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Opferspiel: Thriller (German Edition)

Opferspiel: Thriller (German Edition)

Titel: Opferspiel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niamh O'Connor
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brüllte durch den Briefkastenschlitz, man solle ihm öffnen. Eine Bande von Kindern, die ihn in derselben Sekunde bemerkt hatte, als er den Komplex betrat, kam neugierig glotzend herbei, allesamt mit vom Lastwagen gefallenen Designer-Turnschuhen und Hoodies-Sweaters ausstaffiert.
    »Wer sind Sie?«, fragte ein fettleibiges kleines Monster.
    Sexton schätzte ihn auf zehn, und bei der großen Klappe, die er hatte, sah er seine Zukunft, als läse er sie ihm aus der Hand. Sie führte direkt in den A-Trakt des Hochsicherheitsgefängnisses in Portlaoise, wo Typen wie John Gilligan einsaßen, der den Mord an der Journalistin Veronica Guerin in Auftrag gegeben hatte.
    »Sie sind ’n Bulle, oder?«
    »Verpiss dich.«
    »Hey, dafür könnt ich Sie anzeigen«, sagte der Junge.
    Sexton blickte ihm in sein Big-Mac-Gesicht. Er hatte so viele Sommersprossen, dass sie ineinanderliefen. Die Hand zum Ali - G. - Gruß erhoben, sagte er: »Bujakascha«.
    Der Bengel spreizte seine Finger, antwortete grinsend »Respek« und schlurfte davon.
    Glenda George machte die Tür auf. Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen und glättete ihre Bettfrisur. Sexton hörte den Fernseher von drinnen. Sie war zu »Oprah« auf gestanden, dann ging es weiter mit Soaps bis zu »Desperate Housewives«, vermutete er.
    »Ja?«, sagte sie.
    Sexton musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie war Anfang dreißig, hatte lange, feine rabenschwarze Haare und eine umwerfende Figur mit Titten, die der Schwerkraft zu sehr widerstanden, um echt zu sein. Bekleidet war sie mit einem Trainingsjäckchen aus rosa Samt, einem Jeansminirock und langen, schwarzen Fick-mich-Stiefeln. Dazu hatte sie genug Make-up auf ihr hartes Gesicht geklatscht, dass er überzeugt war, sie aus einem illegalen Pornofilmchen zu kennen, das er und die Jungs vor ein paar Jahren bei einer Razzia beschlagnahmt hatten.
    Er stellte den Fuß in die Tür.
    Glenda wurde von irgendetwas auf einem Nachbarbalkon abgelenkt und brüllte über seine Schulter hinweg: »Was gibt’s denn da zu glotzen, Scheiße noch mal?«
    »Er is ’n Bulle, Glenda«, schrie ein Kind von unten aus dem Hof herauf.
    »Erzähl mir was Neues«, schrie Glenda zurück. »Kommen Sie rein. Das kotzt mich an, wie die überall ihre Nase reinstecken müssen.«
    Sie führte ihn durch einen Flur mit Pseudomarmorfußboden, wobei der Aufdruck »sexy« auf der Rückseite ihres Rocks bei jedem Absatzklacken rauf- und runterschaukelte.
    Im Wohnzimmer war eine Wand herausgebrochen worden, um den Raum loftartiger zu machen. Es sah ziemlich unordentlich darin aus – überall lagen Kleider verstreut –, aber Sexton bemerkte die teure Ausstattung mit allen Schikanen: die Anlage von Bang & Olufsen, den gasbetriebenen Kamin in der Wandmitte mit den aufgehäuften Kieselsteinen ringsum, die neuen Fenster. Auf dem Papier war die Wohnung ein kleines Vermögen wert, aber in der Realität stempelte einen eine Adresse wie diese sofort zum Kriminellen ab.
    Glenda ließ sich in einem glänzenden roten Ledersessel nieder, zog die Reißverschlüsse ihrer Stiefel auf und schob ihre Zehen mit der perfekten French Manicure in ein Paar plüschige, vorn offene rosa Slipper. »Ihr seid doch nicht ganz dicht«, teilte sie ihm mit. »Wie soll ich denn eine verdammte Totenwache ohne Leiche organisieren? Das freche Stück im Leichenschauhaus hängt einfach auf, wenn ich da anrufe. Wieso gebt ihr Anto nicht frei?«
    »Überlassen Sie das mir, ich kümmere mich drum«, sagte er und gab Glenda seine Visitenkarte.
    Sie tat noch eine Weile empört, aber ihr Ton war nicht mehr so scharf. Sexton seufzte und machte es sich in seinem Sessel bequem. Er fing deutlich die Schwingungen der sexy Sirene auf, die sie bei all dem Geschimpfe aussandte. Sein Schlampen-Radar ließ sich selbst von altmodischen Klamotten, einem vornehmen Akzent und Hobbys wie Blumenarrangieren und Chorsingen nicht täuschen.
    »Ja, gestern Abend hätte nämlich seine verdammte Abschiedsparty steigen sollen«, maulte sie und beugte sich vor, um seine Karte entgegenzunehmen. Dabei gewährte sie ihm einen kurzen Blick auf ihren gut ausgestatteten Balkon. »Zweihundert Leute sind vorbeigekommen, und kein Anto. Ihr Scheißbullen seid doch alle gleich.«
    Inzwischen hatte Sexton ihren Akzent dem innerstädtischen Bezirk Dublin 1 zugeordnet, wo die Frauen sich dermaßen zu Hause fühlten, dass sie in Nachthemd und Hausschlappen einkaufen gingen und der arbeitenden Bevölkerung gern deutlich vorführten, wie viel Freizeit

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