Opferspiel: Thriller (German Edition)
sorgten, posthum natürlich. Wie Sie sehen, ist Nekrophilie also gar nicht mal so dermaßen ungewöhnlich.«
»Ja, danke, ich weiß das sehr zu schätzen.« Noch be nommen von der Neuigkeit, ging Jo langsam auf Dans Büro zu. Sie wollte gerade anklopfen, als Foxy anrief. Er habe auf dem Weg zum Auto in einem weiteren von Sals Büchern geblättert, als er es entdeckte. Gesetzt den Fall, dass sie mit ihrer Vermutung, wer der Täter zu sein glaubte, richtig liege, gebe es da noch etwas, dass sie wissen solle, sagte er. Morgen, am 3. Juli, sei der Gedenktag des ungläubigen Thomas.
26
Ein vierstöckiges Reihenhaus aus fein geschnittenem Granit. Leer stehend, die einst so herrschaftlichen Terrassenfenster zugemauert, die Régence-Tür mit Sperrholzplatten vernagelt.
Den Eingang bildet ein rostiges Eisengitter, das in die Steinplatten des Bürgersteigs eingelassen ist. Der Ort wurde wegen dem gewählt, was unter dem Parkplatz direkt davor liegt – ein alter Friedhof.
Das Innere: dämmerig, stark duftend, blutbeschmiert. Ein Tabernakel in der Mitte eines behelfsmäßigen Altars, glän zende Messingnägel schießen aus dem Schnittpunkt der beiden Kreuzarme empor wie ein explodierender Meteorit.
An der verrußten Wand dahinter ein lebensgroßes Kruzifix, beschädigt an den Stellen, wo die verstümmelte geschnitzte Christusfigur abgehackt wurde. Die Figur liegt nun mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden vor dem Altar, Kopf nach vorn, Füße nach hinten, gerade ausgestreckt. Ringsherum eine Ansammlung von Werkzeugen – eine Axt, Messer, ein Brecheisen, Hammer und Meißel. Aufgereiht auf dem Altar die hölzerne Hand, klauenartig, ein Fuß mitsamt dem Nagel, ein Auge.
Eine Gestalt in einer Mönchskutte mit Kapuze gleitet durch den Raum. Sie gibt einen Singsang von sich, während sie das von einem Deckenbalken hängende Seil zu einer Schlinge knüpft. Die Worte sind nicht zu verstehen, doch es klingt hypnotisierend.
Jetzt zieht sie die Christusfigur hinauf, ein totes Gewicht aus heiligem Eibenholz. Als sie am Hals aufgehängt ist, zieht das Gewicht nach unten, und wegen der ausgebreiteten Arme schwingt sie hin und her wie ein Pendel. Das Seil hält.
Der Mörder schiebt sich die Kapuze aus dem Gesicht, hebt ein Hackbeil an und lässt es mit einem dumpfen Knall auf den schartigen Torso niedergehen. Die fünfte Zeremonie hat begonnen.
27
Es war erst fünf Uhr nachmittags, aber Sexton fühlte sich trotzdem hundemüde, als er zur Tür von Anto Crawleys besserer Hälfte kam. Im Schutz seines Jackenrevers zündete er sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug, dann drückte er auf die Klingel, ungeduldig, mehrmals hintereinander. Den Tag mit diesem höllischen Kater durch zustehen war schon schlimm genug, doch seit Jo Birmingham ihn in dem Lagerhaus fast zu Tode erschreckt hatte, war er auch mit den Nerven völlig runter.
Er blinzelte durch den Rauch hindurch, den der Wind ihm ins Gesicht blies, sodass seine Augen tränten. Anto Crawleys ehemaliges Zuhause war eine Sozialwohnung in der Oliver Bond Street, nahe der Christchurch Cathedral im Liberties-Viertel. In früheren Zeiten hätte Crawley seine Alte in einer protzigen Villa im wohlanständigen Foxrock am Südrand oder in Malahide im Norden untergebracht, so was mit Rhododendronhecken ums Grundstück und einer Zypressenallee als Auffahrt. Die Gattinnen der Rechtsanwälte und Bauunternehmer hätten sie aus Neugier zu ihren Fonduepartys eingeladen und sich dann hinter ihrem Rücken entsetzte Blicke zugeworfen wegen ihres prolligen Akzents und ihrer nicht vorhandenen Tischmanieren. Aber seit das CAB mit der Beschlagnahme von kriminell erworbenem Wohlstand solchen Erfolg hatte, stellten die Gangster gern ihren Mangel an solchem zur Schau, wohnten in Mietwohnungen und verbargen sämtliches Vermögen hinter den Namen anderer Leute.
Die Ironie für die Bewohner des Viertels lag darin, dass nach Einzug eines Verbrecherbosses wie Crawley in ihre Nachbarschaft die Gesetzlosigkeit, die Verwahrlosung und die unsozialen Verhaltensweisen, die gemeinhin mit dem Gebäudekomplex in Verbindung gebracht wurden, aufhörten und dort alles wie am Schnürchen lief. Die Joyrider-Rampen für Autorennen wurden entfernt, die mit Brettern vernagelten Wohnungen nach und nach neu vermietet. Das Gefängnis schreckte die Kleinkriminellen nicht ab, aber die Aussicht, es mit Anto Crawley zu tun zu bekommen, bewirkte, dass sie über die Folgen ihres Tuns nachdachten.
Sexton bückte sich und
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