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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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vorankam. Andererseits war er erschöpft und müde wie schon lange nicht mehr. Er brauchte Schlaf. Aber das wollte er nicht zugeben, auch nicht gegenüber Sachs. Er starrte das stumme Telefon an und dachte darüber nach, was der hochrangige mexikanische Polizist ihm soeben erzählt hatte. Da merkte er, dass auf seiner Stirn ein Schweißtropfen stand. Rhyme wurde wütend und wollte ihn wegwischen, bevor jemand es mitbekam, aber diese Möglichkeit stand ihm aufgrund seiner Behinderung nicht zur Verfügung. Er warf den Kopf hin und her. Schließlich löste sich der Tropfen.
    Doch damit erregte er Sachs’ Aufmerksamkeit. Rhyme spürte, dass sie ihn fragen wollte, ob alles in Ordnung sei. Er wollte aber nicht darüber reden, denn er würde entweder einräumen müssen, dass er sich unwohl fühlte, oder Sachs anlügen müssen. Also fuhr er abrupt zu einer der Tafeln und studierte angestrengt die Tabelle. Ohne die Worte überhaupt zu sehen.

    Sachs machte einen Schritt auf ihn zu. In diesem Moment klingelte es an der Tür. Gleich darauf wurden am Eingang einige Geräusche laut, und Thom betrat das Labor mit einer Besucherin. Rhyme wusste sofort, um wen es sich handelte: Ihr Rollstuhl stammte von derselben Herstellerfirma wie seiner.

… Zweiundfünfzig
    Susan Stringer hatte ein hübsches, herzförmiges Gesicht und eine melodische Stimme. Sie machte von vornherein einen freundlichen, netten Eindruck.
    Ihre Augen waren jedoch flink und ihre Lippen schmal, sogar wenn sie lächelte, ganz wie man es von einer Frau erwarten würde, die sich nur mit der Kraft ihrer Arme durch die Straßen von New York bewegte.
    »Ein behindertengerechtes Stadthaus an der Upper West Side. Das ist eine echte Seltenheit.«
    Rhyme lächelte zurück, blieb aber reserviert. Er hatte Arbeit zu erledigen, und nur sehr wenig davon hatte mit Zeugen zu tun. Seine Bemerkung zu Sachs, er wolle Susan Stringers Befragung persönlich übernehmen, war allerdings scherzhaft gemeint gewesen.
    Wie dem auch sei, die Frau war beinahe von Ray Galt ermordet worden – noch dazu auf besonders schreckliche Weise – und könnte über einige hilfreiche Informationen verfügen. Wenn sie also, wie Sachs berichtet hatte, gern seine Bekanntschaft machen wollte, konnte Rhyme damit leben.
    Susan nickte Thom Reston zu. Ihr Blick verriet, dass sie wusste, wie wichtig ein Betreuer war – und welche Last er zu tragen hatte. Er fragte, ob er ihr etwas anbieten dürfe, aber sie lehnte dankend ab. »Ich kann nicht lange bleiben. Es ist schon spät, und ich fühle mich nicht allzu gut.« Ihr Antlitz wirkte leer; sie musste bestimmt ständig an die furchtbaren Momente in
dem Aufzug denken. Sie fuhr näher an Rhyme heran. Susans Arme funktionierten prächtig; ihre Wirbelsäule musste deutlich unterhalb des Halses verletzt worden sein.
    »Keine Verbrennungen?«, fragte Rhyme.
    »Nein. Der Strom hat mich nicht erwischt. Das einzige Problem war der Rauch – von den … von den Männern, die mit mir in dem Aufzug gewesen sind. Einer ist in Brand geraten.« Den letzten Satz flüsterte sie.
    »Was ist passiert?«, fragte Sachs.
    Ein stoischer Blick. »Wir waren kurz vor dem Erdgeschoss, als die Kabine plötzlich angehalten hat. Das Licht ging aus, sodass nur noch die Notbeleuchtung brannte. Einer der Geschäftsmänner hinter mir wollte den Rufknopf drücken, aber als er ihn berührte, fing er an zu stöhnen und herumzuzappeln.«
    Sie hustete. Räusperte sich. »Es war grauenhaft. Er konnte die Hand nicht mehr wegnehmen. Sein Freund hat ihn gepackt oder zufällig gestreift. Es war wie eine Kettenreaktion. Die beiden zuckten die ganze Zeit hin und her. Und einer von ihnen ging in Flammen auf. Seine Haare… dieser Qualm, dieser Geruch. « Inzwischen flüsterte Susan nur noch. »Schrecklich. Einfach schrecklich. Die Männer starben, unmittelbar um mich herum. Sie starben. Ich hab geschrien. Mir war klar, dass es irgendein Problem mit der Elektrik sein musste, und ich wollte weder die Greifringe des Rollstuhls noch den metallenen Türrahmen anfassen. Also saß ich bloß da.«
    Susan erschauderte. »Ich saß bloß da«, wiederholte sie. »Dann fuhr die Kabine das letzte kurze Stück nach unten, und die Tür ging auf. Es waren jede Menge Leute in der Lobby. Sie haben mich sofort herausgezogen … Ich wollte sie vor dem Strom warnen, aber der war mittlerweile abgeschaltet worden.« Sie musste wieder leise husten. »Wer ist dieser Ray Galt?«, fragte sie.
    »Er glaubt, die Arbeit an den

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