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Opferschuld

Opferschuld

Titel: Opferschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Jugendlicher stand um den Billardtisch herum, an den Tischen beim Fenster saßen einige Paare mittleren Alters, zwei dickbäuchige Männer spielten Darts. Sie starrten sie an und schauten dann weg. Mittlerweile wusste jeder im Dorf, wer sie war.
    «Ist Veronica da?»
    Der Barmann war dürr und pickelig und sah selbst kaum älter aus als die Jugendlichen.
    «Sie ist hinten. Sie hat gesagt, Sie sollen einfach reingehen.» Die kurze Seite des Tresens war aufklappbar. Er klappte sie hoch, damit Vera durchkonnte. Dort hinter dem Tresen zu sein, inmitten der Zapfhähne und Schnapsportionierer, versetzte sie plötzlich in Erregung. Es war, als würde man im Theater hinter die Bühne gehen. Sie stellte sich vor, wie sie nach ihrer Verrentung einen kleinen Pub in einem Dorf in den Bergen aufmachen würde, aber sie wusste, dass es nie so weit kommen würde. Sie würde die Gäste nur vor den Kopf stoßen und die ganzen Einnahmen versaufen.
    Sie hatte gedacht, dass die Tür hinter der Bar zu den Wohnräumen der Wirtin führen würde, aber sie landete in einer Küche, wo offenbar am frühen Abend die Mahlzeiten zubereitet worden waren. Die Spüle war voller schmutziger Pfannen. Michael saß am Tisch und sah weggetreten aus. Vor ihm stand eine halb ausgetrunkene Tasse Tee, auf dem sich schon ein Film bildete. Veronica sah ihnbesorgt an. Ein Mann mit Augen wie Kieselsteinen lehnte an der Arbeitsplatte und schaute auf die beiden herab. Er hatte ein Käsebrötchen in der Hand und den Mund halbvoll.
    «Du gehst besser wieder raus, Barry», sagte Veronica. «Jemand muss ein Auge auf die Bar haben.»
    «Sam kriegt das schon hin.»
    «Nein», sagte sie. «Eben nicht. Ich komme auch gleich nach. Michael braucht kein Publikum.»
    Barry schien nicht übel Lust zu haben, noch weiter zu streiten, aber sie funkelte ihn kurz an, und er schlurfte davon, das Käsebrötchen in der Hand.
    «Was ist denn jetzt schon wieder los?», fragte Vera. Ihr wurde bewusst, dass sie mit Michael sprach wie mit einem Kranken oder einem ungezogenen Kind, und sie setzte noch einmal neu an: «Man hat mir ausgerichtet, dass Sie mich sprechen wollen.»
    Er sah hoch und schien sie jetzt erst zu erkennen.
    «Ich habe was über diesen Lotsen rausgefunden. Er kannte Mantel und hat seinen Namen geändert. Ich habe mir alles Mögliche vorgestellt. Was einem halt so in den Sinn kommt. Er war heute hier, mit der jungen Frau, die er geheiratet hat.» Die Worte überstürzten sich. Er schaute sie ängstlich an, erwartete ihren Tadel. Er musste seit ihrer letzten Begegnung einen Zusammenbruch gehabt haben, dachte sie. Hatte Jeanies Tod ihn also doch noch eingeholt.
    «Haben Sie ihr denn erzählt, was Sie herausgefunden haben?», fragte sie. «Halb so schlimm. Davon geht die Welt nicht unter.»
    «Er hat es dem ganzen Pub erzählt», sagte Veronica. «Hat sich ziemlich aufgespielt. Ich hätte erkennen müssen, unter welchem Druck er steht. Aber ich habe gedacht, erwürde schon zurechtkommen. Jetzt habe ich den Arzt gerufen.»
    Vera setzte sich neben Michael. «Sie hätten zu mir kommen sollen. Ich hätte es Ihnen erklärt.» Nur wie?, dachte sie. Was hätte ich ihm sagen können?
    «Es war Mantel, nicht wahr?», fragte Michael verzweifelt. «Er steckt hinter alldem.»
    Wieder wusste sie nicht, was sie antworten sollte. «Es dauert jetzt nicht mehr lange», sagte sie. «Morgen um diese Zeit sollten wir jemanden verhaftet haben. Es wird Jeanie nicht zurückbringen   …»
    Er brachte den Satz für sie zu Ende: «…   aber dann weiß ich es wenigstens.» Er schien sich gefasst zu haben. Veronica streckte den Arm über den Tisch und nahm seine Hand.
     
    Draußen auf dem Platz blieb Vera stehen, um ihre Gedanken zu sammeln. Ein Hund oder ein Fuchs hatte in den Mülltonnen gestöbert, und Abfallreste wurden über die Straße geweht. Das würde ihnen nicht gefallen, den anständigen Leuten von Elvet. Sie hatten es gern, wenn ihr Müll sicher unter Verschluss gebracht war. Sie ging zum Captain’s House und hämmerte an die Tür. James machte fast sofort auf. Zuerst deutete sie seine Besorgnis falsch.
    «Tut mir leid, dass ich solchen Lärm mache», sagte sie. «Ich habe ganz vergessen, dass ja ein Baby im Haus ist.»
    «Nein, Matthew ist nicht da. Robert und Mary passen auf ihn auf. Ich dachte, Sie wären Emma.»
    «Wo ist sie denn?»
    «Es hat eine Szene gegeben, im Pub. Sie ist weggelaufen.» Er zögerte. «Sie hatten natürlich recht. Ich hätte es ihr selbst sagen

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