Opfertod
benutzen?«
»Sicher.«
Lukas stand auf und verließ den Raum. Lena folgte ihm mit den Augen.
»O Mann, sogar in deinem Badezimmer hängen diese abartigen Fotos«, meinte er entsetzt, als er zurückkam. »Kannst du bei so vielen Toten um dich herum überhaupt noch ruhig schlafen?«, fragte er, während er sich weiter im Wohnzimmer umsah.
»Ich sehe darauf keine Toten, sondern lediglich die Aussage, die ein Täter mit seiner Tat vermitteln will.«
»Aha. Na ja, trotzdem … Ich meine, o Mann, überall, wo man in dieser Bude hinschaut, sieht man nur Verbrechen und Tod und Blut.«
Sie sah ihn an und dachte über seine Worte nach. Er hatte recht. Und wenn sie nicht aufpasste, würde sie langsam, aber sicher ebenso ein Fanatiker wie Wulf Belling werden.
»Ist das deine Tochter?«, fragte er, nachdem er mit einer beiläufigen Handbewegung ein gerahmtes Foto aus einer Umzugskiste genommen hatte, die sie beim Auspacken offen gelassen hatte.
»Nein, nein«, sagte Lena und lächelte. Sie stand auf und ging mit der Bierflasche in der Hand zu ihm hinüber. »Fabienne ist meine entzückende kleine Nichte«, erzählte sie und nahm ihm das Bild aus der Hand.
»Die sieht dir aber verdammt ähnlich.«
»Was daran liegen mag, dass meine Schwester und ich eineiige Zwillinge sind«, gab sie mit einem gezwungenen Lächeln zur Antwort.
»Du hast ’ne Zwillingsschwester? Ist ja abgefahren … Wohnt die auch in Berlin?«
Lena schüttelte den Kopf. »Wir haben so gut wie keinen Kontakt mehr.« Sie legte das Foto rasch zurück in die Kiste.
»Ach was? Wieso das denn?«
»Glaub mir, es ist besser so.« Doch tief in ihrem Innern spürte Lena, wie ihr der Verlust von Tamara noch immer zusetzte, auch wenn sie dieses Gefühl keinesfalls zulassen wollte.
Anstatt sich wieder zu setzen, warf Lukas einen Blick auf den Monitor ihres Laptops, der immer noch aufgeklappt auf dem Esstisch stand. Lena folgte ihm. »Hör mal, ich habe noch viel zu tun und …« – »Wow, was haben wir denn hier?« Mit einem beherzten Klatscher schlug Lukas die Hände zusammen. »Sieht ganz so aus, als hätten die dir den Zugriff zu deinem Account gesperrt.«
Lena zog die Brauen hoch und klappte den Laptop zu. »Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht.«
Lukas starrte sie an. Plötzlich breitete sich ein schelmisches Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Ich könnte deinen Zugang zumindest temporär wieder aktivieren …« Er rieb sich die Hände. »Darf ich mal?« Ohne Lenas Reaktion abzuwarten, klappte er den Laptop wieder auf und ließ seine Finger in Lichtgeschwindigkeit über die Tastatur fliegen. »Hey, was hast du vor?«
»Ich mache bloß einen kleinen Workaround, um mir die Administratorrechte zu besorgen«, erklärte er ganz nonchalant und schlug in die Tasten. Augenblicke später schnippte er mit den Fingern. »Et voilà! Ich nehme an, das ist die E-Mail, die du lesen wolltest?«
Verblüfft starrte Lena ihm über die Schulter. »Gar nicht so übel. Wie hast du das gemacht?«
»Ich kenne mich aus mit Computern – und das war eine meiner leichtesten Übungen.« Er trat beiseite und überließ Lena den Laptop. »Tja, dann verzieh ich mich jetzt wohl besser – falls du wieder einmal meine Hilfe brauchst, weißt du ja, wo du mich findest.«
Ihre Miene hellte sich auf. »Ja, äh … danke«, sagte sie, noch immer perplex, und schenkte ihm ein dankbares Lächeln.
»Mach dir keine Mühe, ich finde schon raus.« Während Lena mit den Augen bereits gebannt die ersten Zeilen der E-Mail überflog, wandte sich Lukas auf der Türschwelle noch einmal um. Lena sah mit gerunzelter Stirn auf. Etwas an der Art, wie er sie aus seinen stechend blauen Augen ansah, irritierte Lena.
»Beim nächsten Mal kostet dich das aber mehr als ein hübsches Lächeln …«, sagte er mit einem neckischen Grinsen.
Noch bevor Lena etwas antworten konnte, war Lukas bereits aus der Tür. Ganz schön frech, dieser Lukas , dachte sie, ehe sie ihren Blick voller Ungeduld wieder auf den Monitor heftete.
»… auf Anraten seines Vaters hat Ferdinand Roggendorf inzwischen zugegeben, schwarze Messen in seiner Datsche abgehalten zu haben, bei denen gelegentlich auch Yvonne Nowak anwesend war.« Lena zog die Brauen zusammen. Also doch. »Dennoch beteuert er weiterhin, nicht mit der Mordserie in Zusammenhang zu stehen«, las sie weiter und rieb sich nachdenklich die Schläfen. Was, wenn Suzanna Wirt ebenfalls vor ihrem Tod in Roggendorfs Datsche gewesen war? Um das herausfinden,
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