Opferlämmer
jeweiligen Abnutzung zu erstellen – neu, nach sechs Monaten, einem Jahr und zwei Jahren. Mit Varianten für Spreiz- und Spitzfüße, unter Berücksichtigung von Körpergröße und -gewicht.
Das Projekt war kostspielig, ließ sich aber überraschend zügig
umsetzen und führte zu fast sofortigen Antworten auf die Fragen nach der Marke und dem Alter eines bestimmten Schuhs sowie der Größe und Statur seines Trägers samt etwaiger Trittbesonderheiten.
Die Datenbank hatte bereits bei der Überführung von drei oder vier Tätern geholfen.
Cooper gab schnell einige Angaben ein. »Wir haben einen Treffer«, sagte er dann. »Albertson-Fenwick Boots and Gloves, Modell E-20.« Er überflog die Beschreibung. »Wie zu erwarten war, sind sie besonders isoliert und für Arbeiten an elektrischen Leitungen gedacht. Sie erfüllen die gängigen Sicherheitsnormen, und unser Verdächtiger trägt Größe elf.«
Rhyme kniff die Augen zusammen und musterte die Abdrücke. »Sie haben noch reichlich Profil. Gut.« Das bedeutete, in den Rillen würde sich eine große Menge Partikel ablagern.
»Ja, sie sind ziemlich neu«, fuhr Cooper fort. »Daher gibt es auch noch keine charakteristischen Abnutzungsspuren, die uns mehr über seine Größe oder sein Gewicht verraten könnten.«
»Man kann aber sehen, dass er gleichmäßig und gerade auftritt, oder?« Dank einer Kamera über dem Untersuchungstisch hatte Rhyme die Abdrücke vor sich auf dem Monitor.
»Ja.«
Sachs schrieb es auf die Tafel.
»Gut, Sachs. So, Grünschnabel, was sind das für unsichtbare Spuren, die Sie gefunden haben?« Er sah zu dem Plastikumschlag, dessen Aufschrift lautete: Café gegenüber Tatort – Tisch des Verdächtigen .
Cooper machte sich an die Untersuchung. »Ein blondes Haar. Zweieinhalb Zentimeter lang. Natur, nicht gefärbt.«
Rhyme mochte es, wenn Haare gefunden wurden. Sofern die Wurzel noch daran hing, konnten sie häufig für DNS-Vergleiche genutzt werden, und sie verrieten durch Farbe, Beschaffenheit und Form bisweilen viel über das Aussehen eines Verdächtigen.
Auch das Alter und Geschlecht ließen sich halbwegs präzise daraus ableiten. Haartests erfreuten sich nicht nur bei den Beamten der Spurensicherung zunehmender Beliebtheit, sondern auch bei potenziellen Arbeitgebern, da Drogen sich in den Haaren der Bewerber wesentlich länger als im Blut oder Urin nachweisen ließen. Ein Zentimeter Haarwuchs entsprach dabei ungefähr einem Monat. In England waren Haartests bereits bei Verdacht auf Alkoholmissbrauch üblich.
»Wir können aber nicht sicher sein, dass es von ihm stammt«, betonte Sellitto.
»Natürlich nicht«, murmelte Rhyme. »Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch überhaupt nichts sicher.«
»Doch es ist ziemlich wahrscheinlich«, warf Pulaski ein. »Ich habe mit dem Eigentümer gesprochen. Er achtet darauf, dass sein Personal die Tische nach jedem Kunden abwischt. Ich habe das nachgeprüft. Der fragliche Tisch war seit dem Aufenthalt des Täters allerdings noch nicht wieder abgewischt worden, wegen des Durcheinanders nach der Explosion.«
»Gut, Grünschnabel.«
Cooper fuhr mit der Beschreibung des Haars fort. »Nicht gewellt, weder von Natur aus noch künstlich. Es ist glatt. Keine Anzeichen für Depigmentierung, also ist er vermutlich noch unter fünfzig Jahre alt.«
»Ich möchte eine toxisch-chemische Analyse. So schnell wie möglich.«
»Ich schicke das Haar ins Labor.«
»In ein gewerbliches Labor«, ordnete Rhyme an. »Greift etwas tiefer in die Tasche, um die Sache zu beschleunigen.«
»Wir haben keine Tasche, in die wir sonderlich tief greifen könnten«, murrte Sellitto. »Und an unserem eigenen Labor in Queens gibt es nichts auszusetzen.«
»Es sei denn, die Resultate lassen so lange auf sich warten, dass unser Täter inzwischen noch jemanden umbringt, Lon.«
»Wie wäre es mit Uptown Testing?«, schlug Cooper vor.
»Gut. Denkt dran, investiert etwas mehr Geld.«
»Herrje, die Stadt dreht sich nicht nur um dich , Linc.«
»Nicht?«, fragte Rhyme mit überraschter Miene, die nur zur Hälfte gespielt war.
… Vierzehn
Mel Cooper benutzte das SEM-EDS, ein Kombigerät aus Rasterelektronenmikroskop und energiedispersivem Röntgenspektrometer, um die Partikel zu analysieren, die Sachs an der Stelle gesichert hatte, an der das Kabel befestigt gewesen war. »Ich habe hier irgendein Mineral, das nicht zu den Substraten aus der Umgebung des Umspannwerks passt.«
»Woraus besteht es?«
»Aus ungefähr siebzig Prozent
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