Opfere dich
Horde Jugendlicher überfallen wurde?“
„Tagelang wurde sie gedemütigt und misshandelt.“ Storm erinnerte sich allzu gut. Alle waren schockiert gewesen. „Die Kids hatten ihr Urin über den Kopf gegossen und ihren Sittich bei lebendigem Leib angezündet.“
„Zuerst haben wir etwas Ähnliches vermutet, weil Mrs. Priest bettlägerig und somit wehrlos ist, aber hier stimmt etwas nicht. Seht selbst.“ Patterson deutete auf einen Weg, der am linken Flügel vorbeiführte. „Die Kollegen von der Soko und der Spurensicherung sind unterwegs. Der Krankenwagen steht im Garten auf der Rückseite der Villa. Wir wollten nicht durch die Eingangstür gehen, um den Tatort der Tiermisshandlung nicht zu kontaminieren. Die Sanitäter bringen Philomena Priest durch die Terrassentür heraus. Geht einfach links vorbei. Es gibt kein Gartentor.“
Storm und Malcolm gingen seitlich an der Villa vorbei und folgten den Wagenspuren, die sich tief ins Gras gedrückt hatten, in den Garten. Vor der erhöhten Terrasse parkte der Ambulanzwagen. Die Sanitäter brachten gerade Mrs. Priest auf einer Trage heraus. Sie jammerte, als sie die Treppenstufen heruntergetragen wurde, als würden die leichten Erschütterungen ihr Schmerzen bereiten. Ihre Augen waren verklärt und gerötet. Sie zitterte. Dann und wann verzerrte sich ihre Miene zu einer Fratze, und sie hielt ihren Bauch, als hätte sie Magenkrämpfe. Fast alle Haare waren ihr ausgefallen, nur vereinzelt waren noch weiße Büschel vorhanden. Sie war eine große Frau, schlank, aber stabil gebaut. Ihre ehemals kräftigen Hände krallten sich an den Gurten fest, mit denen sie auf der Liege festgezurrt war.
Storm fielen ihre Fingernägel ins Auge, sie waren lackiert, die Nagelbetten gepflegt. „Sieht aus, als wollte da jemand den schönen Schein wahren.“
„Sie kann ihre Nägel unmöglich selbst lackiert haben“, meinte Malcolm. „Dafür ist ihr Allgemeinzustand zu schlecht.“
Patterson tauchte auf der Terrasse auf. „Wohnt sonst noch jemand hier?“, fragte Storm ihn.
„Bisher haben wir noch keinen Hinweis darauf gefunden. Sie scheint keinen Lebenspartner zu haben“, antwortete er und winkte sie herbei.
Storm stieg die Stufen empor und trat ins Wohnzimmer. „Irgendjemand hat sich um ihre Fingernägel gekümmert, um sie hübsch zu machen, jemand, der Mrs. Priest nahestand und dem sie am Herzen lag.“
„Aber das Verhältnis kann nicht innig gewesen sein“, warf Malcolm ein, „sonst hätte diese Person die arme, verwirrte Philomena ins Krankenhaus gebracht.“
Storm schüttelte den Kopf. „Das passt nicht zusammen.“
„Wobei wir wieder beim Thema Zwiespältigkeit wären“, meinte er, schritt hinter Patterson her in den Flur, von dem aus eine Treppe in die beiden oberen Stockwerke führte. Abrupt blieb er stehen und zeigte auf eingerahmte Urkunden, die die Wände zierten. „Unternehmerin des Jahres 2001. Sie muss vor ihrer Krankheit eine erfolgreiche Geschäftsfrau gewesen sein.“
„Alle Opfer des Wachsmörders waren erfolgreich in ihren Berufen“, sagte Patterson über seine Schulter hinweg, ohne stehen zu bleiben. Am oberen Treppenabsatz drehte er sich um und wartete auf seine Kollegen. Sie stiegen die Treppe hinauf und sahen sich als Erstes im Schlafzimmer der Dreiundsechzigjährigen um, wo die beiden Officer sie entdeckt hatten.
„Hier vegetierte sie vor sich hin. Sie muss schon lange zu schwach gewesen sein, um aufzustehen. Sie war ziemlich durch den Wind, denn als wir hereinkamen, wiederholte sie immer wieder den Satz: ‚Komm, hab Mommy ein bisschen lieb.‘ Und, fällt euch etwas Entscheidendes auf?“, fragte Patterson und sprach weiter, ohne auf eine Antwort zu warten: „Es fehlen Medikamente. Bei bettlägerigen Patienten stehen sie meist in der Nähe des Bettes. Ich habe schon in den zahlreichen Badezimmern und in der Küche nachgeschaut. Fehlanzeige.“
Erstaunt hob Malcolm seine Augenbrauen. „Da will wohl jemand verhindern, dass Philomena wieder gesund wird.“
„Es stehen acht Bilderrahmen herum, und auf allen sind Chihuahuas zu sehen.“ Bobby zeigte auf die Kommode hinter Storm. „Keine Familienmitglieder, Verwandte oder Freunde.“
„Und somit auch keine Tochter und kein Sohn, die Mommy ein bisschen liebhaben könnten.“ Storm wandte sich um, nahm einen goldenen Bilderrahmen von der Kommode und betrachtete das Foto darin genauer. „Die Hunde tragen rosa Herzen an den Halsbändern. Auf den Herzen stehen ihre Namen. Es handelt sich
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