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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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aufheulte. Räder drehten auf dem sandigen Untergrund durch, und ehe Lena zur Seite springen konnte, hatte der Wagen sie erwischt. Die Wucht des Aufpralls schleuderte sie über den Asphalt, als der Wagen mit quietschenden Reifen zum Stillstand kam. Lena lag da wie gelähmt. Sekundenlang drehte sich alles um sie herum. Der Geruch von verbranntem Gummi stieg ihr in die Nase. Plötzlich flammte Scheinwerferlicht auf, und ihr Herz pochte wie wild gegen ihre Rippen, als sie hörte, dass sich die Wagentür öffnete und der Fahrer auf sie zukam. Der grelle Schein einer Taschenlampe traf sie im Gesicht.
    » Sie? Du liebe Zeit! Sind Sie verletzt?«
    Lena brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass die Stimme dem kauzigen Expolizisten mit dem vernarbten Gesicht gehörte, dessen Bekanntschaft sie neulich in der Kneipe gemacht hatte. Der rundliche Mann stand über sie gebeugt und griff sich stöhnend an den Kopf.
    »Ich … ich … bin mir nicht sicher«, ächzte Lena und schirmte ihre Augen mit der Hand gegen das grelle Licht ab. Es dauerte einen Augenblick, bis sich ihr Sichtfeld wieder klärte.
    »Können Sie aufstehen?«, fragte er mit einer Zigarette im Mund.
    »Zumindest kann ich es versuchen«, stöhnte sie und richtete sich langsam auf. Glücklicherweise schien nichts gebrochen zu sein, und sie war mit einem gehörigen Schreck davongekommen.
    »Kann man Sie denn keine Sekunde aus den Augen lassen, ohne dass Sie sich gleich in Gefahr begeben?«, brummte der Dicke und half ihr auf.
    »Na, hören Sie mal! Ich wäre fast draufgegangen! Was tun Sie hier überhaupt? Und wieso in Gottes Namen fahren Sie ohne Licht?« Wütend klopfte sie sich den Schmutz von der Jeans.
    Er lachte keuchend auf. »Wenn ich gewollt hätte, dass Roggendorf mich sieht, hätte ich mir ja gleich ein Blaulicht aufs Dach stellen können.«
    Lena blieb misstrauisch. »Woher kennen Sie Ferdinand Roggendorf?«
    Er vergrub die Hände in seinen Hosentaschen und trat seine Zigarette aus. »Das geht Sie nichts an.«
    Lena schnappte nach Luft. »Sie hätten mich um ein Haar überfahren, da habe ich wohl ein Recht darauf, zu erfahren, was hier vorgeht!«
    Sich räuspernd, blickte der Mann umher. »Ist nicht gerade die beste Gegend, um als Frau herumzulungern – stellt sich also eher die Frage, was Sie hier zu suchen haben.« Er kratzte sich am Kopf. »Kommen Sie, steigen Sie ein, ich fahre Sie.«
    Lena zögerte.
    »Was denn? Sehe ich vielleicht aus wie ein Massenmörder?«, fragte er scherzhaft, als er ihr Zögern bemerkt hatte.
    Na ja … Sie musterte ihn einen Moment.
    »Dann hätte ich Sie wohl einfach überfahren, oder nicht?« Er machte eine auffordernde Handbewegung. »Nun kommen Sie schon, ich habe weder Zeit noch Lust, hier länger rumzustehen!«
    Na schön. Lena gab sich einen Ruck und stieg in den grünen Peugeot.

33
    »Nun raus mit der Sprache – was wollten Sie hier?«, wiederholte der Dicke seine Frage, während er auf dem Hof wendete.
    »Ermittlungen …«, antwortete Lena knapp und gab die Frage zurück: »Und Sie?«
    Er fuhr auf die beleuchtete Gasse zu, durch die Lena Roggendorf gefolgt war. »Dasselbe, schätze ich.«
    Lena blieb skeptisch. »Ich dachte, Sie wären längst außer Dienst?«
    Er wandte sich ihr zu und schenkte ihr ein Lächeln. »Und sagten Sie nicht, man hätte Ihnen den Fall entzogen?«
    »Ist was Persönliches …« Sie lehnte sich mit verschränkten Armen im Sitz zurück und sog den kühlen Fahrtwind ein, der durch das offene Fenster strömte. »Und bei Ihnen?«
    »Dito«, brummte der Mann. Er lenkte den Wagen auf die Schnellstraße, nahm eine Schachtel Zigaretten aus dem Seitenfach und streckte sie Lena entgegen. »Rauchen Sie?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Danke, habe vor zwei Monaten aufgehört.«
    Er grinste und zündete sich eine an. »Was Sie nicht sagen, ich habe vor zwei Monaten wieder angefangen – nach sechzehn Jahren.«
    Lena sah ihn an, sagte aber nichts.
    »Ich bin übrigens Wulf Belling«, stellte er sich unerwartet vor.
    »Lena Peters«, sagte sie und nickte ihm lächelnd zu. Doch Belling richtete seinen Blick schon wieder geradeaus, gerade so, als hätte der Eisblock plötzlich Angst zu schmelzen.
    »Sie können mich an der nächsten S-Bahn-Station rauslassen«, meinte Lena nach einer Weile und sah weiter zum Fenster hinaus.
    »Sind Sie sicher? Wohin müssen Sie denn?«
    »Nach Moabit, zum Institut für Rechtsmedizin. Ich habe meinen Roller dort stehenlassen.«
    »Sicher, dass ich Sie nicht hinfahren

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