Opfer der Lust
kehrte aus der Küche zurück und riss sie auf die Füße. Er drängte sie in Richtung Bad und rief über die Schulter hinweg: „Es ist besser, wenn ihr jetzt geht. Deine Mutter hat mal wieder die Kontrolle über sich verloren.“
„Soll ich einen Arzt rufen?“ Bethany stand auf und wollte zum Telefon gehen, doch ihr Vater winkte ab.
„Ich regele das, wie ich immer alles geregelt habe“, grollte Mantis und zeigte auf Kade. „Bring ihn hier raus.“
Ihr Dad tat ja gerade so, als hätte sie das gemeinsame Barbecue initiiert, dabei hatte Beth nie und nimmer gewollt, dass Kade noch einmal mit Blanche und Mantis zusammentraf. Aber wie konnte sie auf Dauer mit einem Mann liiert sein, den ihre Eltern nicht akzeptierten?
Kade erhob sich und hielt sie am Oberarm fest. „Lass uns gehen, bevor die Emotionen deines Vaters explodieren.“
„Du willst mich vor meinem Vater beschützen? Muss er mich nicht viel eher vor dir in Schutz nehmen?“ Beth schnaubte abfällig.
„Ich befürchte, dass dein Vater seine Aggression mir gegenüber nicht mehr lange wird beherrschen können.“ Unnachgiebig verstärkte er seinen Griff. „Bevor die Situation eskaliert, möchte ich dich in Sicherheit bringen.“
„Du hättest ja auch ein wenig freundlicher zu ihm sein können“, wandte Bethany ein. Aufgebracht riss sie sich von ihm los.
„Jetzt bin ich schuld, dass deine Mutter alkoholabhängig ist und dein Dad sie wie Dreck behandelt?“
Beth ging ins Treppenhaus, damit ihre Eltern den Streit nicht mitanhörten. „Er reagiert nur so hitzig, weil er sich hilflos gegenüber Moms Sucht fühlt.“
„Nein, Mantis hasst Blanche dafür, dass sie labil ist, weil sie eine Gefahr für ihn und seine inszenierte Welt darstellt.“
„Wag es ja nicht, so über meine Eltern zu reden!“, rief Bethany und rannte die Treppe hoch. Sie warf die Wohnungstür hinter sich zu und steckte ihren Schlüssel ins Schloss, damit Kade ihr nicht folgen konnte. Aber er versuchte es nicht einmal, sondern verließ das Haus.
Bethany fragte sich, wie sie mit der Tatsache umgehen sollte, dass Kade sie ständig anlog. Denn dass er schon wieder geflunkert hatte, lag klar auf der Hand. In seinem Ring, den sie auf dem Nachttisch im Sheraton Hotel gefunden hatte, standen die Initialen K.N. und nicht K.V.
Alles an Kade war mysteriös, aber auch ihre Eltern verhielten sich immer merkwürdiger. Hatte das seltsame Verhalten womöglich etwas mit Bethanys Geburt zu tun? Hatte Kade zufällig in eine offene Wunde gestoßen oder wusste er womöglich mehr? Nein, das konnte unmöglich der Fall sein! Oder doch?
In den kommenden Tagen ging Beth ihren Eltern aus dem Weg, und Kade meldete sich ohnehin nicht, sodass sie sich erst gar keine Ausrede für ihn auszudenken brauchte.
Da man ihr auf dem Amt mit großem Bedauern mitteilte, dass ihre Geburtsurkunde verschwunden sei – „Das ist uns noch nie passiert. Ein absoluter Einzelfall. Wir werden sofort Nachforschungen anstellen, können Ihnen aber nichts versprechen.“ – und sie weder ihre Mutter noch ihren Vater auf eine Kopie ansprechen wollte, suchte sie die Bibliothek der Boston University auf, um heimlich zu recherchieren.
An ihrem heimischen Laptop wollte sie nicht arbeiten, weil es gut möglich war, dass Kade das Notebook regelmäßig überprüfte. Sollte er tatsächlich ihr Mobiltelefon gehackt haben, hatte er sehr wahrscheinlich auch ihr Laptop präpariert.
Aaron wollte sie nicht mit ihren Fragen belästigen, denn er untersuchte ja bereits ihr Handy und Kades Fingerabdrücke auf dem Sektglas.
Außerdem war es an der Zeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Sie wusste nicht mehr, wem sie noch trauen konnte, wenn selbst ihre Eltern ihr immer suspekter wurden und sich Daryl vor Eifersucht und Kränkung in ein Monster verwandelt hatte.
Bethany blickte sich in der Bibliothek um, als befürchte sie, Kade könnte ihr gefolgt sein, plötzlich hinter ihrem Rücken auftauchen und sehen, welche Begriffe sie in diverse Suchmaschinen eingab. Aber das geschah nicht.
„Los geht‘s“, murmelte Beth aufmunternd. Sie holte einen Notizblock und einen Kugelschreiber aus ihrer Aktentasche und legte beides neben die Tastatur, obwohl sie natürlich auch Ausdrucke machen konnte. Ihre Finger fühlten sich wie elektrisiert an. „Fangen wir mit Maternity Help an.“
Es würde leicht werden, Informationen über den Betrieb zu sammeln, hatte sie gedacht. Umso erstaunter war sie, dass Google keinen einzigen Eintrag fand. Sie
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