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Opferspiel: Thriller (German Edition)

Opferspiel: Thriller (German Edition)

Titel: Opferspiel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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Ausnahme von Jesus, des zweiten von links, der den Kopf halb gesenkt hielt und sich vom Kuss des Judas abwandte, während drei Soldaten von rechts auf ihn zudrängten, um ihn gefangen zu nehmen. Am linken Rand ergriff eine Gestalt mit ausgestreckten Armen und gespreizten Fingern die Flucht, de ren aufgerissener Mund von dem bevorstehenden Grauen sprach. Ganz rechts hielt ein Mann – ein Selbstporträt Caravaggios – eine Laterne hoch über die Köpfe der Soldaten in Richtung der Christusgestalt und wurde von einem Bollwerk aus glänzenden genieteten Rüstungen abgedrängt.
    Es war vor allem die Haltung des Jesus, die Jo faszinierte. Mitten in all dem Aufruhr stand er als Einziger ruhig da, die herabhängenden Hände lose gefaltet. Nur seine leicht gerunzelte Stirn deutete auf so etwas wie innere Qual hin. Hagere Schatten fielen über sein Gesicht und betonten die tiefen Augenhöhlen und die Wangenknochen.
    Sie wusste, dass das Gemälde ihr etwas über die Mordfälle sagte, aber nach einem besorgten Blick auf die Uhr wurde ihr klar, wie irrelevant dieses Etwas wäre, wenn sie sich nicht sofort ins Büro aufmachte, weil sie es sonst womöglich nicht einmal ins Ermittlerteam schaffte.

9
    Am späten Vormittag stand Jo vor Dans Büro und nahm all ihren Mut zusammen, um hineinzugehen. Es war ursprünglich einmal L-förmig gewesen, aber der kurze Schenkel war für Jeanies Arbeitsbereich abgeteilt worden. Genau aus diesem Grund zauderte sie noch vor der Tür. Es ging ihr gewaltig gegen den Strich, dass Jeanie sie wieder in dem klaustrophobisch-engen Raum warten lassen würde, um sie bei Dan anzumelden. Dieselbe Behandlung erfuhr sie, wenn sie Dans Durchwahl wählte, denn Jeanie nahm stets zuerst ab.
    Sie schluckte ihren Groll herunter, klopfte zweimal an und trat ein. Mit Kapitänsgruß rauschte sie an der Sekretärin vorbei, überhörte deren lautstarken Protest und ging durch die Verbindungstür, die sie mit der Schulter hinter sich schloss, in Dans Höhle.
    Dan sah kurz vom Bildschirm seines Computers auf und deutete auf den Besucherstuhl vor dem Schreibtisch. Jos Blick wanderte von der Zitronengeranie auf der Fensterbank hinter ihm über seine Anzugjacke, die auf einem Bügel am Garderobenständer hing, zu der Rückseite eines verschnörkelten Bilderrahmens in der Tischecke.
    »Du wolltest mich sprechen«, sagte er und nahm nacheinander ein paar Unterlagen aus dem Postkorb, ehe er sie genauso wieder hineinschmiss.
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und fragte sich, wer wohl seine breite, pinkfarbene Krawatte ausgesucht hatte, eine Sorte, wie sie die jungen, cleveren Prozessanwälte gern trugen, die auf Personenschadensklagen spezialisiert waren, also Leute, die er eigentlich als Blutsauger verachtete.
    »Ich möchte formell anfragen, ob mein Versetzungsgesuch inzwischen bearbeitet wurde«, sagte sie und schob ihre Schultern ein Stück zurück. Keine Antwort. Kein Blickkontakt. Dan griff nach seiner Maus und klickte ein paar Dateien zu. »Den letzten Antrag habe ich vor sechs Monaten eingereicht und bisher noch keine …«
    Dans schwarzer Lederchefsessel quietschte, als er seine Position veränderte. »Ich fürchte, ich kann ihn im Moment nicht befürworten«, sagte er.
    »Warum nicht? Das ist doch das Letzte, Dan. Du hast dich schließlich auch weiterentwickelt – warum lässt du mich nicht das Gleiche tun?«
    Ein Kranz von Fältchen erschien um seine müden Augen. »Ich brauche dich, um die Ermittlungen im Fall Rita Nulty zu leiten«, sagte er. »Klär ihn auf, dann kannst du gehen, wann immer du willst.«
    »Was?« Erst jetzt ließ sie sich in den unbequemen Schalenstuhl für Besucher nieder.
    Er nahm ein Blatt Papier aus dem obersten Ablagekorb und schob es ihr hin. »Das sind die Mitarbeiter, die ich erübrigen kann.«
    Eine Morduntersuchung. Jos Herz schlug höher. »Danke, Dan. Du wirst es nicht bereuen, das verspreche ich dir.« Sie wusste, dass man ihn dafür scharf kritisieren würde, ihm vorwerfen würde, sie bevorzugt zu behandeln, aber sie wusste auch, dass sie den Fall lösen konnte.
    Als sie die Liste vom Schreibtisch nahm, stieß sie dabei mit dem Ellbogen den Fotorahmen um. Er landete mit der Vorderseite nach oben, sodass sie das Bild hinter Glas sehen konnte. Dan stand hinter Jeanie, die Hände auf ihre Schultern gelegt. Jeanie hielt zärtlich Harry auf ihrem Schoß. Rory stand daneben, etwas außerhalb des Fokus, weshalb er nicht ganz dazuzugehören schien. Dan hatte ein breites, gezwungenes

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