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Opfere dich

Opfere dich

Titel: Opfere dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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mehr als jeder andere, dass ich sehr phantasievoll bin.“
    „Perverser Kerl“, schrie sie, aber der Knebel schluckte das Wort. Sie hasste es, ihren Namen aus seinem Mund zu hören. Es widerte sie an. Einen Moment war der Wunsch übermächtig, ihre Füße kraftvoll in sein Gesicht zu rammen. Doch die Chance, ihn damit auszuknocken, war gering, und seine Rache würde auf dem Fuß folgen, daher hielt sie sich zurück.
    Und sie tat gut daran, denn er griff an seinen Gürtel und zog ein Messer aus dem ledernen Gürtelhalfter, das Storm erst jetzt bemerkte. Provozierend hielt er es hoch und betrachtete die Klinge. Dann sah er Storm an. Sein Lächeln verschwand. Er drückte mahnend die Klinge mit der Breitseite an Storms Wange, die Spitze zeigte auf ihr Auge. Ängstlich nestelte Storm an dem Kabel, mit dem ihre Handgelenke zusammengebunden waren, aber der Knoten ließ sich nicht öffnen.
    „Du wirst mir keine Scherereien machen, hast du mich verstanden?“ Alle Freundlichkeit war aus seiner Stimme verschwunden. Er sprach jedes einzelne seiner Worte hart aus. Seine Miene war starr, eiskalt.
    Bevor sie antworten konnte, zog er die Klingenspitze über ihre Wange. Er ritzte die Haut unter ihrem Auge ein. Storm hielt sekundenlang die Luft an, bewegte sich jedoch nicht. Der Schnitt tat nicht sehr weh, ihr Kopfschmerz war viel schlimmer. Aber sie fürchtete sich davor, dass er die Spitze in ihr Auge stoßen würde, weil sie nicht die Angst zeigte, die er von ihr erwartete. Er erregte sich an der Furcht seiner Opfer, den Tränen, dem Entsetzen und dem Jammern. Als er das Video von Megan aufgenommen hatte, war sie in eine Trance gefallen, eine Schutzfunktion ihrer Seele. Das hatte ihm ganz und gar nicht gefallen. Durch ihre Entrücktheit hatte er nicht zum Höhepunkt kommen können. Er brauchte das Leid seiner Opfer, um glücklich zu sein.
    Storm nickte und sah ihm in die Augen, hin-und hergerissen, ob sie ihm das schwache Lämmchen vorspielen oder ihm zeigen sollte, dass sie eben nicht so war wie die anderen Frauen.
    Nun lächelte Darragh wieder. Er strich mit der Klingenspitze über ihren Hals hinunter und zog sie in immer kleiner werdenden Kreisen um die Brustwarze ihres linken Busens, erfreut, dass sich ihr Brustkorb immer heftiger hob und senkte. Er malte mit der Klinge unsichtbare Bilder auf ihren Unterleib, zeichnete eine Schlangenlinie auf ihren Schenkel und schnitt schließlich die Fußfessel auf.
    Storm stellte sich vor, wie sie ihre Beine um seinen Hals schlang und ihm das Genick brach. Aber sie hatte keine Ausbildung in einer Eliteeinheit genossen. Bei stinknormalen Detectives funktionierte so etwas nur in Actionfilmen.
    Er streichelte über das Hundehalsband, das sie trug. „Nett“, sagte Darragh spöttisch. Er folgte mit der Hand der Leine und kappte sie. Rasch wickelte er die Leine um seine Hand, damit Storm wenig Spielraum hatte. Er zog ihr Gesicht nah an seins heran und zeichnete mit der Klingenspitze ihre Lippen nach. Sein Atem roch süßlich, seine Hand metallisch. Nach Blut? Oder spielte ihre Fantasie ihr einen Streich?
    Anstatt sie zu küssen, steckte er das Messer zurück in sein Halfter. Er erhob sich und zog Storm mit Hilfe der Leine auf die Beine. Dann ging er voran durchs Haus und zerrte sie grob mit sich.
    Als Darragh Storm in den Keller führte, war sie erstaunt. Bei der Durchsuchung des Kellers hatte sich nichts Auffälliges ergeben, und sie hatte gedacht, seine Dachgeschosswohnung wäre sein Refugium, aber da hatten sie alle falschgelegen. Er hatte keine Taschenlampe dabei, doch er bewegte sich durch die Dunkelheit, als könnte er wie eine Katze sehen. Unbeholfen tapste Storm hinter ihm her, weil sie vermeiden wollte, irgendwo dagegenzustoßen. Wenn sie ihm zu langsam war, zog er ruckartig an der Leine, so dass sie nach vorne gerissen wurde. Ihr Nacken tat bereits weh, aber die Kopfschmerzen waren weitaus schlimmer.
    Schließlich sah sie einen Lichtschein. Er kam aus dem hintersten Raum. Als sie an der Eingangstür standen, staunte Storm nicht schlecht. Das Licht strahlte aus einem Zimmer, das hinter diesem Raum lag. Es musste sich um eine Art Panic Room handeln, denn er sah aus wie ein moderner, hermetisch abgeriegelter Bunker. Alle Möbel waren aus Edelstahl und erweckten den Eindruck, dass man sich in einem Krankenhaus befand. Im Hintergrund machte sie einen viergeteilten Bildschirm aus, der wahrscheinlich zu einem Videoüberwachungssystem gehörte. Da war auch ein Belüftungsschacht. Hatte

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