Opfer der Lust
erwartungsvoll vor sie hin. Bethany kraulte ihn ausgiebig hinter seinen Ohren, was er besonders gern mochte. Zufrieden legte er sich unter den Tisch in der Essecke.
„Wollt ihr wirklich grillen?“ Skeptisch schaute Beth aus dem Wohnzimmerfenster. Dicke Regentropfen trommelten gegen die Glasscheibe. Schwere graue Wolken verhängten den Himmel und ließen erahnen, dass das Wetter an diesem Sonntag nicht aufklaren würde.
„Wir haben euch zum Barbecue eingeladen, also ziehen wir das auch durch.“ Freundschaftlich klopfte ihr Dad Kade auf die Schulter, sodass beinahe der Rotwein aus Kades Weinglas geschwappt wäre. „Grillen ist Männersache. Kommen Sie. Ich habe den Grill unter den Balkon gestellt. Dort steht er trocken und wir auch.“
Kade hob argwöhnisch seine Augenbrauen und sah Bethany an. Sie zuckte mit den Achseln. Widerwillig folgte er Mantis hinaus in den Garten.
Lazy hob kurz den Kopf und sah den beiden Männern nach. Doch er machte seinem Namen alle Ehre, legte sich wieder hin und döste faul weiter.
Während Beth mit ihrer Mom den Tisch deckte, fragte sie: „Was habt ihr vor?“
„Wir möchten nur deinen neuen Freund kennenlernen.“ Blanche wich ihrem Blick aus.
Wenn Beth die Chance dazu gehabt hätte, hätte sie dieses Barbecue auf jeden Fall verhindert. Aber ihr Dad hatte sie Anfang der Woche im Hausflur abgefangen und Kade persönlich eingeladen. Noch immer grübelte sie darüber nach, weshalb Kade die Einladung angenommen hatte. Er konnte ihren Vater nicht leiden, das hatte er mehr als einmal deutlich gemacht. Und auch ihren Eltern nahm sie die 180-Grad-Wendung nicht ab.
Sie sollte recht behalten. Während des Essens belauerten sich Kade und Mantis. Blanche wurde nicht müde, Kade Rotwein nachzuschenken, obwohl er mittlerweile hauptsächlich auf Mineralwasser umgestiegen war und lediglich hin und wieder aus Höflichkeit am Wein nippte. Auf der anderen Seite war Beth froh, denn wenn Kade die Flasche leer trank, konnte ihre Mutter den Rest nicht durch ihre Kehle entsorgen.
„Was sagten Sie, machen Sie beruflich?“, fragte Mantis beiläufig, als sie alle am Tisch saßen, und biss herzhaft in seinen Burger.
Kade nahm einen Schluck Wein und leerte gleich danach sein Wasserglas zur Hälfte. „Erinnern Sie sich nicht? Ich studiere Medizin im letzten Semester.“
„Ach ja, natürlich“, sagte Mantis wenig glaubhaft.
Bethany verdrehte die Augen, aber ihr Vater ignorierte es einfach. Sie ärgerte sich über ihre Eltern. Ihr Dad führte offensichtlich unter dem Deckmantel einer Einladung zum Lunch ein Verhör durch und ihre Mom versuchte, Kade mit Wein abzufüllen, um seine Zunge zu lockern. Doch so leicht ließ sich ein gewitzter Mann wie er nicht aufs Glatteis führen.
„Auf welches Gebiet möchten Sie sich spezialisieren?“, wollte Mantis wissen.
Aufgewühlt legte Beth ihre Hand auf Kades Oberschenkel, da sie befürchtete, er könnte das Thema ‚Gerichtsmedizin‘ ins Spiel bringen und sie zwingen, ihren Eltern ihre Ziele zu erläutern, wodurch Streit vorprogrammiert gewesen wäre.
Doch er antwortete: „Pädiatrie“, worauf sie ihre Hand erleichtert wegnahm.
„Kinderheilkunde?“ Blanche riss erstaunt ihre Augen auf. Hatte sie eben noch die Weinflasche angehoben, um Kade einzuschenken, so stellte sie die Flasche nun geräuschvoll auf den Tisch.
Auch Beth sah Kade verdutzt an. Wie kam er denn auf die Idee zu behaupten, er wolle Kinderarzt werden? War ihm das spontan eingefallen? Möglicherweise wollte er mit dieser Behauptung Sympathiepunkte sammeln.
Und er war erfolgreich damit, denn Blanches Gesicht strahlte mit einem Mal. „Ein wirklich toller Job. Was gibt es Schöneres als lachende Kinderaugen? Wenn ich noch einmal jung wäre, würde ich einen Beruf ausüben wollen, der etwas mit Kindern zu tun hat, denn sie sind das Kostbarste auf unserer Welt. Vielleicht Sozialarbeiterin und Familien betreuen. So viele Eltern kümmern sich nicht um ihren Nachwuchs. Sie lassen ihn unbeaufsichtigt und plötzlich ist er versch…“
„Du bist aber nicht mehr jung und wirst es auch nie wieder sein“, fiel Mantis ihr mit einer wegwerfenden Geste ins Wort.
„Man sollte seine Kinder hüten wie einen Schatz.“ Kade nahm sein Weinglas, prostete Blanche zu, als wolle er sich mit ihr verbrüdern, und trank. „Sie haben eben das Herz einer Mutter.“
Blanche wurde puterrot und wirkte mit einem Mal verunsichert. Sie klappte ihren Burger auf und entfernte die Gurkenscheiben, um sie gleich
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