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Opfere dich

Opfere dich

Titel: Opfere dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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Statur wie Mrs. Priest. Auch ihre Nasen gleichen sich. Wahrscheinlich ist er ihr Sohn. Attraktiv, kann seiner Mutter aber nicht das Wasser reichen, sonst würde er auf gleicher Höhe mit ihr stehen.“ Malcolms analytische Stimme bekam etwas ungewohnt Schrilles. Obwohl er sich bemühte, gelassen zu wirken, brannte ein Feuer in seinen Augen, das Storm nicht unbemerkt blieb. Auch er hatte Lunte gerochen. „Der Mann könnte in das Profil des Killers passen.“
    Patterson zeigte aufgeregt auf die Haare von Mrs. Priest, ohne die Fotografie tatsächlich zu berühren und Fingerabdrücke zu hinterlassen. „Und du, Storm, würdest doch in das Beuteschema des Wachsmörders passen, denn früher war Mommy braunhaarig, genauso wie du.“

19.
    Storm musste dringend auf die Toilette, aber in der Villa von Philomena Priest durfte sie keinesfalls gehen, weil das Haus als Tatort galt. In Romanen und Filmen musste ein Cop immer nur aufs WC, wenn er dort laut Autor oder Regisseur auf einen Hinweis stoßen sollte, der den Fall voranbrachte. In Wahrheit meldeten sich jedoch menschliche Bedürfnisse in den unmöglichsten Situationen. Draußen regnete es in Strömen, aber auch bei Sonnenschein hätte Storm es nicht gewagt, im Park ein Gebüsch aufzusuchen. Deshalb war sie froh, dass Officer Benhurst sie abgeholt und zu den Nachbarn gebracht hatte, damit sie sich anhörte, was Katie Sherford zu sagen hatte, eine Exfreundin von Philomena Priests Sohn. Mittlerweile wusste Storm, dass sein Name Darragh war.
    Grübelnd schloss Storm wenig später die Tür von Sherfords Gäste-WC. Konnte es sein, dass Darragh von seiner Mutter missbraucht worden war? Wählte er deshalb weißblonde Opfer aus? Seriensexualtäter suchten sich meist Opfer aus, die ihren Peinigern ähnlich sahen, um ihnen im übertragenen Sinn ihr Leid heimzuzahlen. Aber der Wachsmörder entführte ausschließlich blonde Frauen, und Philomena Priest musste zum Zeitpunkt des erstmaligen Missbrauchs – falls er denn stattgefunden hatte – braunhaarig gewesen war. Ließ das nicht die Vermutung zu, dass er immer noch von ihr missbraucht wurde? Zumindest vor ihrer Krankheit. Wie schwach musste jemand sein, der den Missbrauch als Erwachsener immer noch zuließ? Oder stimmte ihre Theorie gar nicht?
    „Vielleicht ist er damit aufgewachsen, dass Mom ihm ihre Zuneigung auf andere Weise zeigte, als es Mütter sonst für gewöhnlich bei ihren Kindern taten“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild, nachdem sie sich ihre Hände gewaschen hatte. „Konditioniert. Er kann sich nicht wehren, weil es ein Teil seines Lebens ist.“
    „Komm, hab Mommy ein bisschen lieb.“ War damit doch nicht ihr Chihuahua gemeint? Wie frustrierend musste es sein, gegen Schoßhündchen zu konkurrieren und immer wieder zu verlieren? Immerhin hatte Philomena acht Hunde besessen. Wenn man ihre Wohnung betrachtete, blieb nicht viel Platz für ein Kind. Möglicherweise war, wenn es sich wirklich um Missbrauch handelte, der Sex mit seiner Mutter die einzige Aufmerksamkeit, die Darragh bekam. Er wusste, dass es falsch war, aber er wehrte sich nicht, weil Mommy ihm nur auf diese Weise ihre Liebe zeigte. Sein Hass ihr gegenüber äußerte sich dann in der Gewalt gegen fremde Frauen. Und gegen den Hund.
    Storm trocknete ihre Hände ab. Bisher waren das alles nur Hypothesen. Nun galt es, Beweise dafür zu finden. Eventuell konnte auch die Befragung von Katie Sherford als direkter Nachbarin Klarheit bringen.
    Ms. Sherford besaß ein klassisch englisches Aussehen. Rotblonde Haare, Sommersprossen und eine Twiggy-Figur, die die Enddreißigerin um einiges jünger aussehen ließ, als sie war. Trotz nasskalten Frühjahrswetters trug sie ein pflaumenfarbenes Wickelkleid, das ihre zarte Statur betonte. Sie war gerade auf Besuch bei ihren Eltern, wie sie behauptete. Storm jedoch vermutete, dass Katie wieder ins Elternhaus gezogen war, weil ihre einjährige Ehe gerade in die Brüche gegangen war, wie sie bereitwillig erzählte, obwohl es nichts mit der Familie Priest zu tun hatte. Oder doch?
    Sie empfing Storm gemeinsam mit ihrer Mutter Abigail im Wintergarten. Der Regen trommelte auf das Glasdach, aber die beiden Sherford-Frauen ignorierten den Lärm einfach. Storm versuchte erst gar nicht, das Alter von Abigail zu schätzen, weil sie eindeutig geliftet war und ihre Haare pechschwarz färbte. Benhurst hatte es sich schon in einem der großen Korbsessel bequem gemacht. Er schenkte ihr ein Lächeln, als sie sich neben ihn setzte.
    „Darragh

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