Opfer der Lust
bei mir willkommen, als Freund, meine ich. Und jetzt lass uns wieder ins Haus zurückgehen. Mir ist bitterkalt.“ Sie zwang sich zu lächeln und beeilte sich durch die Terrassentür ins Schlafzimmer zu kommen.
Lazy folgte ihr auf dem Fuße.
Als die Wärme des Hauses sie wieder umschmeichelte, fiel ihr auf, dass Daryl kein einziges Mal von Liebe gesprochen hatte. Und sie auch nicht.
Bethany sah sich nach ihm um. Er stand mit dem Rücken zu ihr im Garten und starrte Löcher in die Luft. Offensichtlich brauchte er etwas Zeit, um seine Gedanken zu ordnen.
Die Tür zum Wohnzimmer stand offen. Kade und ihr Vater standen sich wie zwei Streithähne gegenüber, doch während Kade lässig seine Hände in die Hosentaschen gesteckt hatte, gestikulierte Mantis heftig.
„Ab sofort wirst du auf dem Campus einen großen Bogen um Bethany machen“, grollte ihr Dad. „Du wirst sie nicht anrufen und ihre Anrufe nicht entgegennehmen. Habe ich mich klar ausgedrückt? Beth kommt auch ohne deine Hilfe durchs Studium. Sie braucht dich nicht, denn sie hat Daryl.“
„Niemand kann mich von ihr fernhalten!“
„Gegen mich kannst du nicht gewinnen. Du weißt nicht, mit wem du es zu tun hast.“
„Rein zufällig weiß ich das ganz genau.“ Kades Stimme klang ruhig, jedoch bestimmt. „Aber Sie haben nicht die leiseste Ahnung, wer ich bin, und ich kann Ihnen versichern, dass ich ebenfalls mit scharfer Munition schieße.“
Bethany war auf der einen Seite erzürnt, weil die beiden Männer über sie bestimmen wollten. Auf der anderen Seite war sie von Kades Selbstsicherheit und Kampfgeist beeindruckt, etwas, das sie bei ihren Freunden, allen voran Aaron, immer vermisst hatte. Er bot ihrem Vater die Stirn.
„Wollen Sie mir drohen?“ Mantis ballte seine Hand zur Faust und hielt sie ihm vors Gesicht.
Kade lächelte müde. „Das habe ich gar nicht nötig. Beth gehört von jetzt ab zu mir. Sie will zu mir gehören, was ich als Pluspunkt für mich verbuchen kann.“
Nun wurde ihr, die lauschend im Schlafzimmer stand, mulmig. Das hörte sich ja beinahe so an, als hätte Kade sie nur umgarnt, um sie auf seine Seite zu ziehen. Aber vermutlich interpretierte sie zu viel in seine Aussage hinein. Es war ein anstrengender Tag gewesen.
Da Lazy keine Lust mehr hatte, auf Beth zu warten, lief er zu den beiden Männern, und Beth war gezwungen hinterherzueilen, damit nicht auffiel, dass sie die hitzige Diskussion heimlich mitgehört hatte.
In diesem Moment kam ihre Mutter aus dem Bad. Sie war in sich gekehrt und beachtete weder Beth, Mantis und Kade noch Lazy, der ihr mit heraushängender Zunge ins Schlafzimmer hinterherlief.
„Ich muss nach deiner Mom schauen. Sie steht wieder einmal völlig neben sich.“ Mantis eilte zu Blanche ins Schlafzimmer und schloss die Zimmertür bis auf einen Spalt.
Bethany ahnte, dass er sie und Kade beobachtete. „Was für ein Chaos!“
„Ist alles okay?“, wollte Kade wissen und legte seine Hand an ihren Hals. Mit den Fingerspitzen kraulte er ihren Nacken.
„Ich habe die Beziehung mit Daryl beendet.“
„Bist du sicher –“
Sie fuhr ihm über den Mund, denn sie konnte nicht zulassen, dass er sie durch Nachfragen verunsicherte und sie am Ende ihren Schritt vielleicht bereute. „Wir waren schon lange kein richtiges Paar mehr. Die Liebe ist auf der Strecke geblieben. Du hast nichts mit meiner Entscheidung zu tun.“
Das war zwar gelogen, aber auch ohne Kade hätten sie und Daryl keine Chance mehr gehabt. Kade hatte ihr lediglich die Augen geöffnet.
Aber sie musste sich eingestehen, dass sie Gefühle für Kade entwickelt hatte, die ihr gefährlich werden konnten. Und dass er für sie immer noch ein einziges Mysterium war.
Er küsste sie auf die Stirn. „Ich benutze mal eben das Bad.“
„Kannst du nicht oben bei mir aufs WC gehen? Ich muss hier raus.“
„Es dauert nicht lange“, versprach er und verschwand in der Toilette.
Bethany hörte ein gequältes Stöhnen. Kam es von ihrer Mutter? Ging es ihr nervlich so schlecht, dass sie körperlich litt?
Besorgt trat sie ins Schlafzimmer. Ihre Mom lag mit einem feuchten Waschlappen über ihren Augen auf dem Bett.
Doch gerade als sich Beth zu ihr setzen wollte, hörte sie gedämpfte Stimmen aus dem Garten.
Sie schlich zur Terrassentür, versteckte sich hinter dem Vorhang, einem Seidenschal aus blickdichtem Taft, und lauschte. Auch ohne etwas zu sehen, wusste sie, dass Daryl mit ihrem Vater heftig diskutierte.
„Bieg das wieder hin,
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