Opferspiel: Thriller (German Edition)
aufgegeben habe.« Sie zog ein paar Sachen von den Bügeln. Am Montag hatte Dan dafür gesorgt, dass sie beim Fortbildungstraining durchfiel. Am Dienstag hatte er ihr mitgeteilt, dass er juristischen Rat wegen seines Vermögensanteils am Haus eingeholt hatte. Und am Mittwoch hatte er sie bei einer vollkommen unnötigen disziplinarischen An hörung gedemütigt und tatenlos dabeigestanden, als Jenny Friar über sie herfiel, und sie auch noch mitleidig angesehen. Mitleidig! Sie würde es ihm zeigen.
Sie ging in die Knie und zog ein Paar schwarze, hochhackige Pumps unter dem Bett hervor.
Dan schien zu spüren, dass es Zeit war, das Thema zu wechseln. »Kommt die Müllabfuhr immer noch donnerstags?«, fragte er.
»Mist!« Jo sprang auf und zog den Netzvorhang beiseite, um nachzusehen, ob die Tonnen der Nachbarn schon geleert waren.
»Ist erledigt.« Dan trat hinter sie und zeigte auf ihre Tonne, die zusammen mit den anderen draußen stand. Dann drehte er sie zu sich herum, damit sie ihn ansah.
»Was mache ich eigentlich falsch?« Er hatte seine Krawatte unter den Kragen gefädelt und schlang die ungleichen Enden ungeschickt über Kreuz.
»Gib her«, seufzte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und band den Knoten.
Dan sah sie zärtlich an. »Wie bist du gestern mit diesem Verdächtigen weitergekommen?«
»Lange Geschichte. Er ist ein Dealer und ein Shinner, und er hat sein Geständnis in einem Saal voller Zeugen zurückgezogen.«
Er legte ihr eine Hand an die Wange. »Ich weiß, du denkst, dass ich zu hart zu dir bin. Aber ich muss mich einfach an die Vorschriften halten. Sie sehen mir genau auf die Finger, wenn es um dich geht.«
»Verstehe«, sagte sie, rückte die Krawatte gerade und glättete das Hemd um seine Schultern. »Zumal eine Beförderung für dich ansteht.«
Dan rückte von ihr ab und verschränkte die Arme. »Das hat nichts damit zu tun, das weißt du genau. Und fürs Pro tokoll: Ich bin sicher, wenn jemand den Mörder fassen kann, dann bist du es.«
Jo zog die Augenbrauen hoch. »Gut, also lass mich machen, Dan. Hör auf, mir Steine in den Weg zu legen!«
»Ich hatte vergessen, wie hartnäckig du sein kannst, wenn du etwas willst«, sagte er und wandte sich ab.
»Was soll das jetzt wieder heißen?«
»Das soll heißen, wenn du dich im Privatleben nur halb so viel anstrengen würdest, wäre unsere Ehe vielleicht noch intakt.«
»Ich muss weg.« Jo nahm ihr Kleiderbündel und drängte sich an ihm vorbei ins Bad. »Aber wenn ich Zeit für eine Auseinandersetzung hätte, würde ich dir entgegenhalten, dass du es bist, der eine Affäre hatte und der mit jemand anderem zusammenlebt!«
Sie knallte die Tür hinter sich zu und riss sie dann noch einmal auf. »Deshalb stellst du dich so quer, stimm t ’ s? Du erträgst es nicht, dass ich ohne dich zurechtkomme. Nur beruflich kannst du mir noch was anhaben, also tust du alles, damit ich das nicht vergesse. Tja, das machst du gut.«
Die Tür flog wieder zu.
Jo stellte den stärksten Massagestrahl der Dusche ein, ehe sie sich unter das dampfende Wasser stellte. Das Rauschen war so laut, dass sie nicht hörte, wie die Badezimmertür aufging. Als das Wasser sie am Auge traf, drehte sie sich hastig weg und sah Dan dort stehen. Sie griff nach dem Duschvorhang und hielt ihn schützend wie ein Handtuch vor ihren nackten Körper. »Was soll das?«
»Ich vermisse meine Frau«, sagte er ungerührt.
Jo wickelte sich in ein richtiges Handtuch und rubbelte ihre tropfnassen Haare trocken. Barfuß ging sie zurück ins Schlafzimmer.
Dan folgte ihr und sah ihr von der Bettkante aus zu.
»Eine Frage«, sagte Jo ruhig.
Er senkte den Kopf.
»Damals, als du mich während der Ermittlungen zu dem Kindesmord im Phoenix Park im Stich gelassen hast …?«
Er runzelte die Stirn. »Nicht das schon wieder.«
»Wo bist du da gewesen, Dan?«
»Das ist Jahre her, ich erinnere mich ni…«
»Schon gut, vergiss es«, sagte sie und machte den Fön an.
Als sie fertig angezogen und bereit zum Gehen war, erkannte sie an den geschlossenen Zimmertüren, dass Dan fort war. Sie hastete die Treppe hinunter und entdeckte die News auf dem Dielentisch. Nachdem sie die Alarmanlage eingeschaltet hatte, schloss sie die Haustür ab, setzte sich ins Auto und las den Artikel von Ryan Freeman mit dem Zwischentitel »Polizei jagt irren klerikalen Killer«.
Jo wurde immer niedergeschlagener. Die alte Mrs. Nulty beschwerte sich nicht nur darüber, dass Jo sie regelrecht überfallen hatte,
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