Opfer
dachte er verbittert. Eine große, schmutzige Datei im Kopf von dem Schwein, der nicht gehackt und wo nichts gelöscht werden kann.
Als Damon das letzte Mal versucht hatte, sich Rivetts Einfluss zu entziehen, hatte er ihm etwas gezeigt, was er ein Andenken an den kurzen, glücklichen Abend im Albert Hotel nannte. Ein Montierhebel, an dem etwas klebte. Schwarze Haare und geronnenes Blut. »Ihr größter Auftritt«, hatte er gesagt. »Weißt du noch? Schade, dass sie mir Probleme machen musste …«
Also gehorchte Damon und kopierte die Dateien des Privatdetektivs auf ein Stück Plastik und Metall, das daraufhin in den Tiefen von Rivetts Lammfellmantel verschwand.
»Besten Dank, Damon.« Der Alte stand auf. »Ich guck morgen so zur gleichen Zeit noch mal rein.« Er ging zur Tür, blieb stehen und lehnte sich an den Rahmen. Seine dunklen Augen funkelten, als er den blassen Damon musterte. »Was ist denn mit dir los, Junge, du bist ja ganz grün. Leg dich lieber mal ’neRunde hin. Heute Abend musst du fit sein.« Er zwinkerte. »Wenn du wieder die Augen für mich aufhältst …«
Damon rang sich ein Lächeln ab und betete, dass sein Magen standhalten würde, bis Rivett durch die Tür war. Als die endlich zuschlug, hechtete er zum Aktenschrank und riss die unterste Schublade auf.
Die, in der er den Wodka versteckte.
28
WOLF
März 1984
»Da kommt er.« DS Andrew Kidd reichte Rivett das Fernglas. »Nach Hause zu Frauchen wie ein braver, kleiner Welpe.«
Rivett schaute durch das Rückfenster des Lieferwagens, aus dem Kidd und sein Partner DS Jason Blackburn Wolf observierten. Sie waren als Maler getarnt: farbverschmierte Overalls, Leitern auf dem Dachträger, ein überquellender Aschenbecher, auf Seite 3 aufgeschlagene Boulevardblätter und Fast-Food-Verpackungen.
»Die Wölfin«, fügte Blackburn hinzu, als das Röhren der Norton-Maschine die Gardine im ersten Stock zur Seite rutschen ließ und hinter der Scheibe ein Gesicht auftauchte. »Sieht eigentlich aus wie Vera Duckworth, oder?«
»Lass dich davon nicht täuschen«, mahnte Kidd. »Die haben hundertprozentig ihren Vorrat hier.«
Wolf schaltete den Motor ab, trat den Ständer herunter und stieg vom Motorrad. Während er den Kinngurt seines Halbschalenhelms öffnete, ließ er den Blick von links nach rechts über die flache Wohnblock-Siedlung schweifen. Als er seine Mutter sah, hob er die Hand, dann sah er sich noch einmal auf dem Parkplatz um.
Die drei Männer duckten sich kurz, als er in ihre Richtung schaute, und beobachteten, wie er etwas aus der Packtasche seines Motorrads holte. Ein Paket, eingewickelt in eine Plastiktüte.
»Das macht er die ganze Woche schon«, erklärte Kidd. »Sonst hält er nirgends, und er geht mit dem Paket nur in das Haus hier. Da sind entweder Drogen oder Geld drin.«
Wolf nahm den Helm ab und strich sich durch die wilde, graue Mähne. Er drehte langsam den Kopf und suchte noch mal in einer Hundertachtzig-Grad-Drehung seine Umgebung ab, bevor er ins seitliche Treppenhaus ging.
»Man sieht, woher er den Blick hat«, sagte Rivett, als auf dem Laubengang im ersten Stock das Licht anging, Wolf wieder auftauchte und auf seine Mutter zuging, die jetzt selbst mit zusammengekniffenen Augen in der Tür stand und sich misstrauisch nach allen Seiten umsah. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter, drückte ihm einen Kuss auf die bärtige Wange und verschwand mit ihm nach drinnen.
»Er geht da oben pennen«, erklärte Kidd. »Fährt meistens erst wieder spät am Morgen los. Wenn er geht, hat er nichts dabei, soweit man das sehen kann. Wir nehmen an, sie macht ihm die Tütchen fertig, die er dann in seiner Lederkluft versteckt.«
»Mutterliebe. Wie rührend«, sagte Rivett.
»Tja«, erwiderte Kidd. »Aber wem würdest du an seiner Stelle eher trauen? Der alten Wölfin oder den verflohten Halbstarken, mit denen er sonst rumläuft?«
»Gute Arbeit.« Rivett lächelte seine Lehrlinge an. »Ihr habt euch ’nen Durchsuchungsbefehl verdient.« Er zog das Dokument aus der Tasche.
»Sollen wir gleich reingehen?«, fragte Kidd.
»Nichts überstürzen«, erwiderte Rivett. »Gönnen wir uns doch den Spaß und warten, bis sie es sich gemütlich gemacht haben.«
*
Während seine Gehilfen bei der Wölfin klingeln gingen, spazierte Rivett um das Gebäude herum. Von den Fenstern der Wohnung waren es nur gut drei Meter nach unten, und er fragte sich, ob Wolf es darauf ankommen lassen würde.
Die Fläche hinter dem Gebäude war als Garten
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