Opferspiel: Thriller (German Edition)
beim letzten Abendmahl in Frage stellte. Und den Verschwörungstheoretikern unter den Bibelforschern zufolge war er ein Bruder von Jesus …«
Jo hielt beim Öffnen der Tür inne. »Deshalb hat der Mörder also Rita Nultys Mutter gegenüber behauptet, er sei der Zwillingsbruder eines Priesters!«
»Aber was ist das mit Caravaggio? Lässt der Täter sich von ihm inspirieren?«, fragte Foxy.
»Nein, glaube ich nicht. Caravaggio hat mir nur auf die Sprünge geholfen.« Jo musterte Foxy. »Wann bist du gestern Abend ins Bett gekommen?«
Bevor Foxy antworten konnte, bedeutete Jo ihm mit einem Ellbogenstoß, still zu sein, und nach einem kurzen, harten Hämmern tauchte Merrigan in der Tür auf.
»Ho, ho«, machte er. »Hier habt ihr euch also verkrochen.«
An seinem selbstzufriedenen Ausdruck erkannte Jo, dass ihm irgendetwas sehr zupasskam.
»Wollte nur Bescheid geben, dass die Jungs vom NBCI gerade eingetroffen sind, und sie sind direkt in Dans Büro gegangen.«
»Wer ist dabei?«, fragte Foxy, der ihn zur Seite schob, um in den Gang zu treten.
»Frank Black unter anderen, und er sieht nicht glücklich aus«, antwortete Merrigan schadenfroh.
»Was soll’s, der kann warten«, sagte Jo verstimmt und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Das National Bureau of Criminal Investigation war die irische Entsprechung des britischen Special Branch und des deutschen Bundeskriminalamtes, und die alte Mordkommission war darin aufgegangen. Sie brauchte weder Black noch Merrigan, um ihr zu sagen, dass ihre Tage als Leiterin der Ermittlungen nach der Ankunft des NBCI höchstwahrscheinlich gezählt waren.
Doch Merrigan hatte noch mehr Neuigkeiten.
»Hab ich schon erwähnt, dass ein Tablett mit Tee und Sandwiches zum Chief reingetragen wurde? Sie wissen, was das heißt, wenn er für Verpflegung gesorgt hat – er muss gewusst haben, dass sie kommen.«
Jo baute sich vor ihm auf. »Ganz unter uns, solange wir noch das A-Team sind: Ich halte es für möglich, dass der Mörder ein Schwarzer ist.« Sie beobachtete, wie seine Augen aufblitzten, und ignorierte Foxys Zungeschnalzen hinter sich. »Könnten Sie schon mal ein paar von den Flüchtlingscentern abklappern, einfach überraschend auftauchen, und mir vielleicht den einen oder anderen möglichen Verdächtigen herbeischaffen?«
Merrigan nickte mit offenem Mund und marschierte davon wie ein Mann mit einer Mission.
Foxy schüttelte den Kopf.
»Irgendjemand hat der Presse Informationen gegeben, und ich will feststellen, ob es Merrigan ist.« Sie berichtete ihm, wie sie Sexton in dem Lagerhaus angetroffen und Ryan Freeman denselben Quatsch untergejubelt hatte. Falls Merrigan Freemans Quelle war, würde er bei ihm nachfragen und eine Bestätigung bekommen, worauf die falsche Fährte in der Zeitung erscheinen würde. »Du bist der Einzige außer mir, der weiß, was in dem Mörder vorgeht«, schloss Jo. »Und so soll es vorläufig auch bleiben. Einverstanden?«
»Ohne ein Team im Rücken kommst du nicht weit«, gab Foxy zu bedenken. »Wir zwei allein werden den Fall nicht lösen.«
»Müssen wir aber vielleicht. Ich habe das schreckliche Gefühl, dass der Täter irgendwo in der Nähe ist, näher, als wir bisher dachten.«
»Wie kommst du darauf?«
»Es ist doch ein merkwürdiger Zufall, dass sämtliche Opfer in unserem Bezirk gefunden wurden, findest du nicht? Rita Nulty lag sogar direkt vor unserer Nase, wartete sozusagen nur auf uns. Stuart Ball, Anto Crawley und Pater Reg, alle in unserem Zuständigkeitsbereich. Das ist im Übrigen auch der einzige Grund, weshalb wir die Untersuchung so lange behalten konnten. Wir müssen so schnell wie möglich ein Brainstorming zu den Tatorten abhalten.«
»Soll ich ein Meeting einberufen?«
Sie nickte und sah auf die Uhr. »Sobald ich das in Dans Büro hinter mir habe.«
Foxy legte ihr eine Hand auf den Arm. »Ich habe die Vermerke über jegliche Einfuhr von Myrrhe vom Zoll angefordert. Es handelt sich um ein duftendes Baumharz, das in arabischen Ländern, Indien oder Äthiopien gewonnen wird, wusstest du das?«
Sie musterte ihn freundlich. »Du siehst erschöpft aus. Es wäre mir lieber, du würdest jetzt nach Hause zu Sal gehen und dich aufs Ohr hauen. Ich will nicht, dass du meinetwegen aus dem letzten Loch pfeifst.«
»Keine Zeit«, sagte Foxy.
»Das ist ein Befehl. Merrigan dagegen kann ruhig mal aufs Abendessen verzichten, ich werde ihn mit den Zollunterlagen betrauen. Außerdem soll er herausfinden, wer die
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