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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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die Kopfhaut zu zerkratzen. Die Spannung in ihr staute sich eben auch ständig an, so wie in dem Umspannwerk. Nun kratzte sie erneut an ihrem Daumen herum, schien sich dann aber zu zwingen, damit aufzuhören, und zog sich ebenfalls Latexhandschuhe über.
    Lon Sellitto telefonierte unterdessen mit den Beamten, die entlang der Siebenundfünfzigsten Straße nach weiteren Zeugen suchten. Rhyme warf ihm einen fragenden Blick zu, aber die finstere Miene des Detectives – der weitaus mürrischer wirkte als üblich – verriet ihm, dass die Bemühungen bisher fruchtlos geblieben waren. Also richtete Rhyme seine Aufmerksamkeit wieder auf das Kabel.
    »Film es ab, Mel«, sagte Rhyme. »Schön langsam.«
    Der Techniker nahm das Kabel auf voller Länge mit einer
tragbaren Videokamera auf, drehte es um und filmte auch die andere Seite. Das hochauflösende Bild der Kamera wurde auf den Monitor vor Rhyme übertragen. Der sah aufmerksam zu.
    »Bennington Electrical Manufacturing, South Chicago, Illinois«, murmelte er. »Model AM-MV-Sechzig, Stärke Null, geeignet bis sechzigtausend Volt.«
    Pulaski lachte auf. »Das erkennen Sie einfach so, Lincoln? Wo haben Sie das denn gelernt?«
    »Es ist auf der Seite aufgedruckt, Grünschnabel.«
    »Oh. Das hab ich gar nicht bemerkt.«
    »Offensichtlich. Und unser Täter hat es selbst auf diese Länge zurechtgeschnitten, Mel. Oder was meinst du? Das ist kein maschineller Schnitt.«
    »Würde ich auch sagen.« Cooper nahm soeben mit einer Lupe das Ende des Kabels in Augenschein, das an der Strom führenden Leitung befestigt gewesen war. Dann richtete er die Videokamera auf die Schnittfläche. »Amelia?«
    Die geübte Mechanikerin warf einen Blick darauf. »Eine Bügelsäge«, mutmaßte sie.
    Was die Drahtverbindungsschrauben anging, so stellte sich heraus, dass sie nur in der Elektroindustrie gebräuchlich waren. Allerdings konnten sie aus Dutzenden von Quellen stammen.
    Für die handelsüblichen Schrauben und Muttern, die das Kabel an der Sammelschiene hielten, galt das Gleiche.
    »Fangen wir mit unseren Tabellen an«, sagte Rhyme.
    Pulaski holte mehrere weiße Rolltafeln aus einer Ecke des Labors. Sachs versah zwei von ihnen mit Überschriften: Tatort: Algonquin-Umspannwerk Manhattan-10, 57. Str. West und Täterprofil . Dann schrieb sie auf, was sie bislang herausgefunden hatten.
    »Hat er sich das Kabel direkt im Umspannwerk besorgt?«, fragte Rhyme.
    »Nein. Dort war kein Material gelagert«, antwortete Pulaski.
    »Dann finden Sie heraus, woher er es hat. Rufen Sie Bennington an, die Herstellerfirma.«
    »Mach ich.«
    »Okay«, fuhr Rhyme fort. »Wir haben hier Metall, an dem gearbeitet wurde. Das heißt, es gibt Werkzeugspuren, zum Beispiel von der Bügelsäge. Nehmen wir uns das Kabel genauer vor.«
    Cooper setzte sich an ein Mikroskop, das ebenfalls mit dem Computer verbunden war, und untersuchte mit relativ geringer Vergrößerung die Schnittfläche des Kabels. »Das Sägeblatt war noch neu und scharf.«
    Rhyme registrierte neidisch, wie flink und geschickt der Techniker die Optik und den Objektträger des Geräts handhabte. Dann widmete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Monitor. »Neu, ja, aber ein Zahn ist abgebrochen.«
    »In der Nähe des Griffs.«
    »Genau.«
    Wenn jemand etwas von Hand durchsägen wollte, setzte er oft drei- oder viermal an, bevor er richtig loslegte. Und wenn es sich bei dem Material – wie in diesem Fall – um weiches Aluminium handelte, hinterließen gebrochene oder verbogene Sägezähne an den entsprechenden Stellen einzigartige Muster. Diese wiederum konnte man mit den Werkzeugen eines Verdächtigen vergleichen und ihn dadurch mit der Straftat in Verbindung bringen.
    »Und die Drahtverbindungsschrauben?«
    Cooper fand auf allen charakteristische Kratzspuren, die vermutlich vom Schraubenschlüssel des Täters stammten.
    »Ich liebe weiches Messing«, murmelte Rhyme. »Ich liebe es einfach … Er besitzt demnach Werkzeug, das häufig benutzt wird. Und er kommt mir mehr und mehr wie ein Insider vor.«
    Sellitto beendete sein Telefonat. »Nichts. Jemand könnte eventuell jemanden in einem blauen Overall bemerkt haben. Aber womöglich erst eine Stunde nach dem Anschlag. Als es
in der Gegend nur so gewimmelt hat von Reparaturtrupps der Algonquin in ihren hübschen blauen Arbeitsanzügen.«
    »Was haben Sie herausgefunden, Grünschnabel?«, rief Rhyme. »Ich will Bezugsquellen für das Kabel wissen.«
    »Ich hänge in der Warteschleife.«
    »Sagen Sie denen,

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