Opferspiel: Thriller (German Edition)
geht es hier?«
»Um einen Verbrecher namens Daithi Bhreathnach, der ein Beispiel dafür ist, dass die Beweislast sich zu sehr zugunsten des Angeklagten verlagert hat.«
»Wer?«
»David Walsh alias Daithi Bhreathnach. Das ist einer seiner Tricks. Er macht seine sämtlichen Rechte geltend und besteht darauf, sich alles ins Irische übersetzen zu lassen, als Verzögerungstaktik. Er ist so gut darin, das Rechtssystem zu unterlaufen, dass er jetzt eine juristische Beratungsstelle für Kriminelle aufgemacht hat und ihnen unter anderem beibringt, so oft wie möglich den Anwalt zu wechseln, Normenkontrollen zu beantragen, alles, was ihren Prozess verschleppt, denn wenn man ihn lange genug verschleppt, wird das Verfahren irgendwann eingestellt.«
Jo hörte, wie der Hörer die Hand wechselte, dann meldete sich Gerry. »Birmingham, ich dachte, Sie hätten genug damit zu tun, alte Damen einzuschüchtern.«
»Nebenklagerecht, Gerry. Sagen Sie dem Minister, er soll den Bericht bis heute Nachmittag lesen. Auch Opfer müssen Rechte vor Gericht haben.«
In der Einsatzzentrale wurde Sextons Vernehmung von Skinny über einen Fernseher abgespielt, der auf einer Stahlkonsole mit einem blinkenden DVD -Spieler und einem Videorekorder stand. Sexton lümmelte auf einem Stuhl und sagte gerade jemandem am anderen Ende der öffentlichen Hotline, er solle die Pressestelle anrufen. Mac und Merrigan sowie Frank Black und Dave Waters vom NBCI starrten auf den Bildschirm, während vier uniformierte Beamte den Papierkram durchsiebten und alles zusammentrugen, was von Interesse sein könnte.
Sexton empfing Jo mit einem Achselzucken, das wohl heißen sollte »Was war los?«, riss das oberste Blatt von seinem Block ab, knüllte es zusammen und warf es in hohem Bogen in Richtung Papierkorb. Es verfehlte ihn und landete in dem Haufen daneben auf dem Boden. Er bedeckte die Sprechmuschel mit der Hand. »Dachte mir, dass Sie das freuen würde«, sagte er und deutete mit dem Kopf auf Jenny Friar.
Friar beugte sich über Jos Schreibtisch und markierte Stellen in der gestrigen Evening News mit einem pinkfarbenen Leuchtstift. Sie trug einen beigen Leinenanzug, der sie etwas stämmig, aber fit wirken ließ. Als sie Jo kommen sah, stand sie auf und griff nach ihrem eimerartigen Starbucksbecher mit einer Grimasse, die hieß »Schön, dass Sie auch schon da sind«.
Foxy saß in der Mitte, direkt vor dem Apparat, und kämpfte sich durch einen Stapel der von Haus zu Haus verteilten Fragebögen auf der Suche nach etwas Nützlichem. Merrigan neben ihm hatte seinen Papierhaufen noch nicht angerührt und aß genüsslich schnaufend eine Orange, saugte an den Schnitzen, dass der Saft auf seine Krawatte tropfte.
Auf dem Bildschirm behauptete Skinny weiter, dass er Anto Crawley getötet hatte. Seine Arme hingen nach hinten über der Lehne des Plastikstuhls, seine Beine waren weit gespreizt, und er griff sich immer wieder mit Daumen und Zeigefinger an die Spitze seiner langen Nase.
Jo trat entschlossen zum Fernseher hin und machte ihn aus.
»He!«, protestierte Friar.
»Das ist Schwachsinn, alles Schwachsinn. Das hat er selbst zugegeben, als Sexton und ich ihn gestern damit konfrontiert haben«, sagte Jo. »Kommt, Jungs, wir haben viel zu tun.«
»Und Sie glauben ihm?«, fragte Friar.
Foxy und Sexton waren schon aufgesprungen, Merrigan tat es ihnen unwillig nach.
»Was ich glaube, ist unerheblich. Aber er lügt, so viel steht fest, und jetzt, da er sein Geständnis widerrufen hat, erreichen wir nie eine Verurteilung. Wenn Sie etwas Kon struktives zu dieser Untersuchung beitragen wollen, besorgen Sie mir Anto Crawleys NSU -Akte.«
Friar warf ihren Kollegen einen Blick zu.
Jo verstand ihr Widerstreben. Das Sammeln von Informationen mittels verdeckter Überwachung durch die Garda National Surveillance Unit, die Abteilung für Personenüberwachung der Kriminalpolizei, war Routine bei Verdächtigen, denen man schwere Verbrechen anlastete. Crawleys Akte würde sachdienliches Material von der Sorte enthalten, das vor Gericht nie verwendet werden konnte. Seine täglichen Gänge und Verrichtungen würden darin aufgeführt sein, mögliche Komplizen, Orte und Adressen, die er aufsuchte, Schwächen wie Glücksspiel oder eine Geliebte, alles Dinge, die einen möglichen neuen Hinweis ergeben konnten.
»Sie machen Witze, oder?«, sagte Friar.
»Wir haben vier Morde im Bezirk«, erwiderte Jo. »Daran muss ich Sie doch nicht erinnern?«
»Ich bin noch nicht bereit,
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