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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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Augen, als sie aus der Seifenfabrik hinaus auf die Straße traten und sich verabschiedeten.
    »Ach, Peters …«, rief Belling ihr noch hinterher, als Lena auf ihre Vespa stieg.
    »Ja?«
    »Wenn da wieder dieser Kerl herumlungern sollte, Sie wissen schon, der vom letzten Mal – dann bestellen Sie schöne Grüße von mir, und sagen Sie ihm, ich kann’s kaum erwarten, ihn wieder zu treffen!«
    Schmunzelnd verdrehte Lena die Augen. »Das mach ich«, gab sie scherzhaft zurück, ehe sich ihre Wege trennten. Bellings Beschützerinstinkt in allen Ehren, aber sie konnte gut auf sich selbst aufpassen.

38
Währenddessen in Berlin-Mitte
    Carmen Martinez parkte ihren feuerroten Golf um Punkt halb neun vor dem kleinen Italiener in der Ackerstraße. Das La Trattoria lag zwischen einem Zigarrenladen und einem kleinen Hutgeschäft und war neben allerlei kulinarischen Spezialitäten für seine hervorragenden Weine bekannt. Die Chance, um diese Uhrzeit einen Parkplatz unmittelbar vor dem Eingang des Restaurants zu ergattern, war in dieser Gegend in etwa so hoch wie die, einen Sechser im Lotto zu haben, was Carmen als gutes Zeichen deutete. Sie spähte hinüber zum Restaurant und blieb noch eine Weile im Wagen sitzen. Keinesfalls wollte sie als Erste auftauchen. Obwohl sie den Mann kaum kannte, mit dem sie bereits seit zwei Minuten im Restaurant verabredet war, hatte sie zum ersten Mal, seit sie vor gut drei Monaten für ein Referendariat in der Anwaltskanzlei Seiberts & Partner von Dortmund nach Berlin gezogen war, dieses Kribbeln im Bauch. Carmen klappte die Sonnenblende herunter und überprüfte im Spiegel den Sitz ihrer Frisur. Sie hatte ihr kastanienfarbenes Haar hochgesteckt. Ihre Augen hatte sie mit einem dunklen Lidschatten betont. Dazu trug sie ein pastellfarbenes kurzes Kleid, das sie eigens für diesen Anlass gekauft hatte. Eigentlich war es zu teuer gewesen, aber nachdem der Verkäufer sie davon überzeugt hatte, dass das Kleid nach Größe achtunddreißig aussah, obwohl es Konfektionsgröße vierundvierzig war, musste sie es einfach haben. Carmen hasste ihre Pfunde, doch sie aß für ihr Leben gern. Und außerdem, so sagte sie sich, war es Martin Jung gewesen, der sie angesprochen hatte, und nicht andersherum. Dabei war ihre erste Begegnung vergangene Woche alles andere als glücklich verlaufen. Sie hatte ungeduldig bei City Coffee in der Schlange gestanden und sich gerade für einen Latte macchiato und ein großes Stück Schokotorte mit Schlagsahne entschieden, als ein Tisch am Fenster frei geworden war. Rasch hatte sie dem Kassierer das Geld in die Hand gedrückt, ihr Tablett entgegengenommen. Sie war geradewegs auf den Fensterplatz zugesteuert, als sie in der Eile mit einem Mann zusammengestoßen war. Die Schokotorte war ihr vom Tablett gerutscht und auf ihrer zitronengelben Seidenbluse gelandet, während der Latte macchiato quer über den ganzen Boden gespritzt war. Es war eine Riesensauerei gewesen. Carmen war vor aller Augen krebsrot geworden und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Obwohl sie überzeugt gewesen war, dass der Zusammenstoß ganz allein ihrer Schusseligkeit zuzuschreiben war, hatte der attraktive Fremde nichts unversucht gelassen, für die Reinigung ihrer Bluse aufzukommen. Zudem hatte er darauf bestanden, ihr einen neuen Latte macchiato und ein Stück Torte zu spendieren. Carmen hatte sich nicht lange bitten lassen. Und als sie sich neulich Nachmittag durch Zufall am Hackeschen Markt, unweit der Kanzlei, über den Weg gelaufen waren, hatte sie kaum glauben können, dass er sich tatsächlich noch an sie erinnerte. Ob die Schokoladenflecken auf ihrer Seidenbluse rausgegangen seien, hatte er sie gefragt. Carmen, die nicht im Traum daran gedacht hätte, den Mann, der sich ihr später als Martin Jung vorstellen sollte, jemals wiederzusehen, hatte ihn nur mit glänzenden Augen angelächelt und genickt. In Wahrheit hatte sie die Bluse weggeworfen. Sie fand immer schon, dass sie darin rundlicher wirkte, als sie ohnehin schon war. Carmen hatte es anfangs für einen schlechten Scherz gehalten, als der Fremde sie abermals zu einem Kaffee einladen wollte. Doch seine Miene hatte das Gegenteil verraten. Sie hätte nichts lieber getan, als seine Einladung anzunehmen, aber dummerweise hatte sie ihre Mittagspause bereits überzogen und es sich beim besten Willen nicht leisten können, ihren neuen Chef in der Kanzlei zu verärgern. Somit hatte sie Martin Jung notgedrungen einen Korb geben müssen. Doch das

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