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Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)

Titel: Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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auch sein Technikmuseum entsorgt worden.
    Zwar war sich Margot sicher, dass die Frage ihres Vaters auch den Versuch darstellte, wieder näheren Kontakt zu ihr und ihrem Leben zu bekommen, dennoch konnten seine Ideen vielleicht eine neue Perspektive in diesem vertrackten Fall aufzeigen. Sie erzählte ihrem Vater knapp, was der Stand der Dinge war.
    »Vier – und alle in derselben Studentenverbindung?«
    »Ja.«
    »Was für eine?«
    »Burschenschaft Ludovica.«
    »Ach, das sind alles Ludovicen? Oder waren es?«
    »Sagt dir die was?«
    »Äh. Ja. Sagt mir was.«
    »Wieso? Du hast doch in Frankfurt studiert.«
    »Ja.«
    Margot konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihr Vater gleich mit einer neuen Überraschung aufwarten würde. »Also?«
    »Die Ludovica ist eine befreundete Burschenschaft von den Alberaten in Frankfurt.«
    »Und wer sind die Alberaten?«
    »Das ist eine fakultativ schlagende Burschenschaft in Frankfurt. Zufällig die, der ich angehöre.«
    »Du bist ein Burschenschaftler?«
    »Ich bin Burschenschafter, ohne ›l‹. Mit ›l‹, das ist eine Beleidigung.«
    »Du hast mit anderen Studenten gefochten?«
    »Ja. Ich habe eine Mensur geschlagen.«
    »Und wo sind deine Schmisse?«
    »Ich habe keinen Schmiss, denn ich war gar nicht schlecht mit dem Korbschläger.«
    »Ich glaub’s nicht. Du warst bei so einem rechten Verein?«
    »Nein. Das waren und das sind sie nicht.«
    »Keiner der Vereine, die meinen, dass Österreich besser ein deutsches Bundesland wäre als ein eigenes Land?«
    »Margot, was soll das denn? Was hast du denn für ein Weltbild?«
    »Na, ich hab mich ein bisschen schlaugemacht. War das nicht der Dachverband ›Deutsche Burschenschaft‹, der wieder einen Ariernachweis für seine Mitglieder einführen wollte?«
    »Die ›Deutsche Burschenschaft‹. Ja. Der Verband ist ziemlich rechts, einige der Burschenschaften darin gehören wirklich ganz an den rechten Rand.«
    »Aber ihr nicht?«
    »Margot, nur weil es rechte Parteien gibt, heißt das doch nicht, dass alle Parteien rechts sind.«
    »Hm.«
    »Du wirst es nicht glauben, aber als ich in Frankfurt in der Verbindung war und dort zwei Jahre auf dem Verbindungshaus gelebt habe, das war eine Art Unterricht in Basisdemokratie.«
    »Das ist jetzt ein Witz, oder?«
    »Nein. Das ist kein Witz. Wir haben alle Dinge auf dem Haus in Eigenregie gemanagt, wie man heute sagt. Von der Bierkasse bis zum Putzdienst. War ja keine Putzfrau da, also mussten wir selbst ran. Und wir haben wirklich über jeden Mist abgestimmt. Zu einer Zeit, als sich das ganze Land erst sehr mühsam an die Demokratie gewöhnt hat.«
    »Aber ist das nicht eine korrupte Pöstchenschieberei – der Alten Herren untereinander oder gegenüber aktiven Studenten?«
    »Ich sehe das nicht anders, als es in jeder Art Verein auch ist: Wen du kennst, zu dem hast du eher Vertrauen. Das ist auch im Kleingartenverein der Fall. Oder im Sportverein.«
    »Nur dass es da keine Pöstchen zu schieben gibt.«
    »Ich sehe den Wert der Verbindung auf einer ganz anderen Ebene.«
    Jetzt war Margot gespannt.
    »Hast du dich mal gefragt, warum die Verbindungen die Achtundsechzigerzeit überstanden haben?«
    »Nein. Ich habe mich, offen gestanden, mit den Fechtern erst auseinandergesetzt, als wir drei davon tot rumliegen hatten.«
    Sebastian Rossberg ignorierte die Spitze. »Mein Vater war ein strenger Mann. Er gab mir die Möglichkeit, zu studieren. Aber er blies mir das Geld nicht – nun, hinten rein. Ich musste mit wenig haushalten. Und da war ich dankbar für das billige Zimmer auf dem Haus. Und für die Kameradschaft meiner Verbindungsbrüder.
    Ich musste das Fechten lernen. Und du glaubst gar nicht, wie anstrengend das ist. Es ist Sport – und solange du mit stumpfen Waffen und Schutz kämpfst, ist es genau das und nicht mehr. Dass ich meine Mensur geschlagen habe – man hat mich dazu nicht gezwungen. Ich weiß nicht, ob ich es heute genauso machen würde. Damals hielt ich es für eine gute Idee.«
    »Und was hat das jetzt mit den Achtundsechzigern zu tun?«
    »Es hat etwas damit zu tun, dass du, wenn du auf so einem Haus wohnst, eines ganz schnell begreifst: Wenn du die Ausgewogenheit zwischen der Leistung des Einzelnen und Gegenleistung der Gemeinschaft angetastet hättest, wäre die Gemeinschaft zerfallen. Oder, um es einfacher zu sagen: Wir waren eine Wohngemeinschaft, als es das Wort noch gar nicht gab. Und wir mussten unser Zusammenleben organisieren. Basisdemokratisch. Und mit der

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