Opferspiel: Thriller (German Edition)
verteilte sie. »Sein Name ist Stuart Ball. Sexton, Sie kennen ja bereits die Begleitumstände.« Alle Köpfe senkten sich über das Blatt. »Sie können das alles später lesen. Das Einzige, was ich Sie im Moment zu beachten bitte, ist, dass dem Opfer ein Auge am Tatort entfernt wurde.«
Mac zwinkerte Sexton theatralisch zu, der inzwischen sichtlich genervt von ihm war.
Mit einem Seitenschritt ging Jo zu Ritas blutüberströmtem Gesicht über. »Wie Sie alle wissen, haben wir Rita Nulty gestern gefunden.« Zwei Takte Pause. »Ohne ihre rechte Hand. Und zu guter, nein schlechter Letzt, Anto Crawley.«
»Es gibt Tausende von Leuten, die Crawley gern tot gesehen hätten, noch dazu mit gutem Grund«, warf Mac ein. »Sein Killer hat uns allen einen Gefallen getan, wenn ihr mich fragt.«
»Tun wir aber nicht«, erwiderte Jo. »In Crawleys Fall, meine Damen und Herren, wurden die Zähne gezogen.« Sie sah Sexton vielsagend an. »Und nicht eingeschlagen, wie man zuerst dachte und wie es in der Presse berichtet wurde.« Sie zog mit den Zähnen die Kappe von einem dicken roten Marker und schrieb das Zitat aus dem Buch Exodus an die Tafel. Der Stift quietschte beim Schreiben.
»Und damit stelle ich Ihnen unseren Mörder vor«, sagte sie. »Sieht so aus, als hätten wir es hier mit unserem eigenen Bible John zu tun – Sie erinnern sich an die Morde in Schottland Ende der Sechzigerjahre.«
Sexton stand langsam auf und zog einen Stuhl direkt vor ihren Tisch. »Okay, Inspector«, sagte er, »wo fangen wir an?«
Jo lächelte ihn dankbar an. »Wir müssen die Aufzeichnungen durchgehen, die das Kollegenteam von der Haus-zu-Haus-Befragung mitgebracht hat, und auch die in der Nachbarschaft gesammelten Informationen durchsieben. Ich habe die Fragebögen angepasst, das Übliche: Wurden irgendwelche Prostituierte an diesem Abend gesehen? Eine, auf die Ritas Beschreibung zutrifft? War sie allein? Am wichtigsten ist es, schnellstmöglich Ritas Handynum mer zu ermitteln, vielleicht haben wir Glück und die Daten analyse liefert uns etwas. Dann muss sämtliches Material von den Überwachungskameras in der weiteren Umge bung eingesammelt werden. Der Fundort der Leiche macht mir am meisten Kopfzerbrechen. Ich meine, Sie haben es selbst gesagt – wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass unser Training ausgerechnet an dem Ort stattfand, den der Mörder sich ausgesucht hatte, um Rita zu töten? Wir wissen, dass unser Mann sich viel Gedanken um Symbolik macht. Ich schätze, er hat die Wohnung mit Absicht gewählt.«
»Also jemand, der wusste, dass wir dort sein würden, und uns dumm dastehen lassen wollte?«, fragte Sexton.
Jo nickte. »Scheint so, ja. Das Gebäude war offiziell unbewohnt … Oberste Priorität ist es also, herauszufinden, wo Rita tatsächlich gewohnt hat in der Zeit, bevor sie starb.«
Sexton fixierte einen Kuli, den er über seine Finger wandern ließ.
»Daneben kann es kein Zufall sein, dass alle drei sich im kriminellen Milieu bewegten. Zwei waren Skids, also dürfen wir davon ausgehen, dass Crawley und Ball sich kannten. Wir sollten feststellen, ob Rita ebenfalls in ihren Kreisen verkehrt hat.«
»He«, rief Mac, »kann sich noch jemand erinnern, wie das Opfer hieß, das vor ein paar Monaten in der Nähe vom Flughafen kaltgemacht wurde?«
Jo und Sexton sahen ihn verdutzt an.
»White … Genau, so hieß er.« Mac ging zu den Aktenschränken an der hinteren Wand und zog eine quietschende Metallschublade auf. »Wisst ihr das nicht mehr? Da hat einer … Da wurde eine rausgerissene Seite aus der Bibel am Tatort gefunden. Hier haben wir’s.«
»Ich habe nie etwas von einer Bibelseite in den Dienstberichten zu einem der jüngeren Fälle gelesen«, sagte Jo betroffen.
»Wurde aus ermittlungstechnischen Gründen nicht an die große Glocke gehängt«, entgegnete Mac. »In PULSE hätten Sie es gefunden.«
Jo zog eine Grimasse, die besagte: Erzähl keinen Scheiß. »Steht da auch etwas von Verstümmelung am Tatort? Und wo genau wurde die Leiche gefunden?«
Mac leckte seinen Daumen und blätterte durch die Akte. »Ein leer stehender Schuppen beim Flughafen«, sagte er.
»Nicht unser Bezirk«, lautete Jos Reaktion.
Sexton legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Ich glaube, das lasse ich euch beide ausknobeln, und versuche mal herauszufinden, ob unsere Opfer sich kannten.«
Jo nickte. »Wir treffen uns morgen im Leichenschauhaus zu Ritas Autopsie. Ich möchte, dass alle ein wenig Mitgefühl für sie aufbringen und
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