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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Nicht genug für einen Lichtbogen. Aber die Dusche, die Badewanne, die Küche … Ich könnte ja mal an den FI-Schaltern herumspielen und dein Haus in einen großen elektrischen Stuhl verwandeln, Bernie … Und jetzt sprich mit mir.«

… Fünfundvierzig
    Fred Dellray ging eine Straße im East Village entlang, vorbei an einer Reihe Gardenien, vorbei an einem exklusiven Café, vorbei an einem Bekleidungsgeschäft.
    O Mann … Waren das gerade 325 Dollar für ein Hemd gewesen ? Anzug, Krawatte und Schuhe nicht inbegriffen?
    In den Schaufenstern hier standen komplizierte Espressomaschinen, überteuerte Kunstgegenstände und die Sorte Glitzerschuhe, die ein Mädchen um vier Uhr morgens verlieren würde, wenn es gerade auf dem Weg von einem obskuren Nachtklub zum nächsten war.
    Dellray musste daran denken, wie sehr das Village sich gewandelt hatte, seit er vor vielen Jahren zum FBI gegangen war.
    Veränderungen …
    Früher tobte hier das Leben, verrückt, ausgelassen und laut, lachend und übermütig. Die Liebespaare umschlangen sich oder schrien einander an oder schlenderten mürrisch nebeneinanderher, mitten im Trubel … immerzu, immerzu. Rund um die Uhr. Heutzutage wirkte und klang dieser Teil des East Village wie eine einfallslose Sitcom.
    Mann, hatte das Viertel sich verändert. Und es war nicht nur das Geld, nicht nur die abwesenden Blicke der Yuppies, die hier lebten, nicht nur der Kaffee in Pappbechern anstatt in angeschlagenen Porzellantassen …
    Nein, das war es nicht, was Dellray an jeder Ecke auffiel.
    Was er sah, waren diese beschissenen Mobiltelefone, die alle
mit sich herumtrugen und in die sie pausenlos hineinredeten oder SMS schrieben … und Herr im Himmel, hier vor ihm gingen zwei Touristen und ließen sich allen Ernstes per GPS zu einem Restaurant führen.
    Mitten im East Village.
    Das digitale Umfeld …
    Überall mehrten sich die Anzeichen, dass die Welt, sogar diese Welt – Dellrays Welt – sich in Tucker McDaniels Welt verwandelt hatte. Früher hätte Dellray sich für dieses Viertel verkleidet – als Obdachloser, Zuhälter, Dealer. Er war gut als Zuhälter und mochte die bunten Hemden, lila und grün. Nicht etwa, weil er Aufträge für die Sitte übernahm – das waren schließlich keine Bundesverbrechen – , sondern weil er wusste, wie man sich einfügte.
    Das Chamäleon.
    Er fügte sich in Orte wie diesen ein. Und das bedeutete, dass die Leute mit ihm redeten.
    Inzwischen jedoch gab es mehr Leute mit Telefon am Ohr als ohne. Und jedes einzelne dieser Telefone – je nach Neigung des Bundesrichters – konnte abgehört werden und Informationen preisgeben, für deren Beschaffung Dellray mehrere Tage benötigt hätte. Und sogar wenn sie nicht abgehört wurden, gab es offenbar dennoch Mittel und Wege, an zumindest einen Teil dieser Informationen zu gelangen.
    Aus der Luft, aus den Wolken.
    Vielleicht bin ich auch einfach zu empfindlich, dachte er, obwohl dieser Begriff eigentlich nicht zu Fred Dellrays Selbstverständnis gehörte. Nun konnte er das alteingesessene Carmella’s sehen, das einst durchaus ein Bordell gewesen sein mochte, mittlerweile aber eine Insel der Tradition darstellte. Er ging hinein, setzte sich an einen wackligen Tisch und bestellte einen gewöhnlichen Kaffee. Er wusste, dass auf der Karte auch Espresso, Cappuccino und Caffè Latte standen, aber das hatten sie schon immer, lange vor Starbucks.

    Carmella sei Dank.
    Von den zehn Leuten — er zählte sie —, die außer ihm hier saßen, hatten nur zwei ihre Mobiltelefone in der Hand.
    Dies war die Welt von Mama hinter der Registrierkasse, ihren hübschen Söhnen, die die Kunden bedienten, und ihren Stammgästen, die sogar jetzt, mitten am Nachmittag, Spaghetti auf ihre Gabeln drehten, mit orangefarbener, nicht supermarktroter Soße. Und die dazu Wein aus kleinen halbkugelförmigen Gläsern tranken. Überall hier wurden lebhafte, gestenreiche Gespräche geführt.
    Es war eine tröstliche Umgebung, und sie flößte Dellray Zuversicht ein. Er glaubte, dass er das Richtige tat. Er glaubte an William Brents Versprechen. Er würde für die fragwürdigen hunderttausend Dollar einen angemessenen Gegenwert erhalten. Vielleicht nur eine dürftige Spur, aber sie würde ausreichen. Denn auch das war eine Besonderheit von Dellray. Es war ihm stets gelungen, aus den kargen Informationen seiner Spitzel Rückschlüsse auf den größeren Zusammenhang zu ziehen. Und meistens war den Informanten die Relevanz des Materials gar nicht

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