Opferspiel: Thriller (German Edition)
erfahren, dass Sie der Meinung sind, Anto Crawley wurde von derselben Person getötet wie Rita Nulty und Stuart Ball.«
Sexton schnippte seine Kippe auf die Straße und verfolgte die Flugbahn.
Jo registrierte seinen bemüht unbeteiligten Ausdruck und sah Freeman stirnrunzelnd an. Was versprach sich der Schwätzer, der ihn informiert hatte, bloß für die Ermittlungen davon – abgesehen von einer Panik in der Öffentlichkeit und der Warnung an den Mörder, dass es Zeit wurde, seine Vorgehensweise zu ändern?
Sie bot Freeman einen Streifen Kaugummi an, den er nahm.
»Dieses kranke Schwein «, bemerkte er und beäugte das Lagerhaus, während er sich den Kaugummi in den Mund stopfte.
Jo wusste nicht, ob er den Täter oder das Opfer meinte. »Haben Sie jemanden durch ein Verbrechen verloren?«, fragte sie ihn.
Freeman schüttelte den Kopf. »Also, können Sie mir einen Kommentar zu dem Mord an Anto Crawley geben?«
Jo seufzte. »Eins verstehe ich nicht. Wenn Sie Ihre Story schon haben, warum verwenden Sie sie nicht einfach? Wozu brauchen Sie mich noch?«
Freeman antwortete nicht.
»Kommen Sie schon«, hakte sie nach. »Ihre Quelle erzählt Ihnen, dass sich in der Stadt ein Serienmörder herumtreibt. Das ist doch der feuchte Traum eines jeden Boulevardjournalisten, oder? Sie werden ins Frühstücksfernsehen eingeladen, machen dieses Gesicht, das Sie so gut können – Sie wissen schon, mühsam beherrschter heiliger Zorn –, und in den Nachrichten zitiert man Ihre em pörten Statements, in den Politsendungen wird Ihre Titel seite in die Kamera gehalten. Zwei Monate später haben Sie einen Bestseller zusammengeschrieben, und nach einem Jahr ist der Filmvertrag in der Mache. Und ich soll glauben, dass Sie auf eine Bestätigung von mir Wert legen?«
»Tue ich nicht. Ich dachte nur, Sie würden sich über die Gelegenheit dazu freuen. Und sehen Sie mich nicht so an. Es ist kein so großer Unterschied zwischen dem, was Sie machen, und was ich mache.«
»Ach, wissen Sie, meine Mutter hatte eine Freundin, und wenn die auf eine Tasse Tee rüberkam« – Jo ahmte mit der Hand einen plappernden Mund nach – »ging es immer ›Soundso hat Krebs‹, ›Den Soundsos wird ihr Haus zwangsenteignet‹, in dem Stil. Und soll ich Ihnen sagen, warum? Weil sie sich dann damit trösten konnte, dass es Schlimmeres gab, als bloß vier Katzen zur Gesellschaft zu haben. Vergleichen Sie bloß unsere Berufe nicht. Sie verkaufen Unglück, um Ihren Lesern das Gefühl zu geben, sie hätten einen guten Tag.«
»Seltsam, das«, blaffte Freeman zurück. »Meine hatte nämlich einen Bruder. Damals in den Fünfzigern, als sie klein waren, ist er in Schwierigkeiten geraten, weil er einen Laib Brot klaute, er hatte nämlich Hunger. Sieben Jahre alt war er. Er bekam eine Verwarnung, aber das half nicht gegen den Hunger, also klaute er weiter, nie irgendwelchen Luxuskram wie Schokolade oder so, sondern nur das, was er zum Überleben brauchte. Am Ende steckten sie ihn in eine katholische Besserungsanstalt. Dort wurde er von einem Priester fünf Jahre lang immer wieder vergewaltigt. Er wurde zum Stotterer und hatte Probleme mit Inkontinenz. Als man ihn endlich rausließ, war er reif für die Klapse, aber er ging zum Bischof und beschwerte sich. Ihr Club tauchte daraufhin bei ihm auf und warf ihn über Nacht in eine Zelle, in der er sich erhängte. Der Priester verging sich weiter an kleinen Jungen, bis eine Zeitung ihn mit Name, Foto und Adresse entlarvte, um die Eltern vor ihm zu warnen.«
Jo zog die Schultern hoch. Er hatte gewonnen, und das wusste er.
»Wie wär’s, wenn ich Ihnen ein paar neue Informationen gebe?«, fragte sie. »Sie dürfen mich auch zitieren.«
Freemans Augen wurden groß.
Jo wartete, bis er Stift und Block bereit hatte. »Als Leiterin dieser Untersuchung möchte ich dem Mörder mitteilen, dass ich weiß, dass er ehrenhafte Absichten hat.«
»Was?« Freeman sah von seinem Block auf.
Sexton holte eine Packung Rennies aus der Tasche und steckte sich eine unter die Zunge.
»Wir haben es mit einem muti -Mörder zu tun«, erklärte Jo.
»Muti?«
»Sie haben bestimmt davon gehört«, sagte sie mit einer wegwerfenden Geste, »dieses afrikanische Stammesritual, bei dem Körperteile abgehackt werden, um sich die Kraft des Opfers anzueignen. Zum Beispiel der Penis für die sexuelle Potenz und so weiter. Die Schreie des Opfers machen das muti dabei noch wirkungsvoller.« Sie prüfte kurz, ob er ihr das abkaufte.
»Penis?«,
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