sie an einen Wandhaken zu hängen, aber ihre Mutter nahm sie ihr ab und legte sie auf den mit Schachteln und losen Nägeln überhäuften Arbeitstisch. Offensichtlich hatte ihre Mutter begonnen, Nägel zu sortieren, aber die Arbeit nicht beendet.
    „Mom“, sagte Beth, um die Aufmerksamkeit ihrer Mutter zu erlangen, „weshalb möchtest du nicht mehr für Maternity Help arbeiten?“
    Blanche nahm den Besen und fegte den Boden, obwohl viel zu viele Geräte herumstanden, um in die Ecken zu kommen. „Wer sagt, dass ich nicht mehr für die Firma arbeiten möchte? Ich kann einfach nicht mehr. Mir geht es immer schlechter.“
    „Ich weiß.“ Beruhigend legte Beth die Hand auf den Rücken ihrer Mom. Sie spürte, dass ihre Mutter absichtlich geschäftig tat, um abzulenken und Beth nicht ansehen zu müssen. „Bedrückt dich etwas?“
    „So ein Unsinn!“ Blanches Stimme klang dünn. Fahrig stellte sie den Besen weg und strich ihre Gartenschürze zigmal glatt. Sie stand mit dem Rücken zu ihrer Tochter.
    „Ich merke doch, dass du Sorgen hast, Mom, und ich würde dir so gerne helfen, aber du lässt mich

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