Opfer der Lust
sagte Kade beiläufig und ignorierte Beths erstaunte Miene. „Deiner ist zwar zeitlos, aber eine hübsche Frau wie du sollte modische Kleidung tragen, die ihre Schönheit unterstreicht.“
Bethany war sprachlos. Der Erpresser wollte seinem Opfer ein Geschenk machen? Das war bizarr. Außerdem störte sie das Wörtchen ‚beizeiten‘. Das ließ nicht darauf schließen, dass dies ihr letztes Treffen sein würde.
Betreten schwieg sie.
Die Flammen der Teelichter, die auf den fünf Armen eines Miniatur-Kandelabers standen, flackerten, als Bethany Platz nahm. Ihre Handtasche hängte sie über die Rückenlehne ihres Stuhls.
„Hallo, mein Name ist Christian. Ich bin Ihr Kellner für den heutigen Abend. Was darf ich Ihnen bringen?“, fragte die männliche Bedienung.
Während Kade ein Steak bestellte, orderte Beth nur einen gemischten Salat mit Putenstreifen. Mehr würde sie sowieso nicht herunterbekommen. Sie war viel zu aufgeregt.
„Zu Steak gehört unbedingt Rotwein, daher nehme ich ein Glas 93er Eloge Napa Valley, bitte“, geräuschvoll klappte Kade die Weinkarte zu, „und einen 98er Chardonnay El Dorado für die Dame.“
Der Kellner bedankte sich und ging.
„Gut siehst du aus“, sagte Kade zu Beth und lächelte.
Hatte er denn nicht gemerkt, dass sie bei der Weinbestellung kreidebleich geworden war?
Beth war unfähig etwas zu erwidern. Die Weinsorte Chardonnay El Dorado kreiste in ihrem Kopf herum und ermöglichte kaum einen klaren Gedanken.
Ihr Vater hatte ihr zwei Flaschen dieser Sorte zu Weihnachten geschenkt. Sie lagen im untersten Fach ihres Kühlschranks, damit sie immer passend temperiert waren, sollte Beth den plötzlichen Wunsch verspüren, ein Glas davon zu genießen. Doch bisher hatte sie auf den richtigen Moment gewartet. Sie wollte den köstlichen Wein, der schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, nicht einfach so verschwenden – denn auch ihre Flaschen stammten aus dem Jahr 1998.
War es ein Zufall, dass Kade ausgerechnet diesen Wein bestellt hatte? Er konnte unmöglich von Mantis‘ Geschenk wissen. Es sei denn … Konnte er in ihre Wohnung eingebrochen sein?
Nachdem Christian den Wein gebracht hatte, hob Kade sein Glas, um mit Bethany anzustoßen, doch sie hob ihr Glas einfach an ihre Lippen und trank es hastig halb leer.
Kade runzelte erstaunt seine Stirn und Beth bereute ihre Eile. Der Alkohol entspannte zwar ihre Glieder, ihr Magen jedoch beschwerte sich. Sie war froh, als der Kellner etwas Weißbrot und Butter servierte. Ungeniert griff sie zu, damit ihr nicht übel wurde.
„Du scheint einen großen Appetit zu haben.“ Kade stellte sein Glas ab und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Und Durst noch dazu. Geben deine Eltern dir nicht genug zu essen?“
„Meine Eltern?“
„Blanche kocht doch für dich mit, ist es nicht so?“
„Woher weißt du das?“ Völlig perplex legte Beth das Brotmesser hin. „Woher kennst du den Namen meiner Mutter?“
Er schmunzelte. „Ich weiß so einiges über dich, Beth.“
„Spionierst du mir nach?“
„Es ist nicht schwer, etwas über einen Menschen in Erfahrung zu bringen, wenn man es wirklich will.“
Sie hatte das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen, um nicht wie ein unmündiges Kind zu wirken. „Meine Mom kocht nur ab und zu für mich, nicht täglich. Ich habe meinen eigenen Haushalt und esse sowieso oft in der Mensa.“
Sie kniff die Lippen zusammen, denn sie wollte ihm nichts über sich erzählen, doch das brauchte sie offenbar auch gar nicht, denn er sprach nachdenklich: „Du studierst Medizin an der Boston University. Weil du Menschen helfen willst oder weil du denkst, dass Ärzte viel Geld verdienen oder gar wegen der Reputation?“
„Natürlich um zu helfen“, antwortete sie empört. „Alles andere wäre Illusion.“
Er fragte provokant. „Und das soll ich dir glauben?“
„Du kennst mich offensichtlich doch nicht so gut, wie du meinst“, entgegnete sie spitz.
Kade lächelte anerkennend, da Beth diesen Schlagabtausch gewonnen hatte. Er lehnte sich nach vorne, legte die Unterarme auf dem Tisch ab und begann beinahe abwesend, den Stiel seines Weinglases zwischen seinen Fingern hin und her zu drehen.
„Verstehst du dich gut mit deinen Eltern?“, wollte er wissen, wobei er sie nicht ansah, sondern die in seinem Glas rotierende Flüssigkeit beobachtete.
Bethany fühlte sich unwohl. Sie verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und sagte unwirsch: „Ist das ein Verhör?“
Abrupt schaute er vom Weinglas auf. Sein
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