Opfer der Lust
Hals knabberte, erschauerte sie wohlig. „Belohnst du mich gerade für meinen Mut?“
„Man könnte es als Belohnung betrachten“, sprach er sanft und leckte über ihre Ohrmuschel. „Aber nicht für deinen Berufswunsch, sondern dafür, dass du die Bitte deiner Mutter ignorieren wirst.“
Beths aufkeimende Lust erstarb. „Du verführst mich nur, um mich in jeder Hinsicht willig zu machen. Du verbündest dich mit meiner Begierde, um deine Ziele durchzusetzen. Aber diesmal wird es nicht funktionieren. Ich habe es meiner Mom versprochen.“
Kade hörte mit seinen Liebkosungen auf. Grimmig schaute er sie an. „Ich kann nicht von dir lassen, weil ich ein starkes Verlangen nach dir verspüre, Babe. Doch es scheint fast so, als wärst du es nicht mehr gewohnt, begehrt zu werden, da Daryl dich zu oft in Ruhe gelassen hat, was ihm schließlich zum Verhängnis wurde. Ich mache diesen Fehler nicht.“
„Willst du mich zwingen?“, fragte sie grantig und sah das erste Mal die Ränder seiner farbigen Kontaktlinsen. Sie wusste, dass ihre Reaktion übertrieben war, und sie gestand sich ein, gereizt zu sein. Die letzten Wochen hatten an ihrem Nervenkostüm gezerrt.
„Du brauchst nur ein Wort zu sagen und ich werde auf der Stelle gehen.“
Unschlüssig wich Beth seinem Blick aus. Sie wollte mit ihm zusammen sein, sie verzehrte sich nach ihm, aber sie konnte nicht zulassen, dass er sie mithilfe ihrer Lust manipulierte. Auf keinen Fall wollte sie ihm hörig werden.
Ihre Stimme zitterte, als sie sagte: „Wenn wir zusammen sind, lieben oder streiten wir uns. Etwas dazwischen gibt es nicht.“
„Das ist gelogen“, widersprach er. „Denk an unsere Besuche im Harvard Stadium und dem Museum of Fine Arts. Ich habe dich nicht angerührt. Wir haben interessante Gespräche geführt und zusammen gelacht, wie Freunde.“
„Wir sind keine Freunde, vergiss das nicht“, zischte sie schnippisch. „Du bist ein Erpresser und ich dein Opfer.“
Er blinzelte. „Soll das heißen, du schläfst nur mit mir, weil du dich genötigt fühlst?“
Bethany blieb stur und antwortete nicht, obwohl seine Worte nicht der Wahrheit entsprachen.
„Ich verstehe.“ Mit verbitterter Miene stemmte sich Kade von der Wand ab und verließ die Wohnung.
Beth blieb allein zurück. Kades heftige Reaktion hatte sie völlig überrascht.
Sie hatte etwas rundweg anderes erwartet, das sie nun in einem Tagtraum durchspielte: Er hob sie einfach auf seine Schulter, schritt entschlossen ins Schlafzimmer und warf sie aufs Bett. Vielleicht fesselte er sie wieder mit dem Seidenschal und verführte sie sanft-fordernd. Selbstverständlich wehrte sich Beth, mehr spielerisch als ernsthaft. Sie kämpfte gegen Kade an, er rang sie nieder und am Ende ergab sie sich ihm. Welch herrliche Vorstellung! Der Kampf wurde zu Leidenschaft und sie liebten sich stundenlang hemmungslos. Danach schlief Beth in Kades liebevoller Umarmung ein.
Doch so war es nicht gekommen!
„Du bist so dumm“, schimpfte sie mit sich selbst, „dumm und starrköpfig.“
Bethany setzte sich auf den Boden und lehnte sich gegen die Wand. Was war nur los mit ihr?
Sie hatte mit Kade, Aaron und Daryl Streit, Mantis gab ihr oft zu verstehen, dass er Kade nicht leiden konnte und sie ihn schnellstmöglich abfertigen sollte, und ihre Mutter würde spätestens dann verärgert sein, wenn sie erfuhr, dass Beth, entgegen ihrer Abmachung, Daryl auf Maternity Help angesprochen hatte.
Am nächsten Wochenende fuhr Bethany die Küste entlang in Richtung Norden.
Sie hatte sich mit Daryl absichtlich nicht in Boston, sondern auf neutralem Boden verabredet, um Abstand von den gemeinsamen Erinnerungen, die sie an die Großstadt knüpften, zu bekommen. In Lynn würden sie offen reden können. Nichts verband sie mit der Kleinstadt. Sie würden auf ihre Beziehung blicken, die ausschließlich in Boston stattgefunden hatte, und ihre verblasste Liebe mit Distanz betrachten.
„Und dann wird auch Daryl erkennen, dass wir nicht zusammenpassen“, murmelte Beth und kurbelte das Fenster herunter, um die salzige Meeresluft ins Wageninnere zu lassen.
Tief atmete Beth durch. Sie sah auf den Atlantik hinaus, dessen Oberfläche vollkommen ruhig war und den Sonnenschein reflektierte.
Hoffentlich ist das nicht die Ruhe vor dem Sturm, dachte Beth, als sie in Lynn ankam.
Es war der zweite Sonntag im Mai, die Familien strömten aus den Großstädten an die Küste, und für einen Moment bereute es Beth, eine Küstenstadt für das
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