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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Öffentlichkeit zeigte und sich unwohl fühlte?
    Und natürlich: Wie sahen die Augen aus?
    Bislang hatte Conradt andächtige, verträumte und neugierige Blicke gesehen.
    Jedoch keine, die darauf hingedeutet hätten, dass hier jemand im Namen eines Gottes eine möglichst große Anzahl von Menschen ermorden wollte. Oder im Namen der Wale, der Bäume oder der Fleckenkäuze. Conradt drehte eine Weile seine Runden und blieb schließlich neben seiner Partnerin stehen, einer ernsten Fünfunddreißigjährigen mit langem Bauernrock und einer Bluse, die so weit und praktisch war wie Conradts Hemd.
    »War was?«
    Eine überflüssige Frage, denn sie hätte ihm – und den zahllosen Kollegen, die hier heute Abend unterwegs waren – über Funk Bescheid gegeben, falls ihr »was« aufgefallen wäre.
    Ein Kopfschütteln.
    Nach Barbs Ansicht waren überflüssige Fragen keine richtige Antwort wert.
    Bar-ba-ra, korrigierte er sich. So wie sie ihn zu Beginn ihrer Zusammenarbeit korrigiert hatte.
    »Sind sie schon da?« Conradt wies in Richtung der Bühne am Südende der Rasenfläche. Er meinte die Redner, deren Auftritt für achtzehn Uhr dreißig angekündigt war: die beiden Senatoren aus Washington. Sie hatten mit dem Präsidenten an Umweltthemen gearbeitet und Gesetze auf den Weg gebracht, die der grünen Bewegung gefielen und der Hälfte der amerikanischen Konzerne großes Kopfzerbrechen bereiteten.

    Danach würde ein Konzert folgen. Conradt hätte nicht sagen können, ob die Leute eher wegen der Reden oder wegen der Musik hier waren. Wahrscheinlich beides.
    »Bin gerade erst angekommen«, sagte Barbara.
    Beide musterten sie eine Zeit lang die Menge.
    »Dieses Akronym ist bescheuert«, sagte Conradt dann. »Gefdeh. Wir sollten bei GFDE bleiben.«
    »Gefdeh ist kein Akronym.«
    »Wie meinst du das?«
    »Bei einem Akronym bilden die Buchstaben ein Wort«, erklärte Barbara.
    »Auf Englisch?«
    Sie stieß ein – wie er fand – herablassendes Seufzen aus. »Sofern es ein englischsprachiges Land ist. Ja, natürlich.«
    »Also ist FBI kein Akronym?«
    »Nein, eine Abkürzung. UNO oder NATO sind Akronyme.«
    Conradt dachte: Und Barbara ist eine …
    »Was ist mit BIC?«, fragte er.
    »Vermutlich auch, aber bei Markennamen bin ich mir nicht sicher. Wofür stehen die Buchstaben?«
    »Hab ich vergessen.«
    Ihre Funkgeräte erwachten im selben Moment zum Leben, und sie neigten die Köpfe. »Achtung, die Besucher sind jetzt an der Bühne. Ich wiederhole, die Besucher sind an der Bühne.«
    Die Besucher – gemeint waren die Senatoren.
    Der Agent von der Leitstelle schickte Conradt und Barbara auf die Westseite der Bühne. Sie machten sich auf den Weg.
    »Das hier war früher mal eine Schafweide«, sagte Conradt. »Die Stadtväter ließen sie bis in die Dreißigerjahre hier grasen. Dann wurden sie in den Prospect Park nach Brooklyn verlegt. Die Schafe, meine ich.«
    Barbara sah ihn fragend an, was wohl heißen sollte: Und wieso erzählst du das jetzt?

    Sie bogen auf einen schmalen Pfad ein. Conradt ließ ihr den Vortritt.
    Applaus brandete auf. Und Rufe.
    Dann betraten die beiden Senatoren das Podium. Der erste Redner beugte sich zum Mikrofon vor und fing mit tiefer, volltönender Stimme an zu sprechen. Seine Worte hallten über die gesamte Rasenfläche. Die Menge war schon bald heiser, denn sie bekundete mindestens alle zwei Minuten mit lautem Grölen ihre Zustimmung, während der Senator sie mit Plattitüden abspeiste.
    Eine Predigt für Bekehrte.
    Conradt registrierte abseits der Bühne eine Bewegung, eine Bewegung von etwas, das gleichmäßig nach vorn auf die Senatoren zusteuerte. Er hielt kurz inne. Dann lief er los.
    »Was ist?«, rief Barbara und griff nach ihrer Waffe.
    »Gefdeh«, flüsterte er. Und nahm sein Funkgerät.

… Dreiundachtzig
    Um neunzehn Uhr kehrte Fred Dellray ins Federal Building von Manhattan zurück. Er hatte William Brent alias Stanley Palmer alias eine Menge anderer Namen im Krankenhaus besucht. Der Mann war schwer verletzt, aber immerhin wieder bei Bewusstsein. Man würde ihn in drei oder vier Tagen von der Intensivstation auf eine normale Station verlegen.
    Die Anwälte der Stadt hatten sich bereits mit ihm in Verbindung gesetzt und für den Unfall einen Schadenersatz angeboten. Wer schuldlos von einem Polizisten in dessen Streifenwagen angefahren wurde, hatte quasi einen Blankoscheck in der Hand. Man bot ihm 50 000 Dollar sowie die Übernahme sämtlicher krankheitsbedingter Kosten.
    William Brent hatte

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